Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (NV)
Einem Beteiligten, der nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines Prozeßbevollmächtigten zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung eines FG verfügt, kann, nachdem ihm PKH bewilligt worden ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Um das erreichen zu können, muß der Beteiligte (innerhalb der Rechtsmittelfrist) außer dem Antrag auf Gewährung von PKH auch unaufgefordert die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgeben. Eine dazu im erstinstanzlichen Verfahren abgegebene Erklärung genügt grundsätzlich nicht.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO §§ 56, 129 Abs. 1, § 142; ZPO § 114 S. 1, § 117 Abs. 2
Tatbestand
Der Antragsteller beantragt Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG), mit dem sein Antrag auf Gewährung von PKH für sein Klageverfahren in der ersten Instanz abgelehnt wurde.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 114 Satz 1 letzter Halbsatz der Zivilprozeßordnung -- ZPO --).
An der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung fehlt es bereits deshalb, weil sich der Antragsteller bei der Einlegung der Beschwerde nicht entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des FG durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten hat vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --) und die Beschwerde deshalb unzulässig ist. Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines solches Bevollmächtigten bei der Einlegung eines Rechtsmittels in einem finanzgerichtlichen Verfahren, so besteht zwar, nachdem ihm PKH bewilligt worden ist, die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelsfrist. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittelosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
Um das erreichen zu können, muß der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist (hier: § 129 Abs. 1 FGO) nicht nur den Antrag auf Bewilligung der PKH stellen, sondern u. a. auch unaufgefordert die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO vorlegen. Geschieht dies nicht, so kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. Senatsbeschluß vom 25. März 1993 VII S 9, 11/93, BFH/NV 1994, 119 m. w. N.).
Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) bisher die nach § 117 Abs. 2 ZPO geforderte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht abgegeben. Nicht ausreichend ist die in erster Instanz abgegebene Erklärung des Antragstellers. Sie kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der Antragsteller vor dem BFH hierauf nicht Bezug genommen und nicht versichert hat, daß die Verhältnisse seitdem unverändert geblieben sind (Senatbeschluß in BFH/NV 1994, 119 m. w. N.).
Da die Beschwerdefrist inzwischen abgelaufen ist, muß der Senat bei der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von PKH unter Beachtung der vorgenannten Rechtsprechung davon ausgehen, daß dem Antragsteller bei Einlegung einer formgerechten Beschwerde durch einen Bevollmächtigten, der einer der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genannten Berufsgruppen angehört, keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann und die Beschwerde deshalb als unzulässig zu verwerfen sein wird.
Fundstellen
Haufe-Index 419812 |
BFH/NV 1995, 61 |