Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den sachlichen Voraussetzungen einer Divergenz (hier Entscheidungserheblichkeit)
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob es für die vereinbarte Durchführung eines Darlehensvertrags auf das vollständige Erbringen der Gegenleistung durch Zahlung sämtlicher Darlehenszinsen ankomme, ist dann nicht entscheidungserheblich, wenn sich die Vertragsparteien des Darlehensvertrags unter Ausschluss des § 609 BGB erst noch über die Rückzahlung des Darlehens verständigen wollen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 609
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet und nach § 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zurückzuweisen.
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) herausgehobene Rechtsfrage, ob es für die vereinbarte Durchführung eines eindeutig vereinbarten Dauerschuldverhältnisses in Gestalt eines Darlehensvertrages auf die vollumfängliche Erbringung der Gegenleistung durch Zahlung sämtlicher Darlehenszinsen ankomme oder aber ob es genüge, dass nur der wesentliche Teil erbracht und ein eventueller Fehlbetrag kontokorrentmäßig in einen Saldovortrag eingestellt werde, ist bereits deshalb nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil sie im Streitfall nicht geklärt werden kann. Nach der hier allein maßgebenden Rechtsauffassung des Finanzgerichts (FG) widerspricht es nämlich dem zwischen fremden Dritten Üblichen, dass die Parteien des Darlehensvertrags die Frage der Rückzahlung unter Ausschluss des dispositiven § 609 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) überhaupt offen gelassen und ihrer künftigen Verständigung vorbehalten haben. Das FG ist deshalb gerade nicht von einem eindeutig vereinbarten Dauerschuldverhältnis ausgegangen.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen; denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert im Streitfall keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Dieser Zulassungsgrund umfasst den früheren Zulassungsgrund der Divergenz (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 168/01, BFH/NV 2002, 1484, m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Kläger weicht die Vorentscheidung aber nicht von den in der Beschwerdebegründung bezeichneten Urteilen des BFH ab.
a) Eine Divergenz zum BFH-Urteil vom 19. Oktober 1999 IX R 30/98 (BFHE 190, 169, BStBl II 2000, 223) liegt bereits deshalb nicht vor, weil ―wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend herausstellt― im Streitfall die erforderliche monatliche Zahlung der Miete anders als im vom BFH entschiedenen Fall auch durch Verrechnung nicht erfolgt ist.
b) Das FG-Urteil weicht nicht vom BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 150/85 (BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838) ab; denn anders als dort haben sich die Vertragsparteien des Darlehensvertrags im Streitfall unter Ausschluss des § 609 BGB erst noch über die Rückzahlung des Darlehens verständigen wollen.
c) Die Vorentscheidung divergiert auch nicht mit dem BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97 (BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386), weil sie zwei einzelne Verträge (Miet- und Darlehensvertrag) betrifft, die je für sich steuerrechtlich nicht anerkannt wurden, und nicht wie das BFH-Urteil abgrenzbare Vertragsteile, von denen ein Teil steuerrechtlich nicht zu beanstanden war.
d) Das angefochtene Urteil weicht schließlich auch nicht vom Senatsurteil vom 28. Juni 2002 IX R 68/99 (BStBl II 2002, 699) ab, wonach bei Dauerschuldverhältnissen für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen außerdem die spätere tatsächliche Übung der Parteien herangezogen werden kann. Denn das FG ist nicht von einer unklaren Vereinbarung ausgegangen; vielmehr hat es erkannt, dass die Rückzahlung des Darlehens einer künftigen Verständigung der Parteien vorbehalten bleiben sollte. Es hat bei seiner Prüfung überdies bereits die gesamte Laufzeit des Darlehens zugrunde gelegt und damit auch das tatsächliche Verhalten der Vertragsbeteiligten berücksichtigt.
Fundstellen