Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH-Antrag für Nichtigkeitsklage

 

Leitsatz (NV)

Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit und Begründetheit einer beabsichtigten Nichtigkeitsklage ist ein PKH-Antrag schon dann mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg als unbegründet abzulehnen, wenn - ungeachtet einer möglichen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung - in der Hauptsache eine Entscheidung desselben Inhalts wie die angefochtene zu erlassen wäre.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 1-3, § 590; GVG § 21g Abs. 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Eigentümer des Wohngrundstücks X. Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 25. März 1975 einen Art- und Wertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1974, durch den er das Grundstück als Zweifamilienhaus bewertete und den Einheitswert auf ... DM feststellte. Am 3. Juni 1976 erließ das FA auf der Grundlage dieses Einheitswertbescheides einen Grundsteuermeßbescheid - Hauptveranlagung auf den 1. Januar 1974 - durch den es den Grundsteuer-Meßbetrag auf ... DM festsetzte. Der Antragsteller legte hiergegen am 24. Februar 1986 sowie am 19. Februar 1988 Einspruch ein. Beide Einsprüche wurden vom FA als verspätet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten Klagen blieben ohne Erfolg. In dieser Sache für eine beabsichtigte Revision gestellte Anträge auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschlüsse vom 1. Juli 1987 und 1. September 1988 wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) lasse Rechsfehler nicht erkennen. Der Einspruch des Klägers gegen den Grundsteuermeßbescheid sei verspätet eingelegt worden.

Gegen den Senatsbeschluß vom 1. Juli 1987 hat der Kläger eine Gegenvorstellung erhoben. Diese wurde durch Beschluß vom 12. August 1987 als unstatthaft verworfen. Ferner hat der Antragsteller in den Verfahren betreffend seinen Einspruch vom 19. Februar 1988 beim BFH einen Antrag auf Bewilligung von PKH für eine beabsichtigte Beschwerde gegen einen Beschluß des FG wegen Nichtbewilligung von PKH für die Klage gegen den Grundsteuermeßbescheid vom 3. Juni 1976 gestellt. Dieser Antrag wurde durch Senatsbeschluß vom 1. September 1988 abgelehnt. Der Antragsteller habe das Streitverhältnis nicht unter Angabe der Beweismittel dargestellt.

Der Antragsteller hat noch ein weiteres Mal Einspruch gegen den Grundsteuermeßbescheid vom 3. Juni 1976 eingelegt. In diesem Fall hat das FA wiederum den Einspruch als unzulässig verworfen. Den für diese Sache gestellten Antrag auf PKH hat das FG und danach der BFH durch Beschluß vom 9. August 1989 wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Entscheidung des FG über die Ablehnung des PKH-Antrags sei nicht zu beanstanden. Denn die Klage gegen den Grundsteuermeßbescheid vom 3. Juni 1976 müßte als unbegründet abgewiesen werden, weil das FA den verspätet eingelegten Einspruch ohne Rechtsverstoß als unzulässig verworfen habe.

Der Antragsteller beabsichtigte ferner, wegen Nichtbewilligung von PKH durch das FG für Klagen betreffend Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1981 und auf den 1. Januar 1982 Beschwerde einzulegen, und beantragte, ihm hierfür PKH zu gewähren. Durch Beschlüsse vom 1. Juni 1988 wurden diese PKH-Anträge abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da nicht damit zu rechnen sei, daß ihm wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Insbesondere habe der Antragsteller nicht alles ihm Zumutbare getan, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beseitigen. Denn er habe seinem Antrag auf PKH keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen Formblatt beigefügt.

In dem vorliegenden Verfahren beantragt der Antragsteller PKH für eine beabsichtigte Nichtigkeitsklage gegen die oben genannten Senatsbeschlüsse vom 1. Juli 1987, vom 12. August 1987, vom 1. Juni 1988, vom 1. September 1988 und vom 9. August 1989. Er nimmt zur Begründung Bezug auf das beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Az.2 BvR 287/92 anhängige Verfahren und macht insoweit sinngemäß geltend, der II.Senat des BFH sei bei Erlaß der genannten Beschlüsse nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet und deshalb abzulehnen.

Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (§ 117 Abs. 1 ZPO). Ferner sind dem Antrag eine Erklärung der Partei auf amtlichem Vordruck über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2, 3 ZPO).

Dem Antragsteller kann für die beabsichtigten Wiederaufnahmeverfahren keine PKH gewährt werden, weil die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung (Nichtigkeitsklagen) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die beabsichtigte Nichtigkeitsklage wegen des Senatsbeschlusses vom 12. August 1987, mit dem eine Gegenvorstellung des Antragstellers als unstatthaft verworfen wurde, wäre unstatthaft. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens kann hier nicht stattfinden, weil es sich um einen Beschluß handelt, der keiner Rechtskraftwirkung unterliegt.

Im übrigen kann offenbleiben, wie die Zulässigkeit und Begründetheit der beabsichtigten Nichtigkeitsklage zu beurteilen sind, insbesondere welchen - verfassungsrechtlichen - Anforderungen die nach § 21g Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) aufzustellenden Mitwirkungsgrundsätze genügen müssen. Selbst wenn im vorliegenden Fall die Zulässigkeit der Klage und der behauptete Nichtigkeitsgrund zu bejahen sein sollten, bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung dennoch keine Aussicht auf Erfolg, weil der erkennende Senat in den genannten Beschlüssen die PKH-Anträge zu Recht abgelehnt hat.

Aus § 590 ZPO ergibt sich, daß alle drei Verfahrensabschnitte des Wiederaufnahmeverfahrens, nämlich die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit der Wiederaufnahmeklage sowie das Verfahren zur Hauptsache in einem einheitlichen Verfahren zusammengefaßt werden, sofern nicht das Gericht etwas anderes anordnet. Die nach § 114 ZPO für die Bewilligung von PKH maßgebende Erfolgsaussicht erstreckt sich auf alle drei Verfahrensabschnitte, also auch auf die Beurteilung der Hauptsache als Bestandteil des einheitlichen Verfahrens. Selbst wenn das Wiederaufnahmebegehren zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung - sei es durch Zwischenentscheidung oder Endentscheidung - führen würde, hätte es doch im Ergebnis keine Erfolgsaussicht i.S. des § 114 ZPO, wenn in der Hauptsache eine Entscheidung desselben Inhalts wie die angefochtene zu erlassen wäre (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 28. September 1993 III ZA 3/93, NJW 1993, 3140).

Hinsichtlich der Hauptsache in den angesprochenen Verfahren vermag aber der Senat zu keiner anderen Beurteilung als seiner früheren zu gelangen. Der Senat hat in allen einen PKH-Antrag ablehnenden Beschlüssen zu Recht die notwendigen Erfolgsaussichten verneint. Hinsichtlich des Grundsteuermeßbescheides konnten die beabsichtigten Rechtsmittel schon deshalb zu keinem Erfolg führen, da der Bescheid bestandskräftig geworden ist.

Hinsichtlich des Verfahrens betreffend Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens hat der Antragsteller es versäumt, innerhalb der Beschwerdefrist einen den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden PKH-Antrag zu stellen. Auch insoweit hat der Senat zutreffend die Erfolgsaussichten der wegen Fristversäumnis unzulässigen Beschwerde verneint.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419738

BFH/NV 1994, 821

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