Rz. 40
Bei einem Mikro-Hedge sichert ein einzelnes Sicherungsgeschäft ein konkretes Grundgeschäft ab. Diese Form von Bewertungseinheit wird in der Literatur als relativ unproblematisch bewertet und ist gängige Praxis, da bei einem einzelnen Grundgeschäft die wichtigen Merkmale und Risiken klar zu erfassen sind und es auf den ersten Blick keine Überschneidungen mit anderen Grundgeschäften gibt.
Rz. 41
Ein Makro-Hedge liegt vor, wenn "die risikokompensierende Wirkung von ganzen Gruppen von Grundgeschäften zusammenfassend betrachtet werden". Die Sicherungsstrategie beruht also darauf, dass bei dieser Betrachtungsweise die Wechselwirkungen zwischen einer Vielzahl von Grundgeschäften berücksichtigt werden und nur die verbleibende offene Netto-Risikoposition abgesichert wird. Als Beispiel würde das Währungsrisiko einer Fremdwährungsforderung und einer Fremdwährungsverbindlichkeit zusammen betrachtet. Die Forderung und Verbindlichkeit in derselben Fremdwährung entspricht einer originären Absicherung. Die derivative Absicherung ist nur für die nicht abgesicherte Differenz nötig. Dieses Verfahren, dessen Zulässigkeit in der Vergangenheit durchaus umstritten war, unterliegt keinen besonderen Beschränkungen und ist somit definitiv gestattet.
Rz. 42
Die Begründung der Notwendigkeit dieses Verfahrens äußert sich in 2 zentralen Kostentreibern bei ausschließlicher Benutzung von Mikro-Hedges:
- Mikro-Hedges verursachen durch die nicht erfolgte Zusammenfassung sehr hohe Transaktionskosten.
- Die Nichtbeachtung der Wechselwirkungen der einzelnen Grundgeschäfte führt zu einer teureren Bruttoabsicherung; eine Nettoabsicherung wäre günstiger. Wird nun dennoch ein Sicherungsinstrument eingesetzt, so ergibt sich eine Überkompensation, die weder wirtschaftlich noch unter dem Gesichtspunkt der Risikosteuerung vorteilhaft ist.
Rz. 43
Dies legt aus ökonomischen Gründen die Bevorzugung der Strategie des Makro-Hedges nahe. Allerdings ist die Prüfung der Voraussetzungen aufwendiger. Um die Effektivität hier zu messen, sind zwar keine konkreten Verfahren vorgeschrieben, in der Rechnungslegung nach IFRS haben sich jedoch die Dollar-Offset-Methode, die Varianz-Reduktionsmethode und die Regressionsanalyse durchgesetzt. Etwaige Ineffektivitäten zu erfassen und mit ihnen umzugehen macht hier gerade bei dynamischer Entwicklung ein kompetentes Risikomanagement erforderlich. Dies gewinnt nach IFRS 9 und auch nach dem HGB zunehmend Bedeutung, da die bilanzielle Abbildung letztlich der sachlichen Ebene des Risikomanagements zu folgen hat.
Rz. 44
Das Risikomanagement außerhalb des Bankensektors vollzieht sich primär im Bereich des Mikro-Hedging, in dem die Absicherung gegen Schwankungen der Basiswerte durch entsprechende konkrete Sicherungsgeschäfte erreicht werden soll. Dies hat auch aus dem Blickwinkel der notwendigen – wenn auch lt. Gesetzesbegründung nicht explizit geforderten – Dokumentation große Vorteile. Dennoch sind – mit Blick auf den Prüfer – die Zuordnungen der Grund- und Sicherungsgeschäfte sinnvollerweise bei Bildung der Bewertungseinheit zu dokumentieren, wenn eine Bewertungseinheit mit dem Ziel geschlossen wird, auch eine entsprechende Abbildung im Jahresabschluss zu erreichen.
Rz. 44a
IDW RS HFA 35, Tz. 20 fordert bei Anwendung von Makro- oder Portfolio-Hedge, dass diese im Einklang mit dem praktizierten Risikomanagement stehen muss. Daher muss in diesen Fällen ein dokumentiertes, angemessenes und funktionsfähiges Risikomanagementsystem für die abzusichernden Risiken vorhanden sein. Die Funktionsfähigkeit kann daran festgestellt werden, ob der Bilanzierende die Risiken identifizieren, bewerten, steuern und überwachen kann, wobei Art und Umfang der zu einer/mehreren Sicherungsbeziehung(en) zusammengefassten Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente sowie der abzusichernden Risiken zu berücksichtigen sind. Wegen der unterschiedlichen Auslegung der Begriffe hat der Bilanzierende nach IDW RS HFA 35, Tz. 20 sein Begriffsverständnis in der internen Dokumentation festzulegen und sollte dieses Verständnis zudem im Anhang erläutern.