Entscheidungsstichwort (Thema)

Tatsachen- und Beweiswürdigung gehört zum materiellen Recht

 

Leitsatz (NV)

Die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen.

 

Normenkette

FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Berlin (Urteil vom 24.08.2005; Aktenzeichen 6 K 6037/03)

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Ausdrücklich berufen hat sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf keinen der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe. Im Wege der Auslegung lässt sich sein Vorbringen in der Beschwerdebegründung, das Finanzgericht (FG) habe die im Urteil aufgeführte Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) und die darin enthaltene Rechtsauffassung fehlerhaft auf den Streitfall angewendet, als Rüge der Divergenz zu Entscheidungen des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) werten. Mit seinem weiteren Vorbringen, das FG habe die Sach- und Rechtslage ungenügend geprüft, macht er einen Verfahrensfehler (Sachaufklärungsrüge - § 76 Abs. 1 FGO) geltend.

2. Der Kläger hat die Abweichung der FG-Entscheidung von dem BFH-Urteil nicht schlüssig dargelegt, weil er weder einen bestimmten abstrakten und tragenden Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil noch einen solchen aus der (vorgeblichen) Divergenzentscheidung des BFH herausgearbeitet hat. Er vermochte daher nicht kenntlich zu machen, in welcher (konkreten) rechtlichen Aussage das FG von dem zitierten BFH-Urteil abgewichen sein soll.

3. Auch die vom Kläger erhobene Sachaufklärungsrüge genügt nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, weil er nicht substantiiert vorgetragen hat,

- welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen,

- warum er --sofern er, wie hier, auch im FG-Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war-- nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat und sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen und

- inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 1998 VIII B 56/98, BFH/NV 1999, 804, und vom 14. Mai 2003 X B 182/01, juris Nr: STRE200350622; vgl. ferner z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 70; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozess, Rz. 228).

4. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich im Kern in der Kritik, dass das FG den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt habe. Damit kann jedoch ein Verfahrensmangel grundsätzlich nicht begründet werden; denn die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (vgl. hierzu die Nachweise der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1496788

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