Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn Gericht vor Ablauf einer Schriftsatzfrist entscheidet

 

Leitsatz (NV)

Das Gericht verletzt das rechtliche Gehör, wenn es durch Urteil im schriftlichen Verfahren entscheidet, bevor eine von ihm gesetzte Frist zur Stellungnahme verstrichen ist.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6, § 119 Nr. 3

 

Gründe

Die Entscheidung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6, § 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung.

Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügte Verfahrensmangel liegt vor. Das Finanzgericht hat dem Kläger den Schriftsatz des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) vom 27. August 2002 zur Kenntnis und eventuellen Stellungnahme bis zum 30. Oktober 2002 übersandt, über die Klage aber bereits vorher ―durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2002― entschieden, ohne eine Stellungnahme des Klägers abzuwarten. Es hat damit dem Kläger das rechtliche Gehör versagt. Das Gericht verletzt das rechtliche Gehör, wenn es durch Urteil im schriftlichen Verfahren entscheidet, bevor eine von ihm gesetzte Frist zur Stellungnahme verstrichen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. März 2002 IX R 100/00, BFH/NV 2002, 945). Da die anheim gestellte Stellungnahme nicht auf bestimmte Streitpunkte beschränkt war, erforderte die schlüssige Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör keine Ausführungen darüber, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802).

Wegen der Frage, ob die Tätigkeit des Klägers als "Halten von Vieh" i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 beurteilt werden kann, weist der Senat darauf hin, dass ähnliche Fragen auch Gegenstand der Revisionsverfahren V R 38/02, V R 39/02 und V R 41/02 sind, bei denen in absehbarer Zeit mit einer Entscheidung zu rechnen sein dürfte.

 

Fundstellen

BFH/NV 2003, 940

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