Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs bei unsubstanziiertem Verlegungsantrag kurz vor der mündlichen Verhandlung

 

Leitsatz (NV)

Die Ablehnung eines kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Verlegungsantrags verstößt nicht gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn die Verlegung "wegen einer Erkrankung" begehrt und zur Glaubhaftmachung lediglich eine pauschale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht wird.

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 3, § 155; ZPO § 227; GG Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg (Urteil vom 05.02.2003; Aktenzeichen III 174/01)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat nicht schlüssig dargelegt, dass das Finanzgericht (FG) dadurch, dass es den Antrag des Prozessbevollmächtigten auf Verlegung der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat, einen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begangen hat. Denn die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung verstößt nur dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO), wenn erhebliche Gründe für eine Aufhebung oder Verlegung geltend gemacht worden sind (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung). Deshalb erfordert eine schlüssige Rüge dieses Verfahrensmangels, dass zur Begründung des Verlegungsantrags erhebliche Gründe substanziiert vorgetragen wurden (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 15. Juni 2001 IV B 25/00, BFH/NV 2001, 1579).

Begründet ein Prozessbevollmächtigter einen Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung mit seiner Erkrankung, reicht die bloße Behauptung einer solchen nicht aus. Insbesondere dann, wenn der Verlegungsantrag erst kurz vor dem Termin gestellt wird, ist der Kläger oder der Prozessbevollmächtigte auch ohne Aufforderung verpflichtet, die Gründe für die Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob der Prozessbevollmächtigte aufgrund einer Erkrankung verhandlungsunfähig ist, selbst beurteilen kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228; vom 14. Mai 1996 VII B 237/95, BFH/NV 1996, 902; vom 17. Mai 2000 IV B 86/99, BFH/NV 2000, 1353). Eine pauschale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht als Glaubhaftmachung einer Verhandlungsunfähigkeit wegen einer Erkrankung nicht aus; dafür ist vielmehr ein substanziiertes Attest erforderlich, aus dem sich die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2000, 1353; vom 10. Oktober 2001 IX B 157/00, BFH/NV 2002, 365, unter II.2.a der Gründe). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Der Prozessbevollmächtigte hat die Verlegung in einem Telefax beantragt, das erst kurz vor dem Termin, nämlich um 14.40 Uhr des Tages vor der mündlichen Verhandlung, beim FG eingegangen ist. Er hat zur Begründung lediglich mitgeteilt, dass er "wegen einer Erkrankung" diesen Termin nicht wahrnehmen könne, und auf das Attest seines Arztes verwiesen. Bei diesem Attest handelt es sich um eine von einem Allgemeinmediziner ausgestellte "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber", die keinen Aufschluss über die Art der Erkrankung und darüber gegeben hat, ob sie so gravierend war, dass der Prozessbevollmächtigte verhandlungsunfähig war.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1200610

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