Leitsatz (amtlich)
1. Der Rechtsanwalt hat auch dann ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Erhöhung des festgesetzten Streitwertes, wenn er mit seinem Mandanten eine Vergütung in Höhe der Gebühren vereinbart hat, die sich aus einem wesentlich höheren Streitwert ergeben.
2. Wenn der Rechtsstreit das Ergebnis einer Steuerbevollmächtigtenprüfung zum Gegenstand hat, ist der Streitwert an einem der allgemeinen Bedeutung einer solchen Streitigkeit Rechnung tragenden Geldbetrag zu orientieren.
Normenkette
BRAGO § 3 Abs. 1, 3, § 9 Abs. 2 S. 1; FGO § 140 Abs. 3
Tatbestand
Der Prozeßbevollmächtigte und Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Seine Mandantin nahm nach zwei Mißerfolgen zum dritten Mal an der Steuerbevollmächtigtenprüfung teil und erhielt von der Beklagten und Beschwerdegegnerin (OFD) den Bescheid, sie habe die Prüfung nicht bestanden. Das FG hob diesen Bescheid durch Urteil vom 23. November 1973 auf und erlegte die Kosten des Verfahrens der OFD auf. Auf Antrag des Prozeßbevollmächtigten setzte das FG durch Beschluß vom 14. Dezember 1973 den Streitwert auf 3 000 DM fest.
Mit Schreiben vom 24. Dezember 1973 erklärte der Prozeßbevollmächtigte: Er erhebe gegen den Beschluß Beschwerde. Der festgesetzte Streitwert entspreche weder der Bedeutung der Sache für die Klägerin noch ihren Vermögensverhältnissen. Die Bedeutung der Sache für die Klägerin sei erheblich. Im Falle des Unterliegens hätte die Klägerin sich nicht noch einmal der Steuerbevollmächtigtenprüfung unterziehen können ....
Entscheidungsgründe
Der Beschluß vom 14. Dezember 1973, mit dem das FG den Streitwert auf 3 000 DM festgesetzt hat, beruht auf § 146 Abs. 1 Satz 2 FGO. Gegen ihn ist nach § 146 Abs. 3 FGO die Beschwerde gegeben, und zwar ohne Beschränkung auf die in § 128 Abs. 3 FGO bei Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen geltende Wertgrenze (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Dezember 1969 III B 30/69 BFHE 98, 125, BStBl II 1970, 324). Die Beschwerde steht gemäß § 128 Abs. 1 FGO den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen zu (BFH-Beschluß vom 18. November 1970 I B 29-31/70, BFHE 101, 23, BStBl II 1971, 154). Als Rechtsanwalt konnte der Prozeßbevollmächtigte dieses Rechtsmittel gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGebO aus eigenem Recht einlegen. Von dieser Möglichkeit hat er Gebrauch gemacht. Er hat durch sein Schreiben vom 24. Dezember 1973 den Willen bekundet, die Beschwerde im eigenen Namen und in eigener Sache einzulegen. Das geht besonders daraus hervor, daß er die gegenwärtigen Vermögensverhältnisse der Klägerin als günstig darstellt und die Angemessenheit der mit ihr getroffenen Gebührenvereinbarung aus dem Umfang und der Schwierigkeit seiner Tätigkeit rechtfertigt.
Der Prozeßbevollmächtigte hat entgegen der Auffassung der OFD ein schutzwürdiges rechtliches Interesse daran, daß der Streitwert auf einen weit höheren Betrag als 3 000 DM festgesetzt wird, da die Vergütung für seine Tätigkeit von der Höhe des festgesetzten Streitwertes abhängt (vgl. § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 BRAGebO). Dem steht nicht entgegen, daß der Prozeßbevollmächtigte mit der Klägerin eine Vergütung in Höhe der Gebühren vereinbart hat, die sich aus einem Streitwert von 40 000 DM ergeben. Eine solche Vereinbarung ist zwar nach § 3 Abs. 1 BRAGebO zulässig, hängt aber in bezug auf ihre Höhe von einem angemessenen Verhältnis zu der Vergütung ab, die sich ohne sie von Gesetzes wegen nach dem festgesetzten Streitwert ergibt. Nach § 3 Abs. 3 BRAGebO kann nämlich eine nach § 3 Abs. 1 BRAGebO vereinbarte Vergütung, die unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch ist, im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden. Der Prozeßbevollmächtigte hat demnach im vorliegenden Fall Anlaß zu der Besorgnis, daß die Gebührenvereinbarung wegen des erheblichen Unterschieds zwischen dem ihr zugrunde gelegten und dem festgesetzten Streitwert nach dieser Vorschrift herabgesetzt werden könnte. Die Möglichkeit, daß es wegen dieses Unterschieds zu einem Streit zwischen dem Prozeßbevollmächtigten und der Klägerin kommen könnte, genügt, um ein Rechtsschutzbedürfnis des Prozeßbevollmächtigten für seine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung zu bejahen (vgl. auch den BFH-Beschluß vom 8. August 1968 V B 29-32/68, BFHE 93, 266, BStBl II 1968, 778).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Das FG hatte den Streitwert nach § 140 Abs. 3 FGO unter Berücksichtigung der Sachanträge der Beteiligten nach freiem Ermessen zu bestimmen. Da der Rechtsstreit das Ergebnis der Steuerbevollmächtigtenprüfung zum Gegenstand hatte und dieser nichtvermögensrechtlicher Art war, mußte das FG bei der Ausübung des ihm durch § 140 Abs. 3 FGO eingeräumten Ermessens den Streitwert an einem der allgemeinen Bedeutung einer solchen Streitigkeit Rechnung tragenden Geldbetrag orientieren. Dieser Gedanke liegt auch § 14 GKG zugrunde und ist deshalb gemäß § 140 Abs. 1 FGO hier maßgebend. Demgemäß hat der erkennende Senat bisher in Verfahren, die die Zulassung zur Steuerberaterprüfung, deren Ergebnis oder die Befreiung von ihr zum Gegenstand hatten, den Streitwert regelmäßig auf 3 000 DM festgesetzt. In entsprechenden Streitsachen in bezug auf die Steuerbevollmächtigtenprüfung hat er wegen der geringeren Bedeutung dieser Angelegenheit einen Streitwert von 2 000 DM als im allgemeinen angemessen erachtet. Es mag dahinstehen, ob es geboten ist, künftig höhere Streitwerte festzusetzen, und zwar insbesondere in den Fällen, in denen es unmittelbar um die Zulassung zum steuerberatenden Beruf geht. Im vorliegenden Falle besteht indessen zu einer Erhöhung des vom FG festgesetzten Streitwerts kein Anlaß, weil sich das mit der Klage verfolgte rechtliche Interesse darauf beschränkte, das negative Ergebnis der dritten Steuerbevollmächtigtenprüfung der Klägerin zu beseitigen und dieser nur die Möglichkeit zu verschaffen, nochmals an einer solchen Prüfung teilzunehmen. Dieses Interesse ist mit dem vom FG im Rahmen seines Ermessens auf 3 000 DM festgesetzten Betrag nicht fehlerhaft bewertet.
Fundstellen
Haufe-Index 71124 |
BStBl II 1975, 846 |
BFHE 1976, 444 |