Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH: Erforderliche Konkretisierung der Erfolgsaussichten

 

Leitsatz (NV)

Ein zunächst auf sich gestellter Antragsteller, der für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde PKH begehrt, muss innerhalb der Rechtsmittelfrist zumindest in laienhafter Weise einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dartun.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, § 142; ZPO § 114

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er wohnte seit August 1996 mit seiner Familie in O, X-Straße 4. Am 30. Juni 1999 meldete er beim für ihn gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) örtlich zuständigen Wohnsitzfinanzamt P einen Gewerbebetrieb an. Am 8. Juni 2001 erwarb er das Grundstück Y-Weg 2 in Q und bebaute es. Am 21. Dezember 2001 beantragte er beim für die Gemeinde Q zuständigen Finanzamt R die Gewährung von Eigenheimzulage für 2001. In dem Antrag erklärte er, dass er das Wohnhaus ab dem 28. Dezember 2001 selbst nutzen werde. Am 4. Januar 2002 meldete er zum 29. Dezember 2001 seinen Wohnsitz in Q an. Auf Veranlassung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung S ordnete das Finanzamt P gegen den Antragsteller am 1. Februar 2002 die Durchführung einer Außenprüfung betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer 1999 und 2000 sowie Umsatzsteuer-Voranmeldungen 2001 an.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Antragsteller gegen die Prüfungsanordnung Klage. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom 10. März 2003 hat der Antragsteller persönlich beantragt, ihm für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und einen vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Er ist der Ansicht, dass das Finanzamt P nach dem 29. Dezember 2001 für seine Besteuerung nicht mehr örtlich zuständig gewesen sei.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Für den beim Bundesfinanzhof (BFH) als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf PKH besteht kein Vertretungszwang (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. Januar 1991 II S 17/90, BFH/NV 1991, 338; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rz. 20, m.w.N.).

Wird PKH für die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens beantragt und wird nicht zugleich innerhalb der Rechtsmittelfrist durch eine vor dem BFH postulationsfähige Person oder Gesellschaft (vgl. § 62a FGO) Revision oder Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt, kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn damit zu rechnen ist, dass dem Antragsteller wegen unverschuldeter Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Das ist der Fall, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist alle erforderlichen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung über seinen Antrag schafft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. März 1999 I B 166/98, BFH/NV 1999, 1212; vom 1. Februar 2000 X S 6/99, BFH/NV 2000, 962; vom 8. Februar 2001 III S 15/00, BFH/NV 2001, 1270). Wird ―wie im Streitfall― PKH für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, muss der Antragsteller daher zumindest in laienhafter Form einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dartun.

Daran fehlt es im Streitfall. Die Ausführungen des Antragstellers lassen nicht im Ansatz erkennen, inwieweit in einem künftigen Revisionsverfahren Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geklärt werden könnten oder eine Entscheidung des BFH in einem künftigen Revisionsverfahren "zur Fortbildung des Rechts" oder "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" erforderlich wäre (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Ebenso wenig kann den Darlegungen des Antragstellers entnommen werden, dass das FG einen Verfahrensfehler begangen habe, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könnte (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Die gegen die Entscheidung des FG erhobenen Einwände stellen sich als Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar. Fehler bei der Auslegung oder Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision (Senatsbeschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612, m.w.N.).

2. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; Gräber/Ruban, a.a.O., § 142 Rz. 34, m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 958711

BFH/NV 2003, 1210

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