Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (NV)
Wird PKH für die Durchführung eines finanzgerichtlichen Rechtsmittelverfahrens beantragt und wird nicht zugleich bzw. innerhalb der Rechtsmittelfrist durch eine vor dem BFH postulationsfähige Person Revision oder Beschwerde eingelegt, so kann die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels überhaupt nur dann bejaht werden, wenn dem Rechtsmittelführer wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dies ist indes nur dann der Fall, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist sein Gesuch um Bewilligung von PKH zusammen mit den nach § 142 FGO i.V.m. § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, sofern er nicht ohne sein Verschulden hieran gehindert war.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2-4
Nachgehend
Tatbestand
I. Mit Urteil vom 6. Dezember 2000, das am 12. Februar 2001 zugestellt wurde, hat das Finanzgericht (FG) die Klage des Klägers und Antragstellers (Kläger) gegen die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr 1991 abgewiesen. Hiergegen hat dieser mit Schreiben vom 19. Februar 2001 persönlich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
Eine Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck hat der Kläger nicht eingereicht.
Das FG erließ am 27. Februar 2001 einen Beschluss, nach dem der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision nicht abgeholfen werde. Mit Beschluss vom gleichen Tage lehnte es den PKH-Antrag mit der Begründung ab, nach Beendigung der Instanz sei eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung nicht mehr möglich.
Entscheidungsgründe
II. Der Senat sieht den Antrag als Antrag auf Gewährung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren an, da davon auszugehen ist, dass der Kläger PKH nicht für ein bereits abgeschlossenes Verfahren begehrt, sondern für eines, in dem er seine Rechte wahrnehmen kann.
1. Der Zulässigkeit des PKH-Antrages steht nicht entgegen, dass der Antrag beim FG und nicht beim Bundesfinanzhof (BFH) angebracht wurde. Das vom Kläger angefochtene Urteil wurde im Jahre 2000 verkündet. Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich demnach nach der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. bis zum 31. Dezember 2000 (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567). Da nach § 115 Abs. 3 Satz 2 FGO a.F. die Nichtzulassungsbeschwerde beim FG (nicht beim BFH) einzulegen war, war die Anbringung des dieses Verfahren betreffenden PKH-Gesuchs beim FG ebenfalls zulässig. (vgl. BFH-Beschluss vom 11. April 1996 V S 5/96, V R 8/96, BFH/NV 1996, 847).
Auch konnte der Antrag vom Kläger persönlich gestellt werden, da der Vertretungszwang nach § 62a FGO für Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahrgenommen werden können, mithin auch für den Antrag auf PKH, nicht gilt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 847).
2. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH kann jedoch nicht entsprochen werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―).
Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO). Die Erklärung ist auf dem durch die Änderungsverordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl I, 3001) eingeführten amtlichen Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO).
Wird PKH für die Durchführung eines finanzgerichtlichen Rechtsmittelverfahrens beantragt und wird nicht zugleich bzw. innerhalb der Rechtsmittelfrist durch eine vor dem BFH postulationsfähige Person Revision oder Beschwerde eingelegt, so kann die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels überhaupt nur dann bejaht werden, wenn dem Rechtsmittelführer wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dies ist indes nur dann der Fall, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist sein Gesuch um Bewilligung von PKH zusammen mit den nach § 142 FGO i.V.m. § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, sofern er nicht ohne sein Verschulden hieran gehindert war (vgl. BFH-Beschluss vom 2. August 1994 III S 1/94, BFH/NV 1995, 152).
Hiervon ausgehend kann der Antrag keinen Erfolg haben.
Nach § 62a FGO muss sich vor dem BFH jeder Beteiligte ―ausgenommen juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden― durch eine Person oder eine Gesellschaft i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 des Steuerberatungsgesetzes (bestimmte rechts- und wirtschaftsberatende Berufe bzw. entsprechende Berufsgesellschaften) vertreten lassen. Dieses Erfordernis gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (§ 62a Abs. 1 Satz 2 FGO). Da nicht ersichtlich ist, dass er selbst zu den genannten vertretungsberechtigten Personen gehört, ist die vom Kläger persönlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mithin bereits deshalb unzulässig. In der dem angefochtenen Urteil beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ist der Kläger auf das Erfordernis der Vertretung ausdrücklich hingewiesen worden.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der mit der Zustellung des angefochtenen Urteils am 12. Februar 2001 in Lauf gesetzten einmonatigen Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht. In Fällen, in denen ein Beteiligter wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel durch einen befugten Vertreter beim BFH fristgerecht einzulegen, ist Voraussetzung für eine Gewährung der Wiedereinsetzung, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare tut, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Er muss bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH erfüllen. Dazu gehört, dass er innerhalb dieser Frist das Gesuch um PKH und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der vorgeschriebenen Form (§ 117 Abs. 2 bis 4 ZPO) einreicht, sofern er nicht auch hieran wiederum ohne sein Verschulden gehindert ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 1985 I B 44/85, BFH/NV 1986, 557). Hieran fehlt es im Streitfall. Aus dem Hinweis auf seinen Gesundheitszustand und auf den Verkehrsunfall seines Sohnes ergibt sich nicht, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, rechtzeitig ein ordnungsgemäßes PKH-Gesuch einzureichen.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 1 Abs. 1 Buchst. c des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis).
Fundstellen