Rz. 4
Geschäfte zur Absicherung von Risiken aus Warenpreisen, Währungs- und Aktienkursen sowie Zinssätzen lassen sich klassifizieren nach dem Zeitpunkt, an dem das Geschäft ausgeführt wird. Wird es unmittelbar nach Bekanntwerden des Risikos getätigt, z. B. durch Kauf von Rohstoffen/Devisen/Aktien und Lagerung bis zum benötigten Zeitpunkt, Abschluss von Festzinsverträgen etc., erlischt das Risiko und damit die Notwendigkeit der Bildung von Bewertungseinheiten. Die bilanzielle Darstellung des Risikos und der Sicherungsgeschäfte wirft nur dann ein Problem auf, wenn der Abschluss des Sicherungsgeschäfts und die Erfüllung des Geschäfts zeitlich auseinander fallen, es sich also um ein Termingeschäft handelt.
2.1 Grundlagen von Derivaten
Rz. 5
Für den Abschluss von Termingeschäften kommen regelmäßig Derivate (derivative Finanzierungsinstrumente) zum Einsatz. Sie selbst besitzen keinen eigenständigen Wert, sondern dieser leitet sich aus der Wertentwicklung eines zugrunde liegenden Vermögensgegenstandes oder einer sonstigen Variablen (Basiswert) ab.IAS 39.9 bzw. fast wortgleich IFRS 9.A als Benchmark auch für die Bilanzierung nach HGB definieren diese wie folgt:
Rz. 6
Ein Derivat ist ein Finanzinstrument oder ein anderer Vertrag, der alle 3 nachstehenden Merkmale aufweist:
- Seine Wertentwicklung ist an einen bestimmten Zinssatz, den Preis eines Finanzinstruments, einen Rohstoffpreis, einen Wechselkurs, einen Preis- oder Zinsindex, ein Bonitätsrating oder einen Kreditindex oder eine ähnliche Variable gekoppelt, sofern bei einer nicht finanziellen Variablen diese nicht spezifisch für eine der Vertragsparteien ist (auch "Basis" genannt).
- Es erfordert keine Anfangsauszahlung oder eine, die im Vergleich zu anderen Vertragsformen, die in ähnlicher Weise auf Änderungen der Marktbedingungen reagieren, geringer ist.
- Es wird zu einem späteren Zeitpunkt beglichen.
Als Sicherungsinstrumente i. S. d. § 254 HGB qualifizieren sich ebenfalls nur originäre oder derivative Finanzinstrumente. Ausgeschlossen sind erhaltene und geleistete Anzahlungen, da sie nicht auf den Ab- bzw. Zufluss liquider Mittel gerichtet sind.
Ein derivatives Finanzinstrument definiert der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung des BilMoG als
- „schwebendes Vertragsverhältnis,
- dessen Wert auf Änderungen des Werts eines Basisobjekts – bspw. eines Zinssatzes, Wechselkurses, Rohstoffpreises, Preis- oder Zinsindexes, der Bonität, eines Kreditindexes oder einer anderen Variablen – reagiert,
- bei dem Anschaffungskosten nicht oder nur in sehr geringem Umfang anfallen und
- das erst in der Zukunft erfüllt wird.”
Dagegen gelten als originäre Finanzinstrumente Forderungen, Verbindlichkeiten, Bankguthaben und Wertpapiere.
2.2 Forwards und Futures
Rz. 7
Eine Absicherung in beide Richtungen, also gegen fallende und steigende Preise, bieten Forwards und Futures. Hier vereinbaren die Vertragsparteien, zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft eine bestimmte Menge des Basiswertes zu einem vorher festgelegten Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen. Für diese Kontrakte herrscht Ausführungspflicht (unbedingtes Termingeschäft), sodass beide Vertragsparteien bereits bei Vertragsabschluss voraussagen können, welchen Preis sie für den Basiswert erzielen können bzw. zahlen müssen.
Rz. 8
Forwards werden individuell auf die Bedürfnisse der Vertragsparteien zugeschnitten. Eine konkrete Lieferung des Basiswertes ist regelmäßig gewünscht, sodass Forwards in Fällen zum Einsatz kommen, wenn mehr als eine rein finanzwirtschaftliche Absicherung von Risiken erwünscht ist und die Absicherung (Festlegung eines Preises) mit dem Grundgeschäft (Kauf/Verkauf des Basiswertes) gekoppelt werden soll. Die Schwierigkeit in der Nutzung von Forwards liegt somit in der Suche nach einem Vertragspartner, der den angebotenen bzw. benötigten Basiswert in der jeweiligen Menge und zum gewünschten Preis liefern bzw. abnehmen will.
Rz. 9
Steht die rein finanzwirtschaftliche Absicherung des Risikos im Vordergrund, bietet sich der Future als Instrument an. Im Gegensatz zu Forwards ist jedoch keine individuelle Anpassung an die Bedürfnisse der Vertragsparteien möglich – Futures sind hinsichtlich Menge, Termin und Betrag standardisiert und so an der Börse handelbar. Da sie so auch als Spekulationsobjekt dienen können, ist eine konkrete Lieferung des Basiswertes i. d. R. nicht erwünscht. Stattdessen erfolgt ein finanzieller Ausgleich in bar, der sich als Unterschied zwischen dem Kassakurs des Basiswertes am Tag der Fälligkeit des Futures sowie dem im Future vereinbarten Kauf-/Verkaufspreis bemisst.
Rz. 10
Nutzt ein Unternehmen also einen Future als Sicherungsgeschäft z. B. für den Kauf von Rohstoffen, erhält es bei steigenden Rohstoffpreisen eine Zahlung in bar, muss bei fallenden Rohstoffpreisen jedoch ei...