Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgsaussichten eines PKH-Antrages bei kumulativer Begründung; Zeitpunkt der Entscheidung
Leitsatz (NV)
1. Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines PKH-Antrages soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dies an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen.
2. Bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Eintritts des angestrebten Erfolges muss berücksichtigt werden, dass der Zweck der PKH darin besteht, eine möglichst weit gehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu gewährleisten und damit den Gleichheitsgrundsatz und dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung zu tragen.
3. Deshalb dürfen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels keine zu großen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere dürfen keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- oder Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist.
4. Wenn auch die Bewilligung von PKH regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, so sind gleichwohl für die Beurteilung der Erfolgsaussichten die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag maßgebend.
5. Ist das Ziel der Rechtsverfolgung die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und ist dieses Rechtsmittel bereits durch einen beim BFH vertretungsberechtigten Bevollmächtigten fristgerecht eingelegt und begründet worden, so erstreckt sich die gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten auch auf die Beschwerdebegründung.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; GKG § 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2; ZPO §§ 114, 118 Abs. 1 Sätze 4-5
Tatbestand
I. Die Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) wurden im Streitjahr 1991 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller erklärte ab 1989 als Diplom-Kaufmann und Diplom-Volkswirt Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Unternehmensberater. Er trat unter der Bezeichnung "X & Partner" auf.
1991 ging er von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögensvergleich über. In seiner Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1991 wies er unter dem Anlagevermögen eine Position "Anteile an verbundenen Unternehmen" mit einem Betrag von … DM aus. Dabei handelt es sich um eine Beteiligung an der Z-GmbH (GmbH) im Nennwert von 4,5 Mio. DM (= 90 % des Stammkapitals), die der Antragsteller mit notariellem Vertrag vom 20. Dezember 1990 zum Kaufpreis von 1 DM erworben hatte.
Der Antragsteller sowie die weitere Gesellschafterin trafen gleichzeitig mit mehreren Banken eine Sanierungsvereinbarung für die aufgrund laufender Verluste in einer schwierigen finanziellen Lage befindliche Gesellschaft. Danach hatte der Antragsteller eine nicht rückzahlbare Einlage in das Gesellschaftsvermögen der GmbH von insgesamt … DM zu leisten.
Mit notariellem Vertrag vom 25. Juli 1991 erwarb der Antragsteller von einer Fa. B+P Anteile an der GmbH im Nennwert von 875 000 DM zum Preis von 735 000 DM. Ausweislich der Urkunde handelte es sich um vom Antragsteller am 20. Dezember 1990 zwar im eigenen Namen erworbene, indes im Nennwert von 1 Mio. DM aufgrund eines am 14. Dezember 1990 erteilten Treuhandauftrages nur treuhänderisch für die B+P gehaltene Anteile. Das Treuhandverhältnis wurde insoweit aufgehoben.
Die Antragsteller machten mit ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1991 bei den Einkünften des Antragstellers aus selbständiger Arbeit eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der GmbH in Höhe von … DM geltend und ebenso in gleicher Höhe auch im Rahmen ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1992. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), anerkannte die Teilwertabschreibung nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gelangte zu dem Ergebnis, die Beteiligung sei kein gewillkürtes Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Antragstellers geworden. Zum einen sei sie objektiv nicht geeignet gewesen, den Unternehmenszweck, nämlich die Unternehmensberatung, zu fördern. Auch fehlten objektive Beweisanzeichen für einen Erwerb der Beteiligung im Rahmen seiner Betätigung als (freiberuflicher) Unternehmensberater. Zum anderen handele es sich bei dem Erwerb der Beteiligung an einer sanierungsbedürftigen Gesellschaft um ein Risikogeschäft. Es liege ein Erwerb eines betriebsschädlichen Wirtschaftsgutes vor, weil im Zeitpunkt der Widmung erkennbar gewesen sei, dass dieses nur Verluste bringen werde.
Mit der vom Prozessvertreter fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (Az. VIII B 110/07) machen die Antragsteller Verfahrensmängel, nämlich die Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie der Amtsermittlungspflicht, geltend.
Das FG habe überdies eine Qualifizierung der Tätigkeit als gewerblich nicht ausgeschlossen, dies indes nicht abschließend materiell-rechtlich geprüft. Im Falle der Gewerblichkeit wäre es auf den Widmungsakt nicht angekommen und die Teilwertabschreibung hätte nicht versagt werden dürfen. Ebenso wenig wäre es auf den Gesichtspunkt des Risikogeschäftes bzw. die Annahme eines betriebsschädlichen Wirtschaftsgutes angekommen.
Zugleich haben die Antragsteller beantragt, ihnen für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und den Prozessvertreter beizuordnen.
Außerdem haben die Antragsteller Erklärungen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 26. August 2007 eingereicht.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist abzulehnen.
Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll zwar nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dies an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist indes nur gegeben, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers zum Erfolg führen kann. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.
Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss berücksichtigt werden, dass der Zweck der PKH darin besteht, eine möglichst weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu gewährleisten und damit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG Rechnung zu tragen. Deshalb dürfen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels keine zu großen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere dürfen im PKH-Verfahren keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- oder Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist.
Wenn auch die Bewilligung von PKH regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, so sind gleichwohl für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag maßgebend.
Im Streitfall hat die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde VIII B 110/07 jedoch auch bei der gebotenen überschlägigen Prüfung und unter Berücksichtigung der vorgenannten verfassungsrechtlichen Maßstäbe keine Aussicht auf Erfolg, weil sie bereits unzulässig ist.
Ist --wie im Streitfall-- das Ziel der Rechtsverfolgung die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und ist dieses Rechtsmittel bereits durch eine vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Vertretung berechtigte Person als Bevollmächtigten fristgerecht eingelegt und begründet worden, so erstreckt sich die gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten durch den BFH auch auf die Beschwerdebegründung (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII S 6/05 (PKH), BFH/NV 2006, 801, m.umf.N.).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Antragsteller die Verfahrensmängel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 96 Abs. 2 und § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hinreichend substantiiert dargetan haben. Bei einer sog. kumulativen Begründung, von der jede für sich das Ergebnis des angefochtenen Urteils trägt, muss mindestens für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund schlüssig dargetan werden (vgl. BFH-Beschluss vom 27. März 2007 VIII B 25/06, juris, m.w.N.).
Die fachkundig vertretenen Antragsteller haben indes hinsichtlich der Begründung des FG, es liege ein Risikogeschäft und der Erwerb eines betriebsschädlichen Wirtschaftsgutes vor, keine Zulassungsgründe hinreichend substantiiert dargelegt.
Der Senat hat deshalb die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom gleichen Tage unter Az. VIII B 110/07 als unzulässig verworfen.
Fundstellen
Haufe-Index 1930300 |
BFH/NV 2008, 591 |