Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückerwerb eines Grundstücks i. S. von § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983
Leitsatz (NV)
1. Vom Rückerwerb eines Grundstücks im Sinne von § 16 Abs. 2 GrEStG 1983 (= § 17 Abs. 2 GrEStG 1940) kann nur gesprochen werden, wenn der Erwerbsvorgang nicht nur formal rückabgewickelt wurde, sondern die Beteiligten derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen wurden, daß der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt und der Erwerber keinen weiteren Einfluß auf das Schicksal des Grundstücks behält.
2. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Käufer am weiteren Schicksal des Grundstücks interessiert ist und zwischen ihm und dem Verkäufer weiterhin Bindungen bezüglich des Grundstücks bestehen bleiben, die die Rückübereignung des Grundstücks im Hinblick auf die im gleichen Zuge vorgenommene Weiterübertragung an einen Dritten als Weiterveräußerung des Grundstücks durch den ursprünglichen Erwerber erscheinen lassen.
Normenkette
GrEStG BW § 34 Abs. 2 Nr. 1; GrEStG 1983 § 16 Abs. 2; GrEStG 1940 § 17 Abs. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Entscheidung ergeht gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i.d.F. des Gesetzes vom 14. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1514, BStBl I 1985, 8) - BFHEntlG -. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sich unterrichtet und gehört worden (Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 16. Oktober 1987; Erklärungen der Klägerin vom 9. und 30. November 1987).
1. Die Rüge der Klägerin, ihr sei das rechtliche Gehör versagt worden, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Die Klägerin hat zwar geltend gemacht, das Finanzgericht (FG) habe seiner richterlichen Hinweispflicht nicht genügt, aber nichts zu der Frage vorgetragen, was sie bei entsprechenden Hinweisen noch hätte Entscheidungserhebliches vortragen wollen.
2. Auch mit ihren materiell-rechtlichen Einwendungen kann die Klägerin nicht durchdringen. Daß ein Erstattungsanspruch der Klägerin nicht besteht, ergibt sich bereits aus § 34 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Einer Heranziehung des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) bedurfte es nach den Tatsachenfeststellungen und -würdigungen des FG nicht.
Nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG (entspricht § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1940) wird auf Antrag die Steuer für einen vorausgegangenen Erwerbsvorgang erstattet, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt, und der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Von einem Rückerwerb des Grundstücks im Sinne von § 34 Abs. 2 GrEStG kann nur gesprochen werden, wenn der Erwerbsvorgang nicht nur formal rückabgewickelt wurde, sondern die Beteiligten derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen wurden, daß der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt und der Erwerber keinen weiteren Einfluß auf das Schicksal des Grundstücks behält. Maßgebend ist nur das Ergebnis, nämlich daß der Veräußerer die volle Verfügungsfreiheit über das Grundstück zurückerwirbt; eine bloße formelle Rückübertragung des Grundstücks auf den Verkäufer genügt nicht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Januar 1982 II R 119/80, BFHE 135, 224, BStBl II 1982, 425, und vom 6. Oktober 1976 II R 131/74, BFHE 120, 557, BStBl II 1977, 253, m.w.N.). Daß der ursprüngliche Verkäufer des Grundstücks in seiner Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück nach der Rückübertragung des Eigentums wieder vollkommen frei geworden ist, kann jedoch dann nicht angenommen werden, wenn der Käufer am weiteren Schicksal des Grundstücks interessiert ist und zwischen ihm und dem Verkäufer weiterhin Bindungen bezüglich des Grundstücks bestehen bleiben, die die Rückübereignung des Grundstücks im Hinblick auf die im gleichen Zuge vorgenommene Weiterübertragung an einen Dritten als Weiterveräußerung des Grundstücks durch den ursprünglichen Erwerber erscheinen lassen. Aufschluß hierüber geben die Interessen und die mit dem Geschäft verfolgten Ziele der Vertragsbeteiligten (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 4. Dezember 1985 II R 171/84, BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271; Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 12. Aufl., 1986, § 16 Rdnr. 110, m.w.N.).
Das FG hat die von ihm festgestellten Umstände insgesamt dahin gewürdigt, daß als entscheidender Hintergrund für den Erwerb der Klägerin die Sicherstellung der späteren Veräußerung des Grundstücks an die D-AG anzusehen ist. Dieses Ziel hat die Klägerin auch nach der Aufhebung des Kaufvertrages und der Erklärung der Rückauflassung nicht aufgegeben. Denn es muß mit dem FG angenommen werden, daß die Klägerin auch nach der Vertragsaufhebung an dem weiteren Schicksal des Grundstücks interessiert blieb. Es war ihr nicht gleichgültig, in welche Hände das Grundstück nach der Aufhebung des Kaufvertrages gelangte. Vielmehr war für die Klägerin bestimmender Beweggrund beim Abschluß aller Verträge der Erwerb des Grundstücks durch die D-AG.
Deshalb muß davon ausgegangen werden, daß die B-AG hinsichtlich der Weiterveräußerung an die D-AG an die Ziele und Interessen der Klägerin gebunden war. Denn die Klägerin hätte der Aufhebung des Kaufvertrages und der Rückauflassung nicht zugestimmt, wenn die B-AG nicht zur Weiterveräußerung an die D-AG bereit gewesen wäre. Es konnte aber offensichtlich von der Klägerin vor Aufhebung des Vertrages und der Rückauflassung sichergestellt werden, daß die B-AG das Grundstück, wie es den Vorstellungen und Zielen der Klägerin entsprach, zu den zwischen der Klägerin und der D-AG abgesprochenen Bedingungen an die D-AG weiterveräußerte. Insofern kann nicht davon gesprochen werden, daß die B-AG als ursprüngliche Veräußerin des Grundstücks nach der Aufhebung des Kaufvertrages und der erklärten Rückauflassung in ihrer Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück wieder vollkommen frei war. Dies steht aber einem Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegen. Daß möglicherweise die Weiterveräußerung des Grundstücks an die D-AG auch im Interesse der B-AG lag, ist unter diesen Umständen ohne Bedeutung.
Soweit die Klägerin mit ihrer Revisionsbegründung eine von den Feststellungen des FG abweichende Darstellung des Sachverhaltes gibt und die Feststellungen anders als das FG würdigt, konnte dem nicht nachgegangen werden. Denn insoweit sind von der Klägerin zulässige und begründete Verfahrensrügen nicht vorgebracht worden, so daß der BFH an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Im übrigen sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 7 BFHEntlG von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung in der Hauptsache ab.
Fundstellen
Haufe-Index 415483 |
BFH/NV 1989, 253 |