Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung
Leitsatz (NV)
1. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung auch dann vorliegt, wenn sich die Gewinnänderung im Rahmen der Bilanzberichtigung aus der Nicht- oder fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen und Einlagen ergibt (BFH-Urteile vom 31. Mai 2007 IV R 25/06, BFH/NV 2007, 2086 und IV R 54/05, BFH/NV 2007, 1973).
2. Für die Änderungsbefugnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist grundsätzlich an die gewinnwirksame Änderung der Bilanzposten und damit an die zutreffenden Schlussbilanzwerte anzuknüpfen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 26.10.2006; Aktenzeichen 8 K 2700/04 E) |
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2005 IV B 62/04, BFH/NV 2006, 543, unter 1. der Gründe; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).
Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen, so dass Unsicherheit in der Beantwortung der Rechtsfrage besteht (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2004 IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783, unter 1.b der Gründe; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).
a) Die von dem Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch zulässig sei, soweit die Änderung des Gewinns nicht auf einer Korrektur des Ansatzes von Wirtschaftsgütern beziehungsweise Rechnungsabgrenzungsposten beruhe und deshalb eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht gegeben sei, ist danach nicht mehr klärungsbedürftig. Dem FA geht es, wie sich den Verweisen auf die weiteren anhängigen Revisionen beim BFH zu entnehmen ist, entgegen der allgemein gehaltenen Formulierung der Rechtsfrage primär um die Klärung der Frage, ob eine Bilanzänderung auch im Hinblick auf eine entnahmebedingte Gewinnänderung zulässig ist, obwohl diese keinen Einfluss auf den Bilanzposten Kapital hat. Die so verstandene Rechtsfrage ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung jedoch bereits hinreichend geklärt. Die Darlegungen des FA lassen eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH nicht erforderlich erscheinen.
Der erkennende Senat hat mit Urteilen vom 31. Mai 2007 IV R 25/06 (BFH/NV 2007, 2086) und IV R 54/05 (BFH/NV 2007, 1973) entschieden, dass der Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung auch dann vorliegt, wenn sich die Gewinnänderung im Rahmen der Bilanzberichtigung aus der Nicht- oder fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen und Einlagen ergibt. Denn in diesen Fällen wird eine sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ergebende und der Ermittlung des Gewinns dienende Position des Eigenkapitals verändert. Das Eigenkapital stellt einen Bilanzposten dar, welcher sich aus verschiedenen Teilbeträgen bzw. Eigenkapitalposten zusammensetzt. Die Veränderung bei den Einlagen und Entnahmen wirkt sich zwar wegen der damit gleichzeitig verbundenen Gewinnerhöhung oder -minderung per Saldo nicht auf die Höhe des Eigenkapitals aus. Gleichwohl wird durch die Veränderung der einzelnen Teilbeträge des Kapitals bzw. der Eigenkapitalposten die Zusammensetzung des Eigenkapitals geändert. Die damit einhergehende Veränderung des Gewinns i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG rechtfertigt deshalb die Annahme, dass auch die per Saldo ergebnisneutrale Änderung der Eigenkapitalposten eine Berichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellt.
b) Den vorgenannten Entscheidungen des Senats ist zudem ebenso zu entnehmen, dass für die Änderungsbefugnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich an die gewinnwirksame Änderung der Bilanzposten und damit an die zutreffenden Schlussbilanzwerte anzuknüpfen ist. Die von dem FA des Weiteren aufgeworfene Rechtsfrage, ob hinsichtlich des Änderungsrahmens des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nur auf die Werte der berichtigten Schlussbilanz abzustellen sei, oder, wie vom Finanzgericht (FG) entschieden, diese nur als Zusammenfassung aller Geschäftsvorfälle anzusehen sei, bedarf daher ebenfalls keiner Klärung mehr.
Angesichts dessen konnte der Senat dahinstehen lassen, ob das FG, wie das FA meint, den Änderungsrahmen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG tatsächlich nicht auf die Schlussbilanzwerte bezogen, es die Bilanzposten vielmehr als Zusammenfassung aller Geschäftsvorfälle angesehen hat. Die Formulierungen des FG, zur Korrektur des fehlerhaft unterlassenen Bilanzansatzes gehörten nicht nur die Ein- und Ausbuchung des Buchwertes, sondern auch die Einbuchung der Wertzugänge im betrieblichen Aktivvermögen beim Veräußerungsvorgang, die mit der Gewinnrealisierung einhergingen, deuten vielmehr darauf hin, dass das FG damit auf die zutreffende Bilanzierung der gesamten Geschäftsvorgänge "Verkauf betrieblicher Grundstücke" hinweisen wollte, die das FA ersichtlich nur auf die Ein- und Ausbuchung des Buchwertes der veräußerten betrieblichen Grundstücke reduziert hatte. Zutreffend hätte es insoweit nämlich zunächst der gewinnwirksamen Erfassung betrieblicher Forderungen und gleichzeitig der gewinnwirksamen Ausbuchung der Buchwerte der Grundstücke bedurft. Die anschließende Zahlung der Kaufpreise hätte durch die Ausbuchung der jeweiligen Forderung gegen Bank oder Kasse erfolgen müssen. Soweit die Veräußerungserlöse nicht in das Betriebsvermögen gelangt sind, wovon die Beteiligten ersichtlich ausgegangen sind, wären entsprechende Entnahmen zu buchen gewesen, die jedenfalls im Ergebnis den Bilanzposten Kapital nicht verändert hätten.
2. Der Erlass der Änderungsbescheide vom 24. Januar 2007 für die Streitjahre 1999 und 2000 führt nicht zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 127 FGO entsprechend; vgl. insoweit auch den BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566, m.w.N.). Es ist von den Klägern und Beschwerdegegnern nicht geltend gemacht und für den Senat auch nicht ersichtlich, dass die Bescheide im Vergleich zu den durch sie geänderten eine zusätzliche Belastung enthielten.
Fundstellen
Haufe-Index 1859493 |
BFH/NV 2008, 353 |