Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollmachtloser Vertreter; rechtliches Gehör; zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
1. Der vollmachtlose Vertreter, dem die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, ist nicht befugt, im eigenen Namen Revision gegen das Urteil einzulegen.
2. Der gerügte Mangel der Verletzung rechtlichen Gehörs eröffnet nicht eine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 FGO.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 1, § 116 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) setzte dem für den Kläger und Revisionskläger zu 1 (Kläger) aufgetretenen Rechtsanwalt R, dem späteren Revisionskläger zu 2, im Klageverfahren gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen 1990 und 1991 und gegen die Umsatzsteuervorauszahlung für Januar 1993 durch Verfügung vom 9. Januar 1995 gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist zur Vorlage einer Prozeßvollmacht im Original mit ausschließender Wirkung bis zum 4. März 1995. Am 1. März 1995 begründeten die Rechtsanwälte und Steuerberater K die Klage und fügten eine vom Kläger auf sie ausgestellte Vollmacht bei. Das FG wies die Klage durch Urteil vom 29. August 1996 als unzulässig ab, weil die Vollmacht des R nicht im Original vorgelegt worden sei, und legte R die Kosten des Verfahrens als vollmachtlosem Vertreter auf.
Das Urteil wurde K am 15. Oktober 1996 zugestellt. Die Revision hatte das FG nicht zugelassen.
Mit einem am 16. Dezember 1996 beim FG eingegangenen Schriftsatz legte R "in eigenem Namen und im Namen des Klägers" gegen das Urteil des FG Revision ein. Zur Begründung wird darin ausgeführt, "das Urteil" enthalte "wesentliche Mängel des Verfahrens (§ 116 FGO)". Ihm, R, sei der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht mitgeteilt worden, er sei auch nicht beigeladen worden und habe deshalb nicht mit den Kosten des Verfahrens belastet werden dürfen. Das Urteil verletze außerdem den Anspruch auf rechtliches Gehör, weil das FG übersehen habe, daß das Büro K durch die innerhalb der Ausschlußfrist eingereichte Prozeßvollmacht, die der Kläger auf sie ausgestellt habe, die Klageerhebung durch ihn, R, genehmigt habe. Er, der Kläger, habe K mit Schreiben vom 6. Dezember 1996 das Mandat entzogen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind als unzulässig zu verwerfen.Ü
ber die Revisionen mehrerer Revisionskläger gegen dasselbe Urteil ist einheitlich zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --, vgl. Beschluß vom 21. Januar 1992 IX R 85/90, BFH/NV 1993, 375, m. w. N.).
a) Die Revisionen sind nicht statthaft.
Die Revision des Revisionsklägers zu 2 ist bereits deshalb nicht statthaft, weil der vollmachtlose Vertreter, dem die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, nicht befugt ist, im eigenen Namen Revision gegen das Urteil einzulegen (BFH-Beschluß vom 7. März 1995 X R 190/93, BFH/NV 1995, 919).
Im übrigen findet die Revision abweichend von § 115 Abs. 1 FGO nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat oder wenn ein Fall einer nach § 116 FGO zulassungsfreien Revision vorliegt (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Das FG hat die Revision nicht zugelassen und der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluß vom heutigen Tage als unzulässig verworfen.
Die Revision ist auch nicht nach § 116 Abs. 1 FGO wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels statthaft. Der gerügte Mangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs eröffnet eine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 FGO nicht. Andere in § 116 Abs. 1 FGO bezeichnete Verfahrensmängel haben die Revisionskläger nicht ordnungsgemäß gerügt.
b) Die Revision des Klägers zu 1 ist darüber hinaus unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist.
Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Die Frist begann (§ 54 Abs. 1, 2 FGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --, § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) mit der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils (§ 104 Abs. 1 Satz 2 FGO) am 15. Oktober 1996 an den durch schriftliche Vollmacht ausgewiesenen Bevollmächtigten (K) des Klägers (§ 62 Abs. 3 Satz 5 FGO) und endete am 15. November 1996 (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Der Fristbeginn wird durch den Widerruf der Vollmacht für K nicht berührt, weil dieser erst mit Zugang der Widerrufserklärung bei dem FG am 16. Dezember 1996 wirksam wurde (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichts ordnung, 16. Aufl., § 62 FGO Rz. 17, m. w. N.). Die am 16. Dezember 1996 beim FG eingegangene Revision ist danach verspätet erhoben worden.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1, 2 FGO) sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Fundstellen