Leitsatz (amtlich)
Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so findet über die Frage, ob das Obsiegen eines Beteiligten auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen können und sollen, keine Beweisaufnahme statt.
Normenkette
FGO §§ 138, 137
Gründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist zum Teil begründet. Das außergerichtliche Obsiegen der Steuerpflichtigen beruht teilweise auf Tatsachen, die die Steuerpflichtige früher hätte geltend machen können und sollen. Daher erscheint es gerechtfertigt, die Kosten des Verfahrens zum Nachteil der Steuerpflichtigen abweichend vom Verhältnis des tatsächlichen Obsiegens und Unterliegens zu verteilen (§§ 138, 137 FGO).
Über die Frage, ob die Steuerpflichtige mit dem Expose, das sie während der zweiten Betriebsprüfung vorgelegt hat, neue Tatsachen geltend gemacht hat, brauchte das FG keinen Beweis zu erheben. Der Senat hat in dem Beschluß I B 56/67 vom 21. Februar 1968 - BFH 91, 521 -, BSBl II 1968, 414) ausgeführt, die Nachprüfung einer Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache unterliege den besonderen Beschränkungen, die sich aus dem Vereinfachungszweck des § 138 Abs. 1 FGO ergäben. Das Gericht brauche weder schwierigen Rechtsfragen nachzugehen noch bei sachlichen Zweifeln weitere Beweise zu erheben. Das gilt auch, wenn einem Beteiligten die Kosten auferlegt werden sollen, weil sein Obsiegen auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen können und sollen (§§ 138, 137 FGO). Mit dem Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit, der in § 138 FGO zum Ausdruck kommt, wäre es nicht vereinbar, nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache das Verfahren hinsichtlich der Kostenfrage fortzusetzen und Beweise zu erheben.
Allerdings muß der Sachverhalt, an den § 137 FGO die Befugnis knüpft, die Kosten einem Beteiligten aufzuerlegen, festgestellt sein. Läßt sich diese Feststellung aus den Unterlagen treffen, die dem Gericht vorliegen, so steht einer Anwendung des § 137 FGO nichts im Wege (vgl. Urteil des BFH I R 12/69 vom 5. August 1970, BFH 100, 14, BStBl II 1970, 785). Kann dagegen die Feststellung ohne weitere Beweisaufnahme nicht getroffen werden, so hat im allgemeinen eine Belastung mit Kosten nach § 137 FGO zu unterbleiben. Der BFH-Beschluß VI B 47/67 vom 25. April 1968 (BFH 92, 469, BStBl II 1968, 608) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Der VI. Senat hat durch diesen Beschluß die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dieses Feststellungen darüber treffe, ob die Steuerpflichtige die erforderlichen Unterlagen verspätet beigebracht habe. Tatsächliche Feststellungen können auch ohne Beweisaufnahme getroffen werden. Der Beschluß des VI. Senats enthält daher nicht das Gebot, über die Frage des verspäteten Vorbringens notfalls eine Beweisaufnahme durchzuführen. Überdies hat der VI. Senat nur erklärt, es erscheine zweckmäßig, die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit der Steuerpflichtigen in diesem Punkt nicht eine Tatsacheninstanz genommen werde.
Fundstellen
Haufe-Index 422730 |
BStBl II 1971, 529 |