Leitsatz
§ 3 UmwStG 1995 gewährt der übertragenden Körperschaft neben einem Bewertungswahlrecht auch das Recht, in ihrer Schlussbilanz selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter anzusetzen (entgegen BMF, Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 03.03. und 03.07.).
Normenkette
§§ 3, 4, 14 Satz 1 UmwStG 1995
Sachverhalt
Eine GmbH wurde zum 1.7.2004 im Wege des Formwechsels in eine KG umgewandelt. In ihrer steuerlichen Schlussbilanz aktivierte die GmbH einen selbst geschaffenen Firmenwert. Die dadurch eintretende Gewinnerhöhung wirkte sich wegen entsprechender Verlustvorträge auf die KSt der GmbH nicht aus. Das FA beanstandete die Aktivierungen unter Hinweis auf das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG. Dagegen erhob die KG als Rechtsnachfolgerin der GmbH erfolglos Klage, weil der BFH der Auffassung war, die GmbH sei durch die Streichung der Zuschreibungen nicht beschwert (BFH, Urteil vom 19.12.2012, I R 5/12, BFH/NV 2013, 743).
Die KG aktivierte den Firmenwert in ihrer Eröffnungsbilanz und nahm darauf Abschreibungen vor. Diese erkannte das FA ebenfalls nicht an, sodass die KG ihrerseits Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2004 bis 2006 erhob. Diese Klage hatte vor dem FG Erfolg (FG Münster, Urteil vom 17.11.2014, 5 K 2396/13 G,F, Haufe-Index 7745661, EFG 2015, 1079).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil.
Hinweis
1. Das Urteil hat nur in Bezug auf seine verfahrensrechtliche Seite für die aktuelle Rechtslage Bedeutung (nachstehend unter 2.). Die materielle Streitfrage nach der Auslegung des § 3 UmwStG 1995 ist durch die jetzige Fassung des § 3 UmwStG 2006überholt (dazu unter 3.).
2. Klägerin in dem Verfahren war eine KG, die aus der Umwandlung einer GmbH hervorgegangen war. Die GmbH hatte zur Nutzung von Verlustvorträgen in ihrer Schlussbilanz selbst geschaffene immaterielle Anlagegüter unter Hinweis auf § 3 UmwStG aktiviert. Die KG hatte diese Ansätze in der Eröffnungsbilanz übernommen und anschließend Abschreibungen darauf vorgenommen. Das FA hatte die Zuschreibungen der GmbH für unzulässig gehalten, sodass auch die Abschreibungen der KG unzulässig sein mussten.
Mit BFH-Urteil vom 19.12.2012, I R 5/12 (BFH/NV 2013, 743) hatte der BFH eine Klage der GmbH mangels Beschwer für unzulässig gehalten, weil sich aus der Streichung der Zuschreibung ein noch niedrigerer Gewinn und eine unveränderte KSt von 0 EUR ergaben. Das hiesige Urteil gewährt nun wenigstens der KG die Befugnis, gegen den Gewinnfeststellungsbescheid zu klagen, mit dem die Abschreibungen nicht anerkannt werden. An die Streichung des FA bei der GmbH kann die KG ungeachtet der materiellen Bindungswirkung an die Schlussbilanz der GmbH formell nicht gebunden sein, weil sonst kein Rechtsschutz gegen die Streichung möglich wäre.
3. Der Ansatz selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist nach heutigem § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG bei Umwandlungen von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft ausdrücklich zulässig. Die im Urteil anzuwendende frühere Fassung des § 3 UmwStG 1995 war in diesem Punkt nicht eindeutig, während die davor geltende Fassung des § 3 UmwStG 1977 einen solchen Ansatz ausdrücklich ausschloss. Mit der jetzigen Entscheidung legt der BFH der Fassung des § 3 UmwStG 1995 in diesem Punkt einen der heute unstreitig geltenden Rechtslage entsprechenden Inhalt bei: selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter dürfen in der Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert angesetzt werden; dieser Ansatz bindet dann für die Eröffnungsbilanz der Personengesellschaft.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.9.2015 – IV R 49/14