Leitsatz (amtlich)
Erledigt sich das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO dadurch, daß die Verwaltung die Vollziehung aussetzt, so erhält der Rechtsberater in diesem gerichtlichen Verfahren nicht eine Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGebO.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3; BRAGO § 24
Tatbestand
Mit Bescheid vom 27. Mai 1966 erhob das Zollamt (ZA) von der Steuerpflichtigen … DM Eingangsabgaben. Gegen diesen Bescheid legte die Steuerpflichtige mit Schreiben vom 3. Juni 1966 Einspruch ein. Gleichzeitig beantragte sie, die Vollziehung auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das Hauptzollamt (HZA) mit Verfügung vom 26. Juli 1966 ab. Die Steuerpflichtige legte dagegen am 29. Juli 1966 Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 8. September 1966 beantragte sie beim FG, die Vollziehung des Nacherhebungsbescheids auszusetzen. Zu diesem Zeitpunkt war über die Beschwerde gegen die ablehnende Verfügung des HZA noch nicht entschieden.
Auf Weisung der OFD setzte das HZA die Vollziehung des Nacherhebungsbescheids mit Verfügung vom 7. Oktober 1966 aus. Daraufhin erklärte die Steuerpflichtige in dem Verfahren vor dem FG die Hauptsache für erledigt. Gleichzeitig beantragte sie, dem HZA die Kosten des Aussetzungsverfahrens aufzuerlegen. Diesem Antrag entsprach das FG durch Beschluß vom 17. Januar 1967.
Mit Schreiben vom 6. Februar 1967 beantragte die Steuerpflichtige, die Kosten festzusetzen. Dabei bat sie insbesondere um Festsetzung einer Erledigungsgebühr nach § 24 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) in Höhe von 155 DM. In dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 10. Februar 1967 lehnte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des FG die Festsetzung der Erledigungsgebühr ab. Die Steuerpflichtige legte dagegen Erinnerung ein. Diese wies das FG durch Beschluß zurück mit der Begründung, die Tätigkeit der Prozeßbevollmächtigten reiche für die Zuerkennung einer Erledigungsgebühr nicht aus. Das FG ließ gegen diesen Beschluß die Beschwerde zu. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsfrage, ob zur Mitwirkung im Sinne des § 24 BRAGebO eine besondere auf die Erledigung gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts erforderlich sei, sei grundsätzlicher Natur. Der BFH habe darüber seit Inkrafttreten. der FGO noch nicht entschieden.
Die Steuerpflichtige legte am 5. Juni 1967 Beschwerde ein mit der Begründung, das FG habe § 24 BRAGebO falsch ausgelegt. Ihre Prozeßbevollmächtigten hätten durch ihre Tätigkeit hinreichend zur Erledigung der Streitsache beigetragen.
Sie beantragte, den Beschluß vom 10. Februar 1967 aufzuheben und die erstattungsfähigen Kosten nach dem Antrag vom 6. Februar 1967 festzusetzen.
Das HZA beantragte, die Beschwerde abzuweisen mit der Begründung, für die Kostenfestsetzung könne nur die Tätigkeit der Prozeßbevollmächtigten in dem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung vor dem FG berücksichtigt werden. Die Tätigkeit in dem Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung müsse außer Betracht bleiben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Sie ist zwar gemäß §§ 148 Abs. 3, 149 Satz 2 FGO zulässig, aber nicht begründet.
Eine Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGebO kann nicht nach § 149 FGO in Verbindung mit § 139 Abs. 3 FGO festgesetzt werden, weil der Rechtsstreit vor dem FG über die Aussetzung der Vollziehung sich nicht durch Zurücknahme oder Änderung eines in diesem Verfahren angefochtenen Verwaltungsakts erledigt hat. Das war nicht möglich, weil die Steuerpflichtige eine gerichtliche Maßnahme nach § 69 Abs. 3 FGO angestrebt und sich in diesem Verfahren nicht gegen eine Verwaltungsmaßnahme, etwa gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung durch den Beschwerdegegner, gewandt hat.
Die Erledigung der Hauptsache ist vielmehr dadurch eingetreten, daß der Beschwerdegegner nach Anfechtung der zunächst ablehnenden Entscheidung die Vollziehung im Verwaltungsverfahren ausgesetzt, also einen Verwaltungsakt erlassen hat. In der Rechtsprechung und Literatur ist allerdings anerkannt, daß § 24 BRAGebO nicht nur bei Anfechtungsklagen, sondern auch bei Verpflichtungsklagen anzuwenden ist (Beschluß des BVerwG V C 41.59 vom 7. November 1963, BVerwGE 17, 117 [118]; Beschluß des OVG Lüneburg II OVG B 22/60 vom 24. Mai 1960, NJW 1960, 1782; Riedel-Corves-Sußbauer, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 2. Aufl., § 24 A. 12; Lauterbach, Kostengesetze, 15. Aufl., § 24 BRAGebO Anm. 2 B; Gerold-Schmidt, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 3. Aufl., § 24 Anm. 4). Daraus ist aber nicht zu folgern, daß diese Vorschrift auch bei dem Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO anzuwenden ist. Die Erledigungsgebühr ist nach dem Wortlaut des § 24 BRAGebO von dem Erfolg der Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts abhängig. Der zurückgenommene oder geänderte Verwaltungsakt muß also Gegenstand der Anfechtungsklage sein. Auch bei der Verpflichtungsklage hängt die Erledigungsgebühr davon ab, daß der erlassene Verwaltungsakt Gegenstand der Verpflichtungsklage war (Beschluß des OVG Lüneburg II OVG B 22/60, a. a. O.). Die Aussetzung der Vollziehung im Verwaltungsverfahren kann jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 69 Abs. 3 FGO sein, da dieses Verfahren ausschließlich auf eine gerichtliche Maßnahme gerichtet ist. Da ein prozessualer Zusammenhang zwischen der Aussetzung der Vollziehung im Verwaltungsverfahren und dem Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO fehlt, wird die Zuerkennung einer Erledigungsgebühr in den Fällen, in denen der Prozeßbevollmächtigte eine Aussetzung der Vollziehung durch die Verwaltung vor der Entscheidung über einen Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO erreicht, durch § 24 BRAGebO nicht mehr gedeckt. Der Gegenmeinung (Lauterbach, a. a. O., § 114 BRAGebO Anm. 6 B; Gerold-Schmidt, a. a. O., § 114 Anm. 14) kann nicht gefolgt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 557483 |
BStBl II 1968, 771 |
BFHE 1968, 262 |