Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Dienstreise
Leitsatz (NV)
Es ist geklärt, daß die Dienstreise im Sinne von §§ 36, 38 UStDV 1980 eine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers voraussetzt.
Normenkette
UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1; UStDV 1980 §§ 36, 38; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), ein Stahlbauunternehmen, beschäftigte in den Streitjahren (1987 bis 1989) rd. ... Monteure, die ständig außerhalb des Stammwerkes auf verschiedenen Baustellen im gesamten Bundesgebiet tätig waren.
Zum Ausgleich des den Monteuren entstehenden Mehrverpflegungsaufwands zahlte die Klägerin diesen im Rahmen von Abschn. 8 Abs. 3, Abschn. 27 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR 1987) lohnsteuerfreie "Auslösungen" und machte für sie unter Berufung auf § 36 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1980) den Vorsteuerabzug geltend.
Mit den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) den Vorsteuerabzug ab. Die hiergegen erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg, da das Finanzgericht (FG) "Dienstreisen" i. S. von §§ 36, 38 UStDV 1980 verneinte.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, die sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt. Die Klägerin räumt ein, daß die Monteure nicht auf "Dienstreisen" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung gewesen seien, sondern auf ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigt gewesen seien. Sie führt aber im einzelnen aus, daß der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in mehreren neueren Entscheidungen sich von den herkömmlichen, zu quasigesetzlichen Tatbeständen erstarrten Begriffen löse und statt dessen frage, welche Verpflegungssituation der Steuerpflichtige am auswärtigen Beschäftigungsort konkret vorfinde. Deshalb sei auch die herkömmliche Abgrenzung der Beschäftigung an wechselnden Einsatzstellen und der Dienstreisen wieder zweifelhaft geworden. Die erneute höchstrichterliche Überprüfung sei geboten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt deshalb nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich bereits ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt oder durch die Rechtsprechung des BFH geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den BFH erforderlich machen (BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).
Die von der Klägerin für rechtsgrundsätzlich erachtete Rechtsfrage läßt sich aus dem Gesetz und der ständigen Rechtsprechung des BFH beantworten. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) setzt der Vorsteuerabzug Leistungen voraus, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmers ausgeführt worden sind. Nach § 36 Abs. 1 UStDV 1980 kann ein Unternehmer, der seinem Arbeitnehmer aus Anlaß seiner Dienstreise (§ 38 UStDV 1980) die Aufwendungen für Übernachtung oder die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Pauschbeträgen erstattet, 11,4 v. H. dieser Beträge als Vorsteuer abziehen. Nach § 38 Satz 1 UStDV 1980 ist bei Anwendung der Vorschrift des § 36 UStDV 1980 der Begriff der Dienstreise nach den für die Lohnsteuer geltenden Merkmalen abzugrenzen. Nach den für die Lohnsteuer geltenden Merkmalen setzt die Dienstreise eine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers voraus (vgl. zuletzt BFH-Urteile vom 15. Oktober 1992 V R 81/87, BFHE 169, 543, BStBl II 1993, 207; vom 26. Januar 1994 VI R 118/89, BFHE 173, 174, BStBl II 1994, 529, und vom 13. Januar 1995 VI R 82/94, BFHE 176, 419, BStBl II 1995, 324). Hieran hat sich durch die neuere Rechtsprechung des VI. Senats des BFH nichts geändert; nach ihr hat die Unterscheidung zwischen Dienstreise und Einsatzwechseltätigkeit lediglich für die Bestimmung des nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes abziehbaren Verpflegungsmehraufwands an Relevanz verloren. Grundsätzlich hält aber auch insoweit der VI. Senat für eine Übergangszeit noch an den bisherigen Regelungen fest (BFH in BFHE 176, 419, BStBl II 1995, 324). Demnach macht die jüngere Rechtsprechung des VI. Senats des BFH keine erneute Definition der Dienstreise in §§ 36, 38 UStDV 1980 erforderlich; vielmehr bleibt es bei der herkömmlichen Begriffsbestimmung. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen