Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Grundsätzliche Bedeutung, kumulative Begründung, Fortbildung des Rechts, Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
- Hat das FG seine Entscheidung kumulativ auf zwei Gründe gestützt, von denen jeder für sich gesehen die Entscheidung trägt, muss hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden.
- Die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts kommt nur in Betracht, wenn eine klärungsbedürftige, entscheidungserhebliche und klärbare Rechtsfrage dargelegt wird, deren Klärung im Revisionsverfahren auch zu erwarten ist.
- Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt eine andere Rechtsauffassung vertreten wird.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist, soweit sie auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützt wird, unbegründet und, soweit Verfahrensmängel geltend gemacht werden (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), unzulässig. Sie war deshalb zurückzuweisen.
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, 27 ff. und 30 ff., m.w.N.).
a) Soweit die Kläger zunächst die Rechtsfrage dahin formulieren, ob bei dem Abschluss eines ungewöhnlichen Darlehensvertrages das Vorliegen einer mitunternehmerischen Beteiligung nahe liege, wird die grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht ausreichend dargelegt. Diese Rechtsfrage bezieht sich schon nach dem Wortlaut nur auf die rechtliche Subsumtion des vorliegenden Einzelfalls unter den abstrakten Rechtsbegriff "Mitunternehmerschaft". Eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung kann dem Vortrag der Kläger nicht entnommen werden.
b) Die von den Klägern des Weiteren aufgeworfene Rechtsfrage, ob es für die Annahme einer verdeckten Mitunternehmerschaft in der Form einer Innengesellschaft, wie der GmbH & atypisch Stillen Gesellschaft, erforderlich sei, dass der Gesellschaftsvertrag zwischen dem atypisch Stillen und der GmbH im Voraus klar und eindeutig vereinbart sein müsse, versteht der Senat unter Zugrundelegung des von dem Finanzgericht (FG) festgestellten Sachverhalts, den Entscheidungsgründen und der Beschwerdebegründung dahin, dass die Kläger die Rechtsfrage nicht im Hinblick auf die Begründung einer Innengesellschaft mit einem beliebigen Dritten, sondern mit einem Gesellschafter der GmbH für klärungsbedürftig erachten.
Dabei kann zunächst dahinstehen, ob diese Rechtsfrage bereits durch das Senatsurteil vom 9. Dezember 1976 IV R 47/72 (BFHE 120, 534, BStBl II 1977, 155) entschieden worden ist und es daher an deren Klärungsbedürftigkeit fehlt. Zwar hat der Senat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass ein Mitunternehmerverhältnis in Form einer atypisch stillen Beteiligung einer im Voraus klaren und eindeutigen Vereinbarung bedürfe. In der Entscheidung ging es aber primär um die Frage, ob ein Gesellschafter einer GmbH Geldzahlungen zu Gunsten der GmbH in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der GmbH ohne besonderes Entgelt, also in Form verdeckter Einlagen, oder wie ein fremder Dritter auf Grund besonderer schuldrechtlicher Beziehungen zu der GmbH erbracht hat. Dass der Kläger zu 2. die Geldleistungen an die Klägerin zu 1. nicht in seiner Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter, sondern wie ein Fremder auf Grund besonderer schuldrechtlicher Beziehungen erbracht hat, ist zwischen den Verfahrensbeteiligten nicht streitig. Vielmehr streiten die Beteiligten darüber, welchem Vertragstypus diese schuldrechtliche Vereinbarung zuzuordnen ist.
