Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff der Unterhaltsleistungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Leitsatz (NV)
Eine Unterhaltsleistung im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt nur dann vor, wenn die Aufwendungen für Zwecke des Unterhalts gemacht worden sind.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) lebte nach seinen Angaben in der Einkommensteuererklärung 1984 seit 1983 von seiner Ehefrau getrennt. Die Ehe ist seit Oktober 1985 geschieden. In seiner Einkommensteuererklärung 1984 machte er Unterhaltsaufwendungen an seine Ehefrau von 3 600 DM als außergewöhnliche Belastung geltend, die das Finanzamt (FA) in dem Einkommensteuerbescheid 1984 entsprechend berücksichtigte. Gleichzeitig erließ das FA einen Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid für 1986, in dem es die Vorauszahlungen anhand der Besteuerungsgrundlagen für 1984 berechnete. Im Einspruchsverfahren beantragte der Beschwerdeführer, die Zahlungen an die geschiedene Ehefrau nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, sondern im Rahmen des sog. Realsplittings mit 9 000 DM als Sonderausgaben anzuerkennen. Nach seinem Vorbringen hat der Kläger sich im Scheidungsverfahren verpflichtet, gemeinsame Schulden von ihm und seiner Ehefrau allein zu tilgen. Es handele sich hierbei um Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie einem Möbelhaus. Als Gegenleistung habe die Ehefrau auf weitere, ihr zustehende Unterhaltszahlungen verzichtet. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Tilgung dieser Schulden sei den Unterhaltsaufwendungen gleichzusetzen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren beantragte der Beschwerdeführer, ihm Prozeßkostenhilfe zu gewähren. Das Finanzgericht (FG) hat diesen Antrag abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) biete.
Mit der Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein bisheriges Begehren weiter. Er macht insbesondere geltend, er hätte Unterhalt zahlen müssen, wenn er keine gemeinschaftlichen Kredite hätte zurückzahlen müssen. Nur mit Rücksicht auf die Tilgung der Kreditverbindlichkeiten habe er keinen Barunterhalt an seine Ehefrau zahlen müssen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß § 142 FGO i. V. m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe. Voraussetzung ist jedoch u. a., daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist dann der Fall, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen besteht (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Januar 1986 III B 63-64/85, BFH / NV 1988, 438). Das FG hat eine solche hinreichende Erfolgsaussicht zu Recht verneint.
Zwar sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Unterhaltsleistungen an den geschiedenen unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten Sonderausgaben. Unterhaltsleistungen i. S. dieser Vorschrift sind Zuwendungen, die zum Zweck des Unterhalts gemacht werden. Ob der Begriff des Unterhalts gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG enger ist als der i. S. von §§ 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. zur Auslegung des gleichen Begriffs in § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG BFH-Urteil vom 5. September 1980 VI R 75/80, BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31; zur übereinstimmenden Auslegung des Begriffs ,,Unterhalt" in beiden Steuervorschriften vgl. Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Randnote 23 e zu § 10), braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Erforderlich ist jedenfalls, daß die Aufwendungen für Zwecke des Unterhalts gemacht worden sind. An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch im Streitfall. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat er sich in seinem Scheidungsverfahren verpflichtet, gemeinsame Schulden allein zu tilgen. Er leistete damit die streitbefangenen Zahlungen auf Grund einer vermögensmäßigen Auseinandersetzung und nicht zum Zwecke des Unterhalts. Ob der Beschwerdeführer ohne das Vorhandensein der gemeinsamen Schulden zur Zahlung einer Unterhaltsrente an seine frühere Ehefrau verpflichtet wäre (vgl. dazu das zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau ergangene Urteil des Oberlandesgerichts D. vom . . .), ist nicht entscheidungserheblich.
Maßgebend ist die tatsächlich gewählte Gestaltung.
Fundstellen
Haufe-Index 62488 |
BFH/NV 1989, 779 |