Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe
Leitsatz (NV)
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung hat dann keine hinreichende Erfolgsaussicht, wenn der Antragsteller seine Nichtzulassungsbeschwerde wegen des Vertretungszwangs gem. § 62a FGO nicht wirksam erhoben hat, sofern er nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare unternimmt, um das in seiner Mittellosigkeit liegende Hindernis zu beheben. Hierfür reicht es nicht aus, dass der Antragsteller beim Prozessgericht am letzten Tag dieser Frist beantragt, ihm PKH-Formulare zu übersenden.
Normenkette
FGO §§ 46, 142; ZPO § 117 Abs. 2-4
Tatbestand
I. Gegen den Antragsteller ergingen für die Streitjahre 2000 bis 2004 Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide. Die Besteuerungsgrundlagen wurden hierbei geschätzt. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das Urteil des FG wurde dem Antragsteller am 14. November 2007 zugestellt.
Gegen dieses Urteil legte der nicht vertretene Antragsteller mit seinem am 20. Dezember 2007 beim FG eingegangen Schreiben vom 14. Dezember 2007 "Einspruch" ein. Zugleich beantragte er in diesem Schreiben, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Er verwies darauf, dass er nur eine monatliche Rente von … € beziehe. Ferner bat er um Zusendung "der Anträge". Dieses Schreiben wurde an den Bundesfinanzhof (BFH) weitergeleitet und ging dort am 31. Dezember 2007 ein.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag wird abgelehnt.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO). Die Erklärung ist auf amtlichem Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO).
2. Die im vorliegenden Fall beabsichtigte Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Dies folgt zwar noch nicht allein daraus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem BFH vertretungsbefugte Person oder Gesellschaft i.S. des § 62a FGO erhoben worden ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden.
b) Dies erfordert allerdings, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) alles Zumutbare unternimmt, um das --hier in seiner Mittellosigkeit liegende-- Hindernis zu beheben (BFH-Beschluss vom 11. Mai 2007 III S 37/06 (PKH), BFH/NV 2007, 1527). Er muss innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen (Senatsbeschluss vom 20. März 2006 X S 6/06 (PKH), BFH/NV 2006, 1141). Hierzu gehört jedenfalls, dass der Rechtsmittelführer innerhalb dieser Frist die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Rechtsmittelgericht einreicht. Einem Antragsteller ist es auch zumutbar, sich über dieses formale Erfordernis ggf. beim Prozessgericht zu erkundigen (Senatsbeschluss vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249).
Im Streitfall lief die Frist von einem Monat, innerhalb der die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einzulegen ist, am 14. Dezember 2007 ab. Der PKH-Antrag, dem keine Erklärung i.S. des § 117 Abs. 2 ZPO beigefügt war, ging erst am 31. Dezember 2007 und damit nach Ablauf der Frist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO beim BFH ein. Hierbei kann es der angerufene Senat offenlassen, ob die Fristversäumung, soweit sie auf der Einreichung des PKH-Antrags beim FG beruht, vom Antragsteller zu vertreten ist. Gleiches gilt für den Eingang des mit Schreiben vom 14. Dezember 2007 verfassten Antrags. Entscheidend ist allein, dass seinem Antrag keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt war. Auch konnte er nicht ernsthaft damit rechnen, dass ihm auf seinen am letzten Tag der Frist verfassten Antrag noch innerhalb der Frist --wie von ihm erbeten-- die hierzu erforderlichen Formulare zugesandt werden können. Dass ein Antragsteller von sich aus eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einreichen muss, war dem Antragsteller zudem auf Grund des ihm gegenüber ergangenen Senatsbeschlusses vom Januar 2007 bekannt. Auch wurde er in diesem Beschluss darauf hingewiesen, der bloße Hinweis des Antragstellers, er beziehe nur eine geringfügige Rente, sei nicht ausreichend.
3. Das Begehren des Antragstellers, Aussetzung der Vollziehung zu bewilligen, wertet der angerufene Senat nicht als eigenständiges Begehren, zumal ein solches Begehren deshalb keine Aussicht auf Erfolg hat, weil die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt worden ist und wie dargelegt auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung dieser Frist gewährt werden kann.
4. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 142 Rz 93, unter Hinweis auf § 1 Nr. 3 i.V.m. Anlage 1 Teil 6 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstellen
Haufe-Index 1957438 |
BFH/NV 2008, 813 |