Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
Der Hinweis auf eine mögliche Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer und mit Einkommensteuer reicht im Hinblick auf die BFH-Rechtsprechung, wonach sich Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer und Einkommensteuer einander grundsätzlich nicht ausschließen, zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
. . .
1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die von ihm behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf die materiell-rechtliche Frage der zutreffenden Anwendung des § 7 des Erbschaftsteuergesetzes 1974 (ErbStG) stützt, entspricht die Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil die Klärung der Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605, m.w.N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Der Kläger setzt sich vielmehr in der Art einer Revisionsbegründung mit der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) auseinander und macht die unzutreffende Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr.1 und Abs. 6 ErbStG sowie der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen geltend. Mit der Rüge, das FG habe unter Nichtbeachtung des Urteils des BFH vom 2. Juli 1971 III R 72/70 (BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678) die Differenz (Mehrwert) zwischen dem Einheitswert des Betriebsvermögens und der Summe der Kapitalkonten der Gesellschafter zu Unrecht nach Gewinn- und Verlustverteilungsvorschriften aufgeteilt, da die Differenz ,,nicht den Charakter von Gewinn und Verlust, sondern den Charakter eines Vermögensbestandes" habe, wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache für die Allgemeinheit nicht dargelegt, vielmehr nur die rechtliche Würdigung des FG im Streitfall in Frage gestellt.
2. Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache damit begründet, daß die schenkungsteuerliche Erfassung des nach dem Gewinn- und Verlustanteil errechneten Mehrwerts Art.14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) widerspreche, da im Falle der Aufdeckung stiller Reserven Einkommensteuer anfalle, ist die Beschwerde unbegründet. Denn diese Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt. Dieser hat bereits mehrfach entschieden, daß sich Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer und Einkommensteuer einander grundsätzlich nicht ausschließen (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 1963 VI 353, 354/62 U, BFHE 77, 438; vom 22.Dezember 1976 II R 58/67, BFHE 121, 487, BStBl II 1977, 420). Eine mögliche künftige Belastung des Klägers mit Einkommensteuer kann bei der Bewertung der aufgrund der Schenkung eintretenden Bereicherung nicht berücksichtigt werden. Die mögliche künftige Einkommensteuer trifft den Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Empfänger der Schenkung, sondern nach Maßgabe seiner persönlichen Verhältnisse und seines Einkommens. Schenkungsteuer und Einkommensteuer liegen auf verschiedenen Ebenen und sind daher grundsätzlich nicht ,,saldierfähig" (vgl. BFH-Urteil zur Erbschaftsteuer vom 26. November 1986 II R 190/81, BFHE 148, 324, BStBl II 1987, 175). Im übrigen wäre die Klärung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht zu erwarten, da die Entscheidung nicht von dieser Rechtsfrage abhängt. Denn die Frage der Doppelbelastung mit Schenkungsteuer und Einkommensteuer stellt sich im Streitfall (noch) nicht. Ob und in welcher Höhe bei einer späteren Auflösung stiller Reserven überhaupt Einkommensteuer anfällt, ist aus der Sicht des für die Schenkungsteuer maßgebenden Stichtags (§ 11 ErbStG) offen.
Auch soweit der Kläger geltend macht, daß im Gegensatz zur Doppelbelastung von Betriebsvermögen mit Schenkungsteuer und Einkommensteuer bei Privatvermögen (z.B. bei einer ,,Gesamthandsgesellschaft mit Privatvermögen") keine Doppelbelastung eintrete und dadurch der Gleichheitssatz (Art.3 GG) verletzt werde, ist die Beschwerde unbegründet. Die fehlende Doppelbelastung von Privatvermögen mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer beruht darauf, daß die im Privatvermögen enthaltenen stillen Reserven - im Gegensatz zu den im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven - nur unter den Voraussetzungen des § 23 des Einkommensteuergesetzes erfaßt werden. Diese Differenzierung verstößt jedoch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art.3 Abs. 1 GG (s. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 1969 2 BvL 20/65, BVerfGE 26, 302, BStBl II 1970, 156).
Im übrigen wäre die Klärung dieser Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht zu erwarten, sondern erst anläßlich eines Rechtsbehelfsverfahrens wegen künftig möglicherweise anfallender Einkommensteuer.
Fundstellen
Haufe-Index 418657 |
BFH/NV 1993, 371 |