Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen Ablehnung einer einstweiligen Anordnung
Leitsatz (NV)
1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Entscheidung, mit der der Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde.
2. Zur Zulässigkeit einer "außerordentlichen Beschwerde".
3. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung geht ins Leere, wenn über das Rechtsmittel der Beschwerde endgültig entschieden worden ist.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3, § 96 Abs. 2, §§ 114, 128 Abs. 3
Tatbestand
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hatte einen in der Wohnung der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) aufgestellten antiken Schrank wegen Steuerrückständen gepfändet und angekündigt, daß die Pfand sache abgeholt werde. Das Finanzgericht (FG) lehnte mit dem angefochtenen Beschluß den Antrag der Antragsteller auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in bezug auf die vom FA durchgeführte Pfändung des Schrankes ab. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es u. a.: "Gegen diesen Beschluß ist die Beschwerde an den Bundesfinanzhof nur zulässig, wenn das Finanzgericht sie zugelassen hat ... ". Einen Ausspruch über die Zulassung der Beschwerde enthält der angefochtene Beschluß nicht.
Die Antragsteller legten gegen den Beschluß des FG Beschwerde ein und trugen im einzelnen vor, "daß die Entscheidungsgründe ohne ausreichendes rechtliches Gehör entschieden wurden". Sie beantragten ferner, bis zur Entscheidung über die Beschwerde von der Sachpfändung Abstand zu nehmen.
Entscheidungsgründe
1. Die Verfahren sind nach §73 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
2. Die Beschwerde ist unzulässig.
a) Nach §128 Abs. 3 FGO steht den Beteiligten gegen die Entscheidung des FG über eine einstweilige Anordnung nach §114 Abs. 1 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie -- worauf auch in der Rechtsmittelbelehrung hingewiesen wurde -- in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt §115 Abs. 2 FGO entsprechend.
Der angefochtene Beschluß des FG enthält keine Ausführungen über die Zulassung der Beschwerde wegen einer oder mehrerer der in §115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe. Die Beschwerde ist deshalb nicht statthaft. Für die Zulassung der Beschwerde nach §128 Abs. 3 FGO ist zwar keine besondere Form vorgeschrieben. Es ist aber stets erforderlich, daß die Zulassung ausdrücklich durch eine besondere Entscheidung erfolgt (vgl. Senats beschluß vom 28. Oktober 1993 VII B 229/93, BFH/NV 1994, 254). Daran fehlt es im Streitfall.
b) Ob abweichend von der Regelung in §128 Abs. 3 FGO ausnahmsweise eine außerordentliche Beschwerde in Betracht kommen kann, die bei schwerwiegender Verletzung grundgesetzlich geschützter Verfahrensvorschriften -- wie z. B. des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes -- GG --) von der Rechtsprechung für möglich gehalten wird (vgl. Senatsbeschluß vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791, m. w. N.), braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Denn aus dem Beschwerdevortrag ergibt sich die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG i. V. m. §96 Abs. 2 FGO) nicht schlüssig. Die Antragsteller haben zwar zur Begründung ihrer Rüge im einzelnen ausgeführt, daß das FG in den Gründen des angefochtenen Beschlusses von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sei und bestimmte Tatsachen nicht berücksichtigt habe. Sie haben aber, obwohl dies zur schlüssigen Begründung einer Verletzung des Rechts auf Gehör erforderlich gewesen wäre, nicht dargelegt, daß sie im erstinstanzlichen Verfahren am Vortrag bestimmter Tatsachen gehindert worden wären oder daß entscheidungserhebliche Tatsachen, obwohl vorgetragen, vom FG nicht berücksichtigt worden seien. Der Vortrag, daß die Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren nicht sachkundig beraten gewesen seien und deshalb die jetzt für bedeutsam gehaltenen Tatsachen nicht hätten vorbringen können, vermag eine Verletzung des Rechts auf Gehör nicht zu begründen. Den Antragstellern hätte es freigestanden, sich auch im erstinstanzlichen Verfahren rechtskundig vertreten zu lassen.
Schließlich ergibt sich auch aus der Rüge, das FG habe falsche Feststellungen als Urteilsgründe genannt, keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Den diesbezüglichen Ausführungen läßt sich nur der Vorwurf einer Verletzung der dem Gericht obliegenden Aufklärungspflicht (§76 FGO) entnehmen, der aber keine Veranlassung gibt, die Zulässigkeit einer außerordentlichen Beschwerde in Betracht zu ziehen.
3. Der Senat versteht den Antrag, bis zur Entscheidung über die Beschwerde von der Sachpfändung Abstand zu nehmen, als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Pfändung i. S. von §69 Abs. 3 FGO. Dieser Antrag ist jedoch ebenfalls unzulässig. Es kann dahinstehen, ob er schon deswegen nicht statthaft ist, weil die Antragsteller die Pfändung nicht mit dem dafür vorgesehenen Rechtsbehelf, nämlich dem Einspruch (§347 Abs. 1 der Abgabenordnung), angefochten haben. Jedenfalls geht der Antrag deshalb ins Leere, weil der Senat über die Beschwerde endgültig entschieden hat und deshalb nicht mehr über einen im Zusammenhang mit ihr gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz entscheiden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 66755 |
BFH/NV 1998, 44 |