Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfortbildung: Regelmäßige Arbeitsstätte
Leitsatz (NV)
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine regelmäßige Arbeitsstätte anzunehmen ist und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. zur Anwendung kommt, ist im Wesentlichen geklärt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 08.05.2008; Aktenzeichen 11 K 4051/04) |
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat --bei erheblichen Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nicht gegeben.
1. Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG a.F.) ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht (Senatsurteile vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074; vom 11. Mai 2005 VI R 25/04, BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791, und VI R 16/04, BFHE 209, 518, BStBl II 2005, 789; vom 10. Juli 2008 VI R 21/07, BFH/NV 2008, 1923, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Die Beurteilung des Betriebssitzes des Arbeitgebers als regelmäßige Arbeitsstätte ist damit nicht von der Intensität und der Dauer der dort ausgeübten beruflichen Tätigkeit abhängig (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Februar 1994 VI R 109/89, BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422; in BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791). Entscheidend ist vielmehr, ob der Betriebssitz durch das wiederholte Anfahren des Arbeitnehmers eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten erlangt (BFH-Urteile vom 11. Mai 2005 VI R 15/04, BFHE 209, 515, BStBl II 2005, 788; in BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791). Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt hierbei nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers täglich aufsucht, um dort Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 209, 515, BStBl II 2005, 788, m.w.N.). Sie kann auch in den Fällen anzunehmen sein, in denen der Arbeitnehmer die Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers regelmäßig an einem Tag in der Woche durchführt (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 2008 VI R 85/04, BStBl II 2008, 887).
Ein Arbeitnehmer kann auch mehrere Arbeitsstätten innehaben, wenn er sie nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht (BFH-Urteil in BFHE 209, 515, BStBl II 2005, 788).
Angesichts dessen ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine regelmäßige Arbeitsstätte anzunehmen ist und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. zur Anwendung kommt, im Wesentlichen geklärt.
Die Vorinstanz ist in der angefochtenen Entscheidung von den vorgenannten Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Das Finanzgericht (FG) ist in tatrichterlicher Würdigung zu dem Schluss gekommen, dass die Sitzungsorte des Haupt- und Bezirkspersonalrats keine (weiteren) regelmäßigen Arbeitsstätten darstellten.
Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen der Kläger werfen demgegenüber keine neuen, fallübergreifenden Rechtsfragen auf, die im allgemeinen Interesse noch der Klärung durch den BFH bedürften. Es sind im Streitfall keine neuen, insbesondere von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Aspekte erkennbar, die eine erneute revisionsrechtliche Prüfung geboten erscheinen lassen.
Im Kern richtet sich das Vorbringen der Kläger gegen die vom FG vorgenommene Tatsachenwürdigung und betrifft damit einen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigenden vermeintlichen materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung.
2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, ein anderes FG oder ein anderes oberstes Bundesgericht. Das abweichende Gericht muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschlüsse vom 6. November 2007 VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216; vom 12. Oktober 2006 VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das angefochtene Urteil weicht von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Mai 2007 6 P 5/06 ersichtlich nicht ab. Weder sind die Sachverhalte noch die jeweils entscheidungserheblichen Rechtsfragen vergleichbar.
Fundstellen