Leitsatz (amtlich)

Verkehrsgebühren für Korrespondenzanwälte sind im finanzgerichtlichen Verfahren in der Regel nicht erstattungsfähig.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 1

 

Tatbestand

Zwischen dem Kostengläubiger und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) und dem Kostenschuldner und Beschwerdegegner (FA) war vor dem hessischen FG ein Rechtsstreit wegen Lohnsteuerhaftung und Umsatzsteuerhaftung anhängig. Der Rechtsstreit führte zur Aufhebung der angefochtenen Haftungsbescheide. Die Kosten des Verfahrens wurden dem FA auferlegt.

Der Beschwerdeführer hatte sich in dem Rechtsstreit vor dem Hessischen FG durch in Kassel ansässige Anwälte als Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen. Zur Information seiner Prozeßbevollmächtigten hatte er in Frankfurt ansässige Rechtsanwälte als Verkehrsanwälte bestellt, die den Beschwerdeführer auch im Vorverfahren schon vertreten hatten. Der Wohnsitz des Beschwerdeführers liegt in unmittelbarer Nähe Frankfurts.

In seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 12. August 1970 machte der Beschwerdeführer neben den Gebühren für die Kasseler Prozeßbevollmächtigten eine Verkehrsgebühr für die Frankfurter Anwälte geltend. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bei dem Hessischen FG lehnte die Festsetzung der Verkehrsgebühr ab. Statt der Verkehrsgebühr erkannte er die Kosten für eine Reise des Beschwerdeführers nach Kassel zur Information des Bevollmächtigten als erstattungsfähig an.

Die dagegen eingelegte Erinnerung des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

Die Gründe der Entscheidung des FG sind in den EFG 1971, 595 veröffentlicht.

 

Entscheidungsgründe

Die gegen die Entscheidung des FG gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer kann die Erstattung der Verkehrsgebühren für die Zuziehung der von ihm bestellten Korrespondenzanwälte nicht verlangen.

§ 139 Abs. 1 FGO beschränkt die Kostenerstattungspflicht auf solche Aufwendungen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich sind. Dazu zählt die Inanspruchnahme eines Korrespondenzanwaltes im finanzgerichtlichen Verfahren in der Regel nicht.

Die Tätigkeit des Korrespondenzanwaltes erstreckt sich nicht auf die Vertretung des Prozeßbeteiligten vor Gericht. Diese ist dem Prozeßbevollmächtigten vorbehalten, der seine Bestellung bei Gericht nachzuweisen hat. Die Tätigkeit des Korrespondenzanwaltes beschränkt sich auf den außergerichtlichen Bereich. Er führt die Korrespondenz mit dem Prozeßbevollmächtigten für den Mandanten, wenn dieser nicht in der Lage ist, die Korrespondenz mit dem Bevollmächtigten selbst zu führen. Die Kosten für diese Tätigkeit rechnen nicht zu den Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Bevollmächtigte im Sinne des § 139 Abs. 3 FGO, da der Korrespondenzanwalt nicht zur Vertretung vor Gericht bevollmächtigt ist. Die Grundsätze, die für die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme mehrerer Prozeßbevollmächtigter Geltung haben (vgl. Beschluß des BFH vom 16. Februar 1971 VII B 154/68, BFHE 101, 486, BStBl II 1971, 398) sind deshalb auf die Verkehrsgebühr des Korrespondenzanwaltes nicht anwendbar. Für die Verkehrsgebühr gilt vielmehr unmittelbar der Grundsatz des § 139 Abs. 1 FGO.

Für die Inanspruchnahme eines Verkehrsanwaltes besteht ein Bedürfnis, wenn ein Prozeßbeteiligter gezwungen ist, für die Vertretung in einem Prozeß einen auswärtigen Bevollmächtigten zu bestellen, und wenn ihm die persönliche, sei es schriftliche, sei es mündliche Information dieses Anwaltes aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Notwendigkeit, einen auswärtigen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, ergibt sich in den Gerichtszweigen, die eine besondere Zulassung der Bevollmächtigten für einzelne Gerichte vorsehen, regelmäßig dann, wenn ein Prozeßbeteiligter einen Prozeß vor einem auswärtigen Gericht zu führen hat. In diesen Fällen kann auch die Inanspruchnahme eines Korrespondenzanwaltes zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich werden. Eine solche Notwendigkeit besteht jedoch im Verfahren vor den FG nicht, da die Finanzgerichtsordnung eine besondere Zulassung der Bevollmächtigten für einzelne Gerichte nicht kennt. Der Prozeßbeteiligte, der einen Prozeß vor einem auswärtigen Gericht zu führen hat, ist deshalb nicht gezwungen, sich durch auswärtige, am Orte des Gerichts ansässige Prozeßbevollmächtigte vertreten zu lassen. Er kann seine Vertretung einem im Bereich seines Wohnorts ansässigen Anwalt übertragen. Dadurch erübrigt sich die Einschaltung eines besonderen Korrespondenzanwaltes zur Übermittlung der Information an den Bevollmächtigten. Der Steuerpflichtige kann selbst mit seinem Bevollmächtigten verkehren und ihm alle erforderlichen Informationen geben. Nachteile durch die Beauftragung eines Bevollmächtigten, der nicht am Gerichtsort ansässig ist, entstehen nicht. Insbesondere zählen die Reisekosten des Bevollmächtigten zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins zu den erstattungsfähigen Aufwendungen. Eine Notwendigkeit zur Einschaltung eines Korrespondenzanwaltes kann deshalb im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht anerkannt werden.

Eine Ausnahme hiervon ist in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer leitet die Berechtigung zur Inanspruchnahme eines Verkehrsanwaltes insbesondere aus dem Vertrauensverhältnis her, das zwischen ihm und seinen Frankfurter Anwälten bestanden habe und das auch dadurch begründet sei, daß diese Anwälte bereits die Vertretung im Vorverfahren durchgeführt hätten und über alle Einzelheiten des Falles unterrichtet gewesen seien. Alle diese Gründe sprachen aber dafür, die Frankfurter Rechtsanwälte nicht als Korrespondenzanwälte, sondern als Prozeßbevollmächtigte in dem finanzgerichtlichen Verfahren zu bestellen.

Gründe, die demgegenüber die Einschaltung der Kasseler Prozeßbevollmächtigten als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig erscheinen lassen könnten, hat der Beschwerdeführer dagegen nicht dargetan. Solche Gründe sind auch nicht ersichtlich. Die Kasseler Anwälte sind weder als Fachanwälte für ein bestimmtes steuerliches Spezialgebiet eingeschaltet worden, noch hatten sie besondere Kenntnisse über die steuerlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, die eine Einschaltung unabhängig von ihrem Wohnsitz hätte rechtfertigen können. Diese Kenntnisse lagen vielmehr, wie der Beschwerdeführer vorträgt, ausschließlich bei den Frankfurter Korrespondenzanwälten. Da demnach die Einschaltung eines auswärtigen Prozeßbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war, kommt eine Erstattung der Korrespondenzgebühr nicht in Betracht. Das FG hat zu Recht die Aufwendungen des Beschwerdeführers nur in Höhe der Kosten für eine Informationsreise nach Kassel erstattet. Diese Kosten wären auch bei der Wahrnehmung eines Verhandlungstermins durch einen Frankfurter Bevollmächtigten entstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70195

BStBl II 1973, 664

BFHE 1973, 299

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