Leitsatz
1. Der Bewertung eines bebauten Grundstücks für Zwecke der Erbschaftsteuer ist nach der bis 2006 geltenden Rechtslage regelmäßig auch dann die im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielte Miete zugrunde zu legen, wenn diese niedriger als die übliche Miete war und die Vermietung zwischen verbundenen Unternehmen erfolgte.
2. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes gem. § 146 Abs. 7 BewG a.F. kann nur durch ein Gutachten erbracht werden, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat.
Normenkette
§ 146 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 BewG a.F., § 42 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Familienstiftung, deren Vermögen zum 30.9.2003 der Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) unterlag. Zu dem Vermögen gehörten insbesondere Beteiligungen (jeweils von 74,25 %) an einer Unternehmensgruppe, deren im Inland steuerpflichtiger Teil am Bewertungsstichtag im Wesentlichen aus operativen Regionalgesellschaften sowie aus Grundstücksgesellschaften bestand. Das im Streitfall zu bewertende Grundstück wurde 1997 mit einem Einkaufsmarkt bebaut und nach Fertigstellung an eine Regionalgesellschaft der Unternehmensgruppe vermietet.
Die zunächst vereinbarte Miete i.H.v. 6 % der Gesamtinvestition wurde mit Wirkung zum 1.1.1999 auf 18.000 DM (Jahresmiete 216.000 DM; entspricht ca. 4,5 % der Investitionskosten) herabgesetzt. Die Klägerin gab diese Nettokaltmiete in ihrer Erklärung über die Feststellung des Grundbesitzwerts an und machte unter Vorlage des Gutachtens einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen niedrigeren gemeinen Wert geltend. Dem folgte das FA nicht. Es stellte den Grundbesitzwert auf den Besteuerungsstichtag 30.9.2003 für Zwecke der Erbschaftsteuer, ausgehend von einer üblichen Jahresmiete in Höhe von 7,5 % der Investitionskosten, in Höhe von 2.228.000 EUR fest.
Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG setzte den Grundbesitzwert auf 1.782.500 EUR mit der Begründung herab, dass der Ermittlung des Grundbesitzwerts wegen Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) nicht der vereinbarte, sondern gem. § 146 Abs. 2 BewG a.F. der übliche Mietzins von 6 % der Investitionssumme anzusetzen sei. Das vorgelegte Verkehrswertgutachten sei nicht geeignet, den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zu erbringen (FG Nürnberg, Urteil vom 6.10.2011, 4 K 816/2009).
Entscheidung
Die Revision hatte teilweise Erfolg. Der BFH hat einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) aus den genannten Gründen verneint. Gefolgt ist der BFH jedoch dem FG darin, dass hier den Anforderungen an ein zum Nachweis eines geringeren gemeinen Werts erforderliches Verkehrswertgutachten nicht genügt sei.
Hinweis
Für die erbschaftsteuerliche Bewertung bebauter Grundstücke war bis zum 31.12.2006 die Regelung des § 146 BewG a.F. anzuwenden. Der Wert eines bebauten Grundstücks betrug danach das 12,5-Fache der im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielten Jahresmiete. Jahresmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter für die Nutzung der bebauten Grundstücke aufgrund vertraglicher Vereinbarung für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen haben.
1. Die zentrale Frage des Streitfalls war, ob auch eine im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielte Miete, die unterhalb der üblichen Miete liegt, als Bewertungsmaßstab maßgebend ist. Angesichts der Fassung des § 146 Abs. 2 BewG a.F. liegt es auf der Hand, dass die im Mietverhältnis eröffneten vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten – insbesondere bei Mietverträgen zwischen verbundenen Unternehmen – zu einer gezielten Niedrigbewertung genutzt werden können.
Damit rückt die Frage in den Vordergrund, ob in der Vereinbarung eines unter der üblichen Miete liegenden Mietzinses ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) liegen kann. Dies hat der BFH verneint. § 146 Abs. 2 BewG a.F. kann kein Angemessenheitsmaßstab entnommen werden, der der Prüfung nach § 42 AO zugrunde gelegt werden könnte. Die Vereinbarung einer die übliche Miete unterschreitenden vereinbarten Miete widerspricht auch nicht den Wertungen des Gesetzgebers und stellt sich damit im Ergebnis als eine vom Gesetzgeber zugelassene Gestaltungsmöglichkeit dar.
2. Im Streitfall stellte sich die weitere Frage, ob ein – noch – niedrigerer Grundstückswert durch Sachverständigengutachten (§ 146 Abs. 7 BewG a.F.) nachgewiesen war. Der BFH hat bereits in zahlreichen Entscheidungen die formellen und materiellen Anforderungen an den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts festgelegt. Für den Streitfall hat der BFH seine bisherige Rechtsprechungslinie bestätigt.
Die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert trägt der Steuerpflichtige. Inhaltlich unterliegt das Gutachten der freien Beweiswürdigung des Finanzamts und ggf. der Gerichte. Insbesondere muss ein zum Nachweis vorgelegtes S...