Entscheidungsstichwort (Thema)
Bevorzugte Behandlung von Kapitalgesellschaften bei Erhöhung des Verlustvor- oder -rücktrags durch Nachzahlungszinsen
Leitsatz (NV)
- Die Frage, ob es verfassungswidrig ist, dass eine Kapitalgesellschaft Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO 1977 als den Verlustvor- oder -rücktrag erhöhende Betriebsausgaben, eine natürliche Person aber nur als Sonderausgaben absetzen kann, ist nicht mehr klärungsbedürftig. Die Rechtsprechung hat sie bereits verneint.
- Sie betrifft ausgelaufenes Recht und hat auch deswegen keine grundsätzliche Bedeutung mehr.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; AO 1977 § 233a; EStG § 4 Abs. 4, § 10
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Für diesen Fall muss er gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO die grundsätzliche Bedeutung darlegen. Dies verlangt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. eine Darlegung des Klärungsbedarfs. Daran fehlt es aus mehreren Gründen:
1. Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist. In einem solchen Fall bedarf es daher besonderer Ausführungen zu den Gründen, warum eine nochmalige höchstrichterliche Entscheidung notwendig erscheint. Dabei genügt es nicht, wenn der Kläger ―wie im Streitfall― lediglich ausführt, die BFH-Rechtsprechung sei kritisiert worden. Vielmehr ist konkret darzulegen, dass in der Literatur beachtliche Argumente gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgetragen werden, die der BFH noch nicht erwogen hat (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 9, m.w.N.). Die bloße Behauptung, die geltende Gesetzeslage verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt hierbei nach ständiger Rechtsprechung nicht (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 62, m.w.N.).
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es verfassungswidrig sei, dass eine Kapitalgesellschaft Nachzahlungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) als den Verlustvor- oder -rücktrag erhöhende Betriebsausgaben, eine natürliche Person aber nur als Sonderausgaben absetzen kann, hat der BFH im Grundsatz bereits durch Urteil vom 28. November 1991 IV R 122/90 (BFHE 166, 257, BStBl II 1992, 342) entschieden. Auf diese Entscheidung hat sich auch das Finanzgericht (FG) in seiner Urteilsbegründung gestützt. Der Kläger hätte daher darlegen müssen, aus welchen Gründen eine erneute Entscheidung im Allgemeininteresse geboten erscheint, zumal sich die von ihm benannten Literaturstellen mit der bezeichneten Entscheidung inhaltlich nicht auseinander setzen.
2. Nach übereinstimmender Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte hat ferner eine Rechtssache nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Entscheidung durch das Revisionsgericht für die Zukunft richtungsweisend sein kann. Daran kann es fehlen, wenn die zu klärende Frage ausgelaufenes Recht betrifft (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 12). Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat sich die vom Kläger aufgeworfene Problematik erledigt. Danach können die auf Steuern vom Einkommen entfallenden Nebenleistungen künftig weder die Einkünfte einer Körperschaft, noch das Einkommen einer natürlichen Person mindern (vgl. Wegfall des § 10 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes; § 10 Nr. 2 letzter Absatz des Körperschaftsteuergesetzes). Es hätte daher schon besonderer Gründe bedurft, um eine im Prinzip bereits geklärte Rechtsfrage trotz mittlerweile ausgelaufenen Rechts als klärungsbedürftig anzusehen. Die bloße Vermutung, die Rechtsfrage betreffe noch eine Vielzahl von Fällen, genügt unter diesen Umständen nicht.
3. Auch hinsichtlich der Rechtsfrage, ob es bei Personensteuern rechtmäßig sein kann, Erstattungszinsen gemäß § 233a AO 1977 als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern, Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO 1977 aber ggf. nur als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen, hat der Kläger nicht in ausreichendem Maße die Klärungsbedürftigkeit dargestellt. Insbesondere genügt auch insoweit die bloße Angabe von Literaturstellen nicht, zumal der BFH in seiner Rechtsprechung von der Rechtmäßigkeit des Sonderausgabenabzugs ausgeht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 8. September 1993 I R 30/93, BFHE 172, 304, BStBl II 1994, 81).
Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 425151 |
BFH/NV 2000, 841 |