Prof. Dr. Sebastian Becker, Kerim Teker
Corona hat seine guten sowie schlechten Seiten. Zum einen wurde der Unternehmensalltag auf den Kopf gestellt, zum anderen aber auch Veränderungsprozesse beschleunigt. Gerade die Luftfahrtbranche war massiv betroffen. Welche Auswirkungen die Pandemie auf die Flughafen Zürich AG hatte und wie das Controlling in dieser Krisenzeit agierte hat, wird im Folgenden durch das Interview mit Adriano Scoca, Head Financial Planning and Analysis bei der Flughafen Zürich AG herausgearbeitet. Im Gespräch erklärt er, wie das Controlling den Planungsprozess revolutionierte und welche Herausforderungen das Controlling aktuell beschäftigt.
Adriano, kannst Du uns zu Beginn erläutern, wie das Controlling beim Flughafen Zürich vor der Corona Krise organisiert war?
Unser Selbstverständnis war schon immer, die finanzielle Transparenz für die Führung der Unternehmung zur Verfügung zu stellen. Wir sehen uns in erster Linie als Dienstleister für das Management. Organisatorisch haben wir ein Team, welches sich schwergewichtig um das Investitionscontrolling kümmert und ein Team, welches das Business Unit Controlling umfasst. Darunter verstehen wir das Business Partnering. Nebstdem verantworten wir ebenfalls die Planungsprozesse wie den Budgetprozess, die strategische Planung (Business Plan) wie auch die Betriebsbuchhaltung. Das machen wir alles mit ca. 12 Vollzeitstellen.
War Euer Controlling eher zentral organisiert?
Genau, wir kennen ein zentral organisiertes Controlling, welches sich aus unserer Sicht bewährt hat. Nebst der optimalen Ausnutzung von Synergien hat es auch den Vorteil, eine gewisse Unabhängigkeit zu bewahren. Das Controlling ist schlussendlich auch der "verlängerte Arm" des CFOs.
Inwiefern war das Geschäftsmodell von der Coronakrise betroffen? War der Plan für 2020 noch aktuell? Und wie habt Ihr in dieser Situation agiert? Würdet Ihr bei einer vergleichbaren Situation wieder so handeln?
Als Verkehrsdrehscheibe waren und sind wir nach wie vor von den Auswirkungen der Coronakrise stark betroffen. Der weltweite Flugverkehr war stark beeinträchtigt. Während des ersten Lockdowns in der Schweiz hatten wir praktisch keine Flugbewegungen mehr. Aufgrund des Lockdowns und Home-Office kam gleichzeitig auch die landseitige Verkehrsdrehscheibe mit seinen Geschäften und Dienstleistungen fast komplett zum Erliegen. Das Geschäftsmodell der Flughafen Zürich AG ist aber so weit diversifiziert, dass andere Geschäftsfelder wie Immobilien wenig bis gar nicht betroffen waren. So konnten zumindest ein Teil der Cashflows weiterhin generiert werden.
Die Planung war bereits im März 2020 nur noch Makulatur. Das Controlling war gefordert in einer viel höheren Periodizität Forecasts zu erstellen. Alle Abteilungen waren gefordert, Sparpotenziale zu eruieren. Es war ein Effort der Gesamtunternehmung. Wichtig scheint mir auch zu erwähnen, dass die Geschäftsleitung in der Krise Besonnenheit und Weitsicht gezeigt hat. Dies beispielsweise, indem die Strategie an und für sich sowie strategische Projekte nicht infrage gestellt wurden. Diese wurden jedoch wo sinnvoll geschoben und/oder reduziert.