Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreie Leistungen in Altenpflegeheim
Leitsatz (NV)
Wenn nach §4 Nr. 16 UStG steuerfreie Pflegeleistungen in einem Altenpflegeheim auch die Wohnraumüberlassung einschließen, kann insoweit nicht auf die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung verzichtet werden.
Normenkette
UStG 1991 § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 12 Buchst. a, Nr. 16
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte der ... -GmbH (GmbH) ein Grundstück verpachtet, auf dem ein Seniorenpflegeheim der GmbH betrieben wurde. Er war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Auf die Steuerbefreiung für Umsätze durch Grundstücksverpachtung an die GmbH hatte er verzichtet.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) setzte die Umsatzsteuer in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1992 auf 0 DM fest. Das FA nahm nach einer Umsatzsteuerprüfung an, daß der Kläger als Organträger mit der GmbH als Organgesellschaft organschaftlich nach §2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991) verbunden sei. Das FA versagte den Abzug von Steuerbeträgen als Vorsteuern in der Steuerfestsetzung gegen den Kläger als Organträger, weil er Leistungsbezüge aus dem Erwerb des Pflegeheims für die ihm zugerechneten steuerfreien Umsätze der Organgesellschaft nach §4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1991 und §4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991 verwendet habe.
Den Einspruch wies das FA zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Beurteilung des Vorsteuerabzugs in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid. Es führte u. a. aus, der begehrte Vorsteuerabzug sei ausgeschlossen, weil der Kläger die Vorbezüge zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen nach §4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1991 oder nach §4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991 verwendet habe. Es bestehe zwischen dem Kläger und der GmbH ein Organschaftsverhältnis, so daß die Vorbezüge des Klägers den Umsätzen, die er mit Hilfe seiner Organgesellschaft in dem Pflegeheim ausführe, wirtschaftlich zuzurechnen seien. Bei diesen Umsätzen handele es sich um steuerfreie Umsätze nach §4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991, auf deren Steuerfreiheit nicht nach §9 Abs. 1 UStG 1991 verzichtet werden könne.
Es könne dahinstehen, ob die pflegerische Betreuung und Versorgung der Heiminsassen durch die GmbH die Raumüberlassung an sie überlagere oder ob diesem Personenkreis neben der pflegerischen Betreuung und Versorgung zusätzlich durch gemischten Vertrag eine Raumüberlassungsleistung erbracht worden sei.
Zur Abgrenzung wies das FG u. a. auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. April 1993 XI R 55/90 (BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266) hin und führte weiter aus: Die Raumüberlassung an die Heimbewohner sei in dem zuletzt genannten Fall steuerfrei und vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen gewesen; denn ein Verzicht auf die Steuerbefreiung dieser an Nichtunternehmer ausgeführten Umsätze wäre nicht wirksam gewesen.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger u. a. geltend, das Urteil des FG stehe im Widerspruch zu dem Urteil des BFH in BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266. Darin habe der BFH entschieden, daß der Vermieter eines Altenpflegeheims wirksam auf die Steuerbefreiung des Vermietungsumsatzes verzichten könne, wenn er den Heiminsassen einzelne Räume im Rahmen des Pflegeheimvertrages bereitstelle. Wenn der Schwerpunkt des Altenpflegeheimvertrages nicht in der Wohnraumüberlassung liege, führe der Unternehmer steuerpflichtige, zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze aus. Damit sei die Vorentscheidung unvereinbar.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger hat eine Abweichung von der Entscheidung des BFH in BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266 in der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Form (§115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) nicht dargelegt oder bezeichnet.
Nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß der Beschwerdeführer abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus divergenzfähigen Entscheidungen des BFH so genau bezeichnen, daß eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Der Kläger aber bezeichnet keine Abweichung, sondern behauptet sie nur.
Er hat nicht berücksichtigt, daß das FG die Leistungen der GmbH in dem Altenpflegeheim, die dem Kläger als Organträger zuzurechnen sind, in erster Linie als steuerfreie Umsätze eines Altenpflegeheimes nach §4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991 beurteilt hat. Das FG ist -- wie der Kläger -- dabei auch davon ausgegangen -- ohne daß dies abschließend zu entscheiden war --, daß die Pflegeleistungen die Wohnraumüberlassung verdrängen. Die Pflegeleistungen sind unter diesen Voraussetzungen steuerfrei, wenn die Bedingungen der bezeichneten Steuerbefreiungsvorschrift, die nicht verzichtbar ist, erfüllt werden.
Das FG ist nicht von der Entscheidung des BFH in BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266 abgewichen, weil bei den in der bezeichneten Entscheidung zu beurteilenden Umsätzen die Voraussetzungen von §4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991 offensichtlich nicht erfüllt waren.
Fundstellen
Haufe-Index 66837 |
BFH/NV 1998, 500 |