Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlicher Erwerbsgegenstand “bebautes Grundstück”
Leitsatz (NV)
1. Für die Entscheidung, ob ein bei Abschluss des Kaufvertrags tatsächlich unbebautes Grundstück in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist mit der Folge, dass auch die Aufwendungen für die Bebauung in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, kommt es nicht auf die Intention des Erwerbers, sondern auf den tatsächlich verwirklichten Geschehensablauf an.
2. Ein einheitliches ‐ sowohl den Verkauf eines bestimmten Grundstücks als auch die Errichtung eines bestimmten Gebäudes umfassendes ‐ Angebot kann auch dann gegeben sein, wenn die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden ist.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Urteil vom 08.09.2005; Aktenzeichen 1 K 1341/01) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), Eheleute, wurden durch eine Zeitungsanzeige der Firma K auf die Bebaubarkeit eines Grundstücks in B aufmerksam. Die von der Firma K erstellte Kostenvorausschau enthielt neben dem Grundstückskaufpreis u.a. die voraussichtlichen Kosten für ein Fertighaus dieser Firma, für den Keller und einen Architektenvertrag für das Planungsbüro H. Am 25. Juni 1990 bestellten die Kläger bei der Firma K für das Grundstück ein Fertighaus und bei der Firma B die Errichtung des Kellers. Beide Verträge wurden von der als Fachberaterin für die genannten Unternehmen tätigen freien Handelsvertreterin N unterzeichnet. Am 10. Juli 1990 kauften die Kläger das Grundstück von dem Kaufmann M, der als freier Handelsvertreter und Fachberater für die Firma K tätig war, wie die Kläger bereits aus der Zeitungsanzeige und der Kostenvorausschau wussten. Der von den Klägern mit H geschlossene "Koordinationsvertrag" trägt das Datum vom 12. Juli 1990.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm an, dass die Kläger das Grundstück einschließlich der Bebauung als einheitlichen Erwerbsgegenstand erworben hätten, und setzte dementsprechend Grunderwerbsteuer für den Gesamtaufwand fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) kam nach Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliege.
Die Kläger stützen ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision in der Vorentscheidung auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Divergenz.
Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Zulassung der Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) geboten.
1. Die Voraussetzungen, unter denen ein bei Abschluss des Kaufvertrags tatsächlich unbebautes Grundstück in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist mit der Folge, dass auch die Aufwendungen für die Bebauung nach § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, sind in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt (zusammenfassend zuletzt Urteile vom 21. September 2005 II R 49/04, BFHE 211, 530, BStBl II 2006, 269, und vom 2. März 2006 II R 47/04, BFH/NV 2006, 1509). Nach dieser Rechtsprechung kommt es nicht auf die von den Klägern angeführte Intention des Erwerbers, sondern auf den tatsächlich verwirklichten Geschehensablauf an. Ohne Bedeutung ist, ob der Erwerber tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, ein anderes, mit dem Grundstücksveräußerer nicht verbundenes Unternehmen mit der Bebauung zu beauftragen oder sich für eine andere, wesentlich vom Angebot abweichende Bebauung zu entscheiden, und ggf. auch entsprechende Angebote eingeholt hatte (BFH-Urteile vom 23. November 1994 II R 53/94, BFHE 176, 450, BStBl II 1995, 331; vom 16. Juli 1997 II R 39/95, BFH/NV 1998, 213, und vom 30. April 2003 II R 29/01, BFH/NV 2003, 1446; BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2005 II B 29/05, BFH/NV 2006, 123). Die von den Klägern herausgestellte Frage, ob "ein Grundstückserwerber in die Rolle eines Detektivs gedrängt werden darf", bedarf im Streitfall keiner Klärung, da ihnen die Zusammenarbeit zwischen den
auf der Veräußererseite handelnden Personen bekannt war.
2. Das FG ist nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen. Der BFH hat im Urteil in BFHE 211, 530, BStBl II 2006, 269, unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass ein einheitliches --sowohl den Verkauf eines bestimmten Grundstücks als auch die Errichtung eines bestimmten Gebäudes umfassendes-- Angebot auch dann gegeben sein kann, wenn die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden ist. Im Übrigen waren die Kläger bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags aufgrund der bereits zuvor abgeschlossenen Verträge vom 25. Juni 1990 mit den Firmen K und B gegenüber der Veräußererseite in ihrer Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme nicht mehr frei, so dass bereits deshalb ein einheitlicher Erwerbsgegenstand "bebautes Grundstück" vorliegt (BFH-Urteile vom 7. September 1994 II R 106/91, BFH/NV 1995, 434; vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34; in BFHE 211, 530, BStBl II 2006, 269, und in BFH/NV 2006, 1509) und es somit auf das Vorliegen eines einheitlichen Angebots bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags insoweit nicht ankommt.
Fundstellen
Haufe-Index 1581435 |
BFH/NV 2006, 2129 |
VP 2007, 91 |