Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlichte Rechtswidrigkeit des FG-Urteils führt nicht zur Zulassung der Revision; Rüge verzichtbarer Verfahrensmängel (hier Zeugenvernehmung); erstinstanzliche Gerichte nicht zur Vorlage an den EuGH verpflichtet; Auslegung von Durchsuchungsanordnungen
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 30a; EG Art. 234 Abs. 2, Art. 56
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 13.03.2003; Aktenzeichen 13 K 1766/01) |
Nachgehend
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.
1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich halten, entspricht ihre Begründung nicht den vom Gesetz gestellten Anforderungen.
Nach § 116 Abs. 3 FGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Stützt sich die Nichtzulassungsbeschwerde darauf, das Finanzgericht (FG) sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, müssen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rdnr. 42). Daran hat der BFH auch nach der 2.FGO-Änderungsnovelle festgehalten. Der gegenteiligen Auffassung von Tipke/Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Tz. 46 ff., 52), auf die sich die Kläger berufen, ist er nicht gefolgt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. April 2003 X B 62/02, BFH/NV 2003, 1087; vom 3. Februar 2003 I B 27/02, BFH/NV 2003, 1057).
Die Ausführungen der Kläger beschränken sich insoweit im Wesentlichen darauf, die Unrichtigkeit der Vorentscheidung, insbesondere eine unzulängliche Rechtsfindung des FG zu beanstanden. Wie dem abschließenden Katalog der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO zu entnehmen ist, kann eine schlichte Rechtswidrigkeit des FG-Urteils jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen. Es liegt auch kein Fall der offenkundigen objektiven Willkürentscheidung vor (vgl. hierzu z.B. auch BFH-Beschlüsse vom 20. Januar 2003 III B 63/02, BFH/NV 2003, 644; vom 21. März 2003 VII B 197/02, BFH/NV 2003, 1103; vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen:
a) Soweit die Kläger mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) rügen, weil das FG zur Frage der rechtmäßigen Unterzeichnung der Durchsuchungsbeschlüsse durch den Richter am Amtsgericht die von den Klägern benannten Zeugen nicht vernommen habe, ist die Rüge nicht in der gebotenen Form erhoben worden. Insbesondere fehlen die genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl, in dem die Beweismittel benannt worden sind, wie auch --da es sich insoweit um einen verzichtbaren Mangel handelt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 100 ff.)-- der Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt worden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rdnr. 69, m.w.N.). Zwar hat im Streitfall das FG in seinem Urteil begründet, weshalb es von der Erhebung des beantragten Zeugenbeweises abgesehen hat, so dass grundsätzlich die schlichte Rüge der Nichtvernehmung zur Bezeichnung der den angeblichen Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen genügt. Diese Begründungserleichterung hat aber nicht zur Folge, dass in der Beschwerdeschrift auch auf Ausführungen zum Nichteintritt des Rügeverlustes verzichtet werden könnte (BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).
b) Soweit die Kläger Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) rügen, ist die Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet.
Die Annahme des FG, auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse liege es durchaus im Bereich des Möglichen, dass die Überweisungen auf das inländische Konto des Klägers nicht von dessen Konto Nr. … bei der X-Bank in Luxemburg, sondern von einem anderen Konto herrührten, verstößt nicht gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen. Mit dieser Schlussfolgerung mussten die Kläger rechnen, nachdem --so die nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG-- in den Jahren 1991 bis 1994 aus Luxemburg auf ein inländisches Konto insgesamt … DM in vier Teilbeträgen überwiesen worden waren. Sie mussten ferner damit rechnen, dass das FG ihrer Behauptung, es habe sich insoweit um einen Lotteriegewinn, ein Darlehen und/ oder eine Erbschaft gehandelt, ohne überzeugende Nachweise nicht folgen würde. Unter diesen Umständen konnten die Kläger auch nicht darauf vertrauen, dass das FG "verschleierte" Konten des bzw. der Kläger in Luxemburg allein auf Grund einer Bestätigung der X-Bank verneinen würde. Auch ist das FG nicht zu einem Rechtsgespräch über den Beweiswert einer Bankbestätigung verpflichtet (Gräber/Ruban, a.a.O., § 96 Rz. 32 a.E.).
c) Das FG hat auch nicht willkürlich seine Vorlagepflicht und damit § 119 Nr. 1 FGO verletzt. Nach Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) sind erstinstanzliche Gerichte nicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verpflichtet (BFH-Urteil vom 19. Juli 1994 VII R 107/93, BFHE 175, 192, BStBl II 1994, 875). Das gilt auch, wenn eine Zulassung des Rechtsmittels durch das oberste Gericht erforderlich ist (BFH-Beschluss vom 7. März 2003 VII B 282/02, juris STRE200350404, m.w.N.).
3. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Durchsuchungsanordnung, die in einem Strafverfahren gegen bereits bekannte und namentlich nicht bekannte Kunden einer Bank erlassen wird und auf Grund derer die Geschäftsräume der Bank untersucht werden dürfen, dahin gehend auszulegen ist, dass sie sich --zur Vermeidung eines Verstoßes gegen die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV)-- lediglich gegen diejenigen Bankkunden richtet, gegen die ein strafrechtlicher Anfangsverdacht besteht, weil sie ihre Geldgeschäfte in unüblicher oder zumindest ungewöhnlicher und damit nicht banktypischer Weise betrieben haben, ist nicht klärungsbedürftig. Der VIII. Senat des BFH hat sie im Beschluss vom 29. Januar 2002 VIII B 91/01 (BFH/NV 2002, 749) bejaht. Dass sich der VII. Senat des BFH im Beschluss vom 15. Juni 2001 VII B 11/00 (BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624) nicht ausdrücklich mit der Frage der einschränkenden Auslegung einer Durchsuchungsanordnung befasst hat, begründet keinen weiteren Klärungsbedarf.
4. Die nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist geltend gemachten Zulassungsgründe müssen unberücksichtigt bleiben (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rdnr. 22).
Die Entscheidung ergeht mit Kurzbegründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen