Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung wegen fehlender Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot
Leitsatz (NV)
1. In-sich-Verträge zwischen einer GmbH und ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer sind seit dem 1. Januar 1981 nur wirksam, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer gem. § 181 BGB vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war (§ 35 Abs. 4 GmbHG).
2. Gehaltszahlungen an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund einer zivilrechtlich unwirksamen Vereinbarung sind verdeckte Gewinnausschüttungen. Die zivilrechtliche Wirksamkeit ist steuerrechtlich neben dem Erfordernis klarer und im voraus getroffener Vereinbarungen eine eigenständige Voraussetzung der Anerkennung.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; GmbHG § 35 Abs. 4; BGB § 181
Tatbestand
Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH erhielt im Jahre 1986 Gehaltszahlungen aufgrund einer im Jahre 1982 durch In-sich-Geschäft getroffenen Gehaltsvereinbarung. Der Geschäftsführer war zu jener Zeit nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Das FG behandelte die Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).Der BFH wies die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der GmbH als unbegründet zurück.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist frist- und - im wesentlichen - formgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet und war zurückzuweisen.
A) Divergenz:
Das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) weicht nicht von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Januar 1990 I R 157/86 (BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645), und vom 21. Juli 1982 I R 56/78 (BFHE 136, 386, BStBl II 1982, 761) ab.
a) Nach dem Urteil in BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645 kann eine Vereinbarung auch dann noch als klar angesehen werden, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, daß den Zahlungen der GmbH eine entgeltliche Vereinbarung zugrundeliegt. Auch die tatsächliche Durchführung könne einer mündlich geschlossenen Vereinbarung die erforderliche Klarheit geben. Im Urteil in BFHE 136, 386, BStBl II 1982, 761 wurde trotz monatlich nachträglich getroffener Preisvereinbarungen aus laufenden Zahlungen auf eine klare Vereinbarung geschlossen.
Das angefochtene Urteil des FG divergiert schon deshalb nicht von den zitierten Entscheidungen, weil das FG eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht mangels klarer und im voraus geschlossener Vereinbarungen angenommen hat, sondern wegen fehlender zivilrechtlicher Wirksamkeit der Vereinbarung. Diese Voraussetzung steuerlicher Anerkennung steht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1992 I R 89-98/91, BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141) unabhängig neben dem Erfordernis klarer und im voraus getroffener Vereinbarungen.
b) Im Urteil in BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645 wird eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung bejaht, wenn die Beteiligten eine Schriftformklausel mündlich aufgehoben haben.
Auch insoweit besteht keine Divergenz. Der Rechtssatz des BFH-Urteils entspricht der zivilrechtlichen Rechtsprechung, wonach Schriftformklauseln einvernehmlich auch mündlich aufgehoben werden können. Im Urteilsfall lag somit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine wirksame Vereinbarung vor. Im Streitfall hat hingegen das FG die zivilrechtliche Wirksamkeit verneint, da der Geschäftsführer vom Selbstkontrahierungsverbot nicht befreit war.
B) Grundsätzliche Bedeutung:
Die Klägerin hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig, daß Zahlungen aufgrund eines vor dem 1. Januar 1981 wirksamen In-sich-Geschäfts lediglich als Erfüllung einer Verpflichtung zu betrachten seien. Sie unterlägen deshalb den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage, insbesondere das Interesse der Allgemeinheit an einer Klärung ausreichend dargelegt hat (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Rechtssache kommt jedenfalls keine grundsätzliche Bedeutung zu, da die Frage im Streitfall nicht klärungsfähig ist (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Januar 1982 II B 38/81, BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326).
Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des FG beruhten die Gehaltszahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren auf dem Vertrag vom 30. Juni 1982. Zu dieser Zeit galt bereits § 35 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Vereinbarung hätte somit nur bei wirksamer Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zivilrechtlich wirksam sein können. Die Frage, ob Zahlungen aufgrund einer vor dem 1. Januar 1981 wirksamen Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt steuerlich anerkannt werden können, stellt sich im Streitfall nicht und kann dementsprechend auch nicht geklärt werden.
Aus dem BFH-Urteil in BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141 ergibt sich nichts anderes, da in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer bereits vor dem Jahre 1981 vom Selbstkontrahierungsverbot befreit hatte.
C) Soweit die Klägerin ihre Beschwerde auf die Verletzung der §§ 174, 175 der Abgabenordnung (AO 1977) stützt, fehlt es an der Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 3 FGO.
Dieser Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I, 1861, BStBl I, 932) in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109, BStBl I 1993, 90) ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 419802 |
BFH/NV 1994, 661 |