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BFH Beschluss vom 04.07.1986 - VII E 6/85 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerhebung und Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (NV)

Eine unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die zur Nichterhebung von Gerichtskosten berechtigt, liegt nicht vor, wenn eine Verkennung der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung zur Einlegung des Rechtsmittels führt.

 

Normenkette

GKG § 8 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat dem Urteil, durch das es die Klage der Antragstellerinnen abgewiesen hat, eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, in der u.a. ausgeführt ist: ,,Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes der Revision zehntausend Deutsche Mark übersteigt . . . übersteigt der Wert des Streitgegenstandes der Revision zehntausend Deutsche Mark nicht, so steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof nur zu, wenn das Finanzgericht sie zugelassen hat. Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden . . ." Der Tenor des Urteils enthält folgende Entscheidungsformel: ,,Die Revision wird nicht zugelassen." In den Entscheidungsgründen führt das FG dazu aus, es habe ,,die wegen des Streitwerts gegebene Revision ohne Rücksicht auf diesen nicht zugelassen, weil der Entscheidung nach dem Urteil des BFH keine grundsätzliche Bedeutung mehr" zukomme.

Die Antragstellerinnen haben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die der Bundesfinanzhof (BFH) als unzulässig verworfen hat. In dieser Entscheidung des BFH sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Antragstellerinnen auferlegt worden.

Durch Kostenrechnung vom 25. September 1985 hat die Kostenstelle des BFH die von den Antragstellerinnen zu entrichtenden Gerichtskosten nach einem Streitwert von 61 528 200 DM in Höhe von 187 802 DM angesetzt.

Die Antragstellerinnen machen dagegen folgendes geltend: Auf Grund der Tenorierung und der irreführenden Erläuterung in den Urteilsgründen hätten sie davon ausgehen müssen, daß es zur Durchführung des Revisionsverfahrens zumindest vorsorglich erforderlich sei, den Zugang zur Revision im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde zu erstreiten. Die Formulierung in den Entscheidungsgründen des FG habe Anlaß zu der Befürchtung gegeben, daß der BFH die Revision auf Grund der ausdrücklichen Nichtzulassung als unzulässig verwerfen könne. Darüber hinaus seien die Antragstellerinnen in rechtlicher Hinsicht darüber verunsichert gewesen, welche Wirkungen die nunmehr durch Gesetz vom 16. Juli 1985 in Kraft getretene Abschaffung der Streitwertrevision auf das hier in Rede stehende Revisionsverfahren habe entfalten können. Auch auf Grund dieser Verunsicherung habe damit gerechnet werden müssen, daß die ausdrückliche Nichtzulassung durch das FG für die Antragstellerinnen negative Folgerungen hinsichtlich der formellen Voraussetzungen des Revisionsverfahrens hätte haben können. Die Rechtsmittelbelehrung des FG habe diese Unklarheit nicht ausgeräumt; denn darin werde darauf hingewiesen, daß die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde angefochten werden könne.

Die unklaren und widersprüchlichen Formulierungen in Tenor, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung des Urteils des FG hätten zu einer unverschuldeten Unkenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bei den Antragstellerinnen geführt, die die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hätten geboten erscheinen lassen. Der Fall einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung liege nicht vor.

Die Antragstellerinnen beantragen, nach § 8 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) von der Erhebung von Kosten abzusehen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, daß die Einlegung der Revision auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht hat. Das FG hatte seinem Urteil eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Aus dieser war zu entnehmen, daß das Urteil bei einem Streitwert über 10 000 DM - ohne weiteres - mit der Revision hätte angefochten werden können und daß die Zulassung der Revision für eine Anfechtung des Urteils mit diesem Rechtsmittel nur erforderlich gewesen wäre, wenn der Wert des Streitgegenstands 10 000 DM nicht überstiegen hätte.

Diese Rechtsmittelbelehrung wird von der Entscheidung des FG, die Revision werde nicht zugelassen, und von der Begründung dazu nicht betroffen. Weder aus der Entscheidung noch aus der Begründung ist eine Äußerung dahin zu entnehmen, daß auch bei einem Streitwert über 10 000 DM eine unmittelbare Anfechtung des Urteils mit der Revision nicht zulässig sei. Das FG hat vielmehr in der Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es seine Entscheidung über die Zulassung ohne Rücksicht auf den Streitwert getroffen hat. In der Begründung kommt außerdem zum Ausdruck, daß das FG die Revision wegen des Streitwerts für ,,gegeben" gehalten hat. Bei verständiger Würdigung konnte daraus nicht entnommen werden, daß ohne Rücksicht auf den Streitwert - zunächst - die Nichtzulassung der Revision angefochten werden mußte, um - sodann - das Urteil mit der Revision anfechten zu können.

Auf die Abschaffung der Streitwertrevision durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274) können die Antragstellerinnen sich zur Begründung einer unverschuldeten Unkenntnis i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG schon deshalb nicht berufen, weil dieses Gesetz im Zeitpunkt der Fertigung des Schriftsatzes, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist (13. März 1985), noch nicht erlassen war.

Der Antrag ist als Erinnerung nach § 5 Abs. 1 GKG zu behandeln (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 21. Aufl., § 8 GKG Anm. 5 B), so daß eine Kostenentscheidung nicht erforderlich ist, da das Verfahren über die Erinnerung gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 5 Abs. 4 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414637

BFH/NV 1988, 46

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