Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif: Einreihung von aus Schrott gewonnenen Metallblöcken als Ferrolegierung
Leitsatz (NV)
1. Zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bei einer Zolltariffrage.
2. Für die Ausweisung von Ferrolegierungen aus der Position für Abfallblöcke aus Eisen oder Stahl kommt es allein auf die chemische Zusammensetzung an.
Normenkette
KN Kap. 72 Anm. 1c; KN Kap. 72 Anm. 1g; KN Pos. 7202 9980; KN Pos. 7204 2110; KN Pos. 7218 100; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 31.05.2006; Aktenzeichen 4 K 3238/03 Z) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte in den Jahren 2001 und 2002 durch Einschmelzen von Metallabfällen und Schrott gewonnene Blöcke ein, die als "Abfälle und Schrott aus nicht rostendem Stahl, Ni-Cr-Schrotte" der Unterpos. 7204 21 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) deklariert wurden. Die Zollverwaltung nahm aufgrund von Untersuchungen der Einfuhrwaren durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) an, dass es sich um Ferrolegierungen der Unterpos. 7202 99 80 KN handele, und erhob dementsprechend Zoll für die Einfuhrsendungen. Im Einspruchsverfahren ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) bei der Abgabenfestsetzung dagegen von Waren der Unterpos. 7218 10 00 KN aus und blieb hierbei auch im anschließenden Klageverfahren, in dem das HZA allerdings hinsichtlich einiger Einfuhrsendungen dem Klagebegehren entsprach.
Hinsichtlich der übrigen streitig gebliebenen Einfuhrsendungen wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab und urteilte, dass die Einfuhrwaren nach der Anm. 1 g zu Kap. 72 KN nicht als Abfallblöcke aus Stahl in die Pos. 7204 KN eingereiht werden könnten, da ihre chemische Zusammensetzung derjenigen von Ferrolegierungen der Anm. 1 c zu Kap. 72 KN entspreche. Dies folge aus den Gutachten der ZPLA, denen zufolge sämtliche noch streitigen Einfuhrwaren einen Eisengehalt von mehr als 4 GHT sowie einen Gehalt an Chrom bzw. an Nickel von jeweils mehr als 10 GHT gehabt hätten. Ob die Einfuhrwaren danach in die Unterpos. 7202 99 80 KN oder in die Unterpos. 7218 10 00 KN einzureihen seien, könne offen bleiben, da das HZA mit der von ihm angenommenen Unterpos. 7218 10 00 KN diejenige mit dem niedrigeren Zollsatz gewählt habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Geht es --wie im Streitfall-- allein darum, ob die Zollverwaltung die betreffende Ware zutreffend in den Zolltarif eingereiht hat oder ob die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers die richtige ist, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der Senat in seinem Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 136/01 (BFHE 198, 242) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer ausreichenden Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entscheidende Bedeutung zu. Hat das FG die Tarifauffassung der Zollverwaltung bestätigt, muss der Beschwerdeführer unter Heranziehung der zu dieser Frage ggf. vorhandenen Literatur und Rechtsprechung der europäischen und der nationalen Gerichte sowie der einschlägigen Zolltarifmaterialien (Avise, Erläuterungen u.a.) Zweifel an dieser Einreihung der Ware erwecken und aufzeigen, aus welchen Gründen seiner abweichenden Tarifauffassung möglicherweise der Vorzug vor der Tarifauffassung der Zollverwaltung gegeben werden könnte.
Im Streitfall ist die streitige Tarifierungsfrage indes nicht klärungsbedürftig, weil sie so zu entscheiden ist, wie es das FG im angefochtenen Urteil getan hat. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, Zweifel an der vom FG vorgenommenen Einreihung der Waren zu begründen.
Die von der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage, ob nach dem Sinn und Zweck der Tarifierungsvorschriften der Pos. 7204 KN und der Anm. 1 g zu Kap. 72 KN nicht allein auf die stoffliche Zusammensetzung abgehoben werden darf, sondern vielmehr zur Charakterisierung einer Ferrolegierung auch die anderen Voraussetzungen der Anm. 1 c zu Kap. 72 KN erfüllt sein müssen, ist zu verneinen.
Zum einen steht bereits der Wortlaut der Anm. 1 g zu Kap. 72 KN (Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 256/1, in der im Streitfall maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2263/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 --ABlEG Nr. L 264/1-- bzw. der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 --ABlEG Nr. L 279/1--) dieser Auslegung entgegen. Danach setzt die Warenbezeichnung "Abfallblöcke aus Eisen oder Stahl" der Pos. 7204 KN voraus, dass die (u.a.) in Rohblöcke gegossenen Erzeugnisse hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung nicht den Begriffsbestimmungen für (u.a.) Ferrolegierungen entsprechen. Somit kommt es für die Ausweisung aus der Pos. 7204 KN allein auf die in der Anm. 1 c zu Kap. 72 KN beschriebene chemische Zusammensetzung der Rohblöcke an, also auf den Eisengehalt von mehr als 4 GHT und den Gehalt an anderen dort bezeichneten Elementen.
Warum der "Sinn und Zweck" der Tarifvorschriften dieser Auslegung nach ihrem Wortlaut entgegensteht und warum --neben der chemischen Zusammensetzung-- auch die übrigen in der Anm. 1 c zu Kap. 72 KN niedergelegten Merkmale einer Ferrolegierung vorliegen müssen, macht die Beschwerde nicht deutlich. Vielmehr erschiene es gänzlich unnötig, in einer Anmerkung zu einem Kapitel der KN darauf hinzuweisen, dass eine Ware dann nicht einer bestimmten Position der KN zuzuordnen ist, wenn sie in jeglicher Hinsicht der Beschreibung einer anderen Position entspricht. Dass ein aus eingeschmolzenen Metallen (Abfälle oder Schrott) gegossener Rohblock, der zugleich alle Voraussetzungen --nicht nur die chemische Zusammensetzung-- einer Ferrolegierung gemäß der Anm. 1 c zu Kap. 72 KN erfüllt, nicht in die Pos. 7204 KN, sondern in die Pos. 7202 KN einzureihen ist, folgt bereits aus der Allgemeinen Vorschrift 3 a Satz 1 für die Auslegung der KN, da die Pos. 7202 KN diejenige mit der genaueren Warenbezeichnung ist. Einer speziellen Regelung in einer Anmerkung zum Kap. 72 KN bedarf es insoweit nicht.
Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass Abfallblöcke aus Eisen oder Stahl, die (nur) in ihrer chemischen Zusammensetzung derjenigen von Ferrolegierungen der Anm. 1 c zu Kap. 72 KN entsprechen, nach der Anm. 1 g zu Kap. 72 KN nicht in die Pos. 7204 KN eingereiht werden können.
Der Senat wäre in einem künftigen Revisionsverfahren auch nicht gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften verpflichtet, die hier streitige Tarifierungsfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat bereits entschieden, dass es bei der Abgrenzung zwischen Abfallblöcken von legiertem Stahl und Ferrolegierungen auf die stoffliche Zusammensetzung, nicht aber auf solche Merkmale ankommt, die aus technischer oder wirtschaftlicher Sicht möglicherweise zur Definition des Begriffs "Ferrolegierungen" heranzuziehen sind (EuGH-Urteil vom 16. Dezember 1976 Rs. C-38/76, EuGHE 1976, 2027).
Mangels klärungsbedürftiger Tarifierungsfragen ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts nicht gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 1747335 |
BFH/NV 2007, 1379 |