(1) Nach § 11 Nr. 4 StAnpG werden Wirtschaftsgüter, die jemand im Eigenbesitz hat, d. h. als ihm gehörig besitzt, ihm als wirtschaftliches Eigentum zugerechnet. Der Besitzer eines Wirtschaftsgutes besitzt es als ihm gehörig, wenn er mit ihm wie ein Eigentümer schaltet und waltet. Die Herrschaft über das Wirtschaftsgut muß nach außen erkennbar geworden sein. Eigenbesitz kann nicht rückwirkend erworben werden.
(2) Bei Verträgen über die Veräußerung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft muß geprüft werden, ob der Veräußerer zunächst noch wirtschaftlicher Eigentümer bleibt, z. B. bei Vereinbarung eines qualifizierten Nießbrauchrechts, oder ob der Erwerber schon vor dem bürgerlich-rechtlichen Übergang des Eigentums wirtschaftlicher Eigentümer geworden ist, z. B. bei Übernahme der Nutzungen und Lasten vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an.
(3) Das Recht auf die Nutzung an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (z. B. Pachtung oder Nießbrauch) verschafft dem Nutzungsberechtigten für sich allein noch nicht die Stellung eines Eigenbesitzers (BFH vom 9. Juli 1954, BStBl S. 250, und vom 27. April 1956, BStBl S. 203). Das gilt insbesondere, wenn eine als Überlassungsvertrag bezeichnete Vereinbarung wirtschaftlich ein Pachtvertrag ist. Kommen jedoch besondere Umstände hinzu, so kann der Nutzungsberechtigte Eigenbesitzer und damit wirtschaftlicher Eigentümer sein. Das ist dann der Fall, wenn der Pacht- oder Nießbrauchvertrag ihm eine Sachherrschaft gibt, die der eines Eigentümers entspricht. Behalten bei Übertragung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft an ein Kind die Eltern den Nießbrauch und bestimmen sie weiterhin über den Betrieb, so bleiben sie als Eigenbesitzer wirtschaftlicher Eigentümer (RFH vom 18. Mai 1933, RStBl S. 661, und RFH vom 27. April 1932, RStBl S. 662). Anhaltspunkte für die Entscheidung der Frage, wer als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, können sich daraus ergeben, wer die Geschäfte des Betriebs führt, Lieferungsverträge abschließt, Personal einstellt, über die Geldkonten verfügt, die Mitgliedschaft zu den Molkereigenossenschaften besitzt und dergleichen. Entscheidend ist das Gesamtbild. Die Absicht der Vertragsparteien, den Pachtvertrag zu einem späteren Zeitpunkt durch einen Kaufvertrag zu ersetzen, begründet allein noch kein wirtschaftliches Eigentum des Pächters. Ebensowenig reicht hierzu ein vertragliches Vorkaufsrecht in Verbindung mit der Eintragung einer Vormerkung aus (BFH vom 23. Mai 1952, BStBl S. 190).
(4) Eine Siedlerstelle kann unter Umständen schon vor der rechtsförmlichen Übertragung des Eigentums dem Siedler als wirtschaftliches Eigentum nach § 11 Nr. 4 StAnpG zugerechnet werden (RFH vom 31. März 1942, RStBl S. 500). Vor Abschluß des Siedlervertrages kann jedoch wirtschaftliches Eigentum des Siedlers nicht angenommen werden (BFH vom 3. Juli 1959, BStBl S. 344).
(5) Bei der Verpachtung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, bei der das lebende und tote Inventar dem Pächter nicht verkauft, sondern zum Schätzungswert übergeben wird, ist der Pächter nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Inventars (BFH vom 7. März 1957, BStBl S. 392).