Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen Ablehnung der Protokollberichtigung
Leitsatz (NV)
Eine Beschwerde, mit der ein Beteiligter die inhaltliche Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG begehrt, ist unzulässig. Die Abfassung der Sitzungsniederschrift (§§ 160 bis 162 ZPO) ist allein Sache des Instanzrichters und ggf. dessen Protokollführers. Hierbei handelt es sich um eine sog. unvertretbare Verfahrenshandlung. Die inhaltliche Richtigkeit des Protokollierten entzieht sich der Beurteilung durch das Beschwerdegericht.
Normenkette
FGO §§ 94, 128; ZPO §§ 160-162, 164 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Gemäß § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) steht den Beteiligten gegen Entscheidungen des Finanzgerichts (FG), des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) zu, soweit in der FGO nichts anderes bestimmt ist.
Nach § 94 FGO sind im finanzgerichtlichen Verfahren die für die Niederschrift geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung (ZPO) entsprechend anzuwenden. Gemäß § 164 Abs. 1 ZPO kann die Unrichtigkeit des Protokolls jederzeit durch den Vorsitzenden oder - sofern für die Protokollführung gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Urkundsbeamter zugezogen war - durch den Vorsitzenden und den Urkundsbeamten gemeinsam berichtigt werden.
Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Protokollberichtigung stets unzulässig ist (so z.B. BFH-Beschluß vom 17. März 1977 IV B 51/76, nicht veröffentlicht; Urteil des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 11. Dezember 1964 1 AZR 55/64, BAGE 17, 21, 25; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 14. Juli 1981 6 CB 77.79, Die öffentliche Verwaltung - DÖV - 1981, 840; Holtgrave, Der Betrieb - DB - 1975, 821, 824; Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 94, Rdnr. 21; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 94 FGO Rdnr. 20) oder ob sie ausnahmsweise zulässig ist, soweit der Beteiligte nicht die inhaltliche Unrichtigkeit des Protokolls rügt, sondern geltend macht, die Berichtigung sei zu Unrecht als unzulässig abgelehnt oder von hierzu Unbefugten vorgenommen worden oder die Berichtigung bzw. die Ablehnung leide an sonstigen Verfahrensmängeln (Beschluß des Oberlandesgerichts - OLG - Hamm vom 12. November 1982 26 W 19/82, Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR - 1983, 410; Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Juli 1981 3 C 81 A 1000, DÖV 1981, 766; Zöller/Stöber, Zivilprozeßordnung, Kommentar, 18. Aufl., § 164 Rdnr. 11; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl., § 105 Rdnr. 9; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 94 FGO, Erläuterungen zu § 164 ZPO). Unzulässig ist jedenfalls eine Beschwerde, mit der der Beteiligte - wie hier - eine inhaltliche Berichtigung des Protokolls begehrt. Die Abfassung der Sitzungsniederschrift (§§ 160 bis 162 ZPO) ist allein Sache des Instanzrichters und ggf. dessen Protokollführers. Hierbei handelt es sich um eine sog. unvertretbare Verfahrenshandlung. Die inhaltliche Richtigkeit des Protokollierten entzieht sich der Beurteilung durch das Beschwerdegericht. Abzulehnen ist daher die vom OLG Koblenz (Beschluß vom 26. Februar 1986 8 W 121/86, MDR 1986, 593) vertretene Auffassung, wonach die Beschwerde bereits deshalb statthaft sei, weil mit der Ablehnung der Berichtigung ein das Verfahren betreffendes Gesuch abgewiesen werde (ebenso BFH-Beschluß vom 23. November 1988 X B 1/88, BFH/NV 1989, 643, 644; Kopp, a.a.O., § 105 Rdnr. 9, m.w.N.; Zöller/Stöber, a.a.O., § 164 Rdnr. 11, m.w.N.). Diese Ansicht widerspricht dem in anderen Vorschriften über den Verlauf der mündlichen Verhandlung (vgl. z.B. § 108 FGO; § 160 Abs. 4 ZPO) ausgesprochenen Grundsatz der Unanfechtbarkeit von Entscheidungen, für deren Überprüfung dem Rechtsmittelgericht keine Unterlagen zur Verfügung stehen, aus denen sich die Richtigkeit oder Unrichtigkeit ergibt (BFH-Beschluß in BFH/NV 1989, 643, 644, m.w.N.). Es ist im übrigen nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, die Beweiskraft des Protokolls (§ 165 ZPO) zu ändern, solange nicht eine Protokollfälschung erwiesen ist (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 164 Rdnr. 11, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 419505 |
BFH/NV 1994, 388 |