Jedenfalls fehlt es an der Klärungsfähigkeit der von den Klägern hier aufgeworfenen Rechtsfrage. Denn das FG hat seine Entscheidung kumulativ auf zwei Gründe gestützt, von denen jeder für sich gesehen die Entscheidung trägt. Die Kläger haben jedoch nur hinsichtlich einer Begründung eine Rechtsfrage von nach ihrer Auffassung grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Juli 1999 III B 22/99, BFH/NV 1999, 1628, Nr. 3 b). Das FG hat das Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft nicht nur deshalb verneint, weil es an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung fehlt. Es hat daneben, anders als die Kläger meinen, auch geprüft, ob eine atypisch stille Gesellschaft unabhängig von dem Wortlaut der Vereinbarung und damit verdeckt zwischen den Klägern zustande gekommen ist. Das FG hat insoweit ausgeführt, dass die Verträge nach ihrem eindeutigen Wortlaut als Darlehensverträge auszulegen seien und mündliche Vereinbarungen, in denen losgelöst von dem Wortlaut der schriftlichen Verträge der Abschluss eines atypisch stillen Gesellschaftsverhältnisses erblickt werden könnte, nicht behauptet worden seien. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Kläger sich wie Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft verhalten hätten. Die Vereinbarung einer atypisch stillen Gesellschaft durch konkludente Willenserklärungen sei deshalb ebenso zu verneinen, wie die tatsächliche Durchführung eines solchen Gesellschaftsverhältnisses. In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen des FG zu sehen, dass die Zuschreibung der Zinsen statt deren Auszahlung nicht als Teilhabe am laufenden Gewinn oder Verlust wie auch an den stillen Reserven des Unternehmens der Klägerin zu 1. zu werten sei; der Kläger zu 2. daher kein Mitunternehmerrisiko getragen habe. Da das FG eine Gewinnbeteiligung des Klägers, was nach § 231 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches unabdingbare Voraussetzung für die Annahme eines stillen Gesellschaftsverhältnisses ist, grundsätzlich verneint hat, konnte aus der zutreffenden Sicht des FG weder ein offenes noch ein verdecktes stilles Gesellschaftsverhältnis vorliegen. Da diese Ausführungen für sich die Abweisung der Klage tragen, hätten die Kläger auch insoweit das Vorliegen eines Zulassungsgrundes geltend machen müssen. Tatsächlich geht es den Klägern nach Einschätzung des Senats auch nicht um die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage; vielmehr geht es ihnen, wie sie eingangs ihrer Beschwerdeschrift ausführen, um die aus ihrer Sicht gebotene Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter das Rechtsinstitut der verdeckten Mitunternehmerschaft. In diesem Sinne muss auch ihr Vorbringen verstanden werden, wonach sie darauf vertrauen, dass der BFH im Revisionsverfahren auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts die verdeckte Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern anerkennen werde. Mit der aus der Sicht der Kläger fehlerhaften Subsumtion des Sachverhalts durch das FG kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache aber nicht begründet werden.
c) Die von den Klägern zusätzlich sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Grundsatz der Unabänderlichkeit des verwirklichten Einkünfteerzielungstatbestandes dem Grundsatz der Vertragsauslegung entgegensteht oder umgekehrt, ist im Streitverfahren ebenfalls weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Beide "Grundsätze" stehen unabhängig nebeneinander und weisen keinerlei Berührungspunkte auf. Anders als die Kläger meinen, lässt sich eine gegenteilige Auffassung des FG den Entscheidungsgründen nicht entnehmen. Vielmehr ist das FG nach Auslegung der Vereinbarungen davon ausgegangen, dass die Kläger Darlehensverträge abgeschlossen und diese auch tatsächlich vollzogen haben. In der späteren Neubewertung dieser Darlehensverträge als Gesellschaftsverträge durch die Kläger und deren steuerlichen Berater hat das FG eine nachträgliche Vertragsänderung gesehen und in diesem Zusammenhang auf das Verbot einer steuerlichen Rückbeziehung zivilrechtlicher Vereinbarungen abgestellt.
2. Aus den vorgenannten Gründen kommt die Zulassung der Revision auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO zur Fortbildung des Rechts in Betracht. Denn für diesen Zulassungsgrund gilt ebenso wie für den des Abs. 2 Nr. 1 FGO, dass es sich um eine klärungsbedürftige, entscheidungserhebliche und klärbare Rechtsfrage handeln muss, deren Klärung im künftigen Revisionsverfahren auch zu erwarten ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 41).
3. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) erforderlich, da die Entscheidung des FG nicht von dem Urteil des BFH vom 16. Dezember 1997 VIII R 32/90 (BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480) abweicht. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertreten wird. Hieran fehlt es jedoch. In der Entscheidung in BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480 hat der BFH ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH mit der Kommanditgesellschaft insbesondere mit der Begründung angenommen, dass der GmbH-Gesellschafter in allen Jahren wie der Gesellschafter einer Personengesellschaft Entnahmen und Einlagen in einer Höhe vorgenommen hatte, die über seine vertragliche Tätigkeitsvergütung hinausgingen. Bereits an dieser Besonderheit fehlt es im Streitfall. Die Vorentscheidung und das angebliche Divergenzurteil unterscheiden sich nicht in der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsgrundsätze. Vielmehr gelangen die beiden Entscheidungen auf Grund der Würdigung der unterschiedlichen Sachverhalte zu entgegengesetzten Ergebnissen.
Dass das FG-Urteil auf schwerwiegenden Fehlern bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts beruht, die das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnten (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 2002 III B 155/01, BFH/NV 2002, 804, 805), oder dass es sich gar um eine willkürliche, jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrende Entscheidung handelt (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, 799, m.w.N.) und deshalb die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre, ist weder ersichtlich noch wird dies von den Klägern geltend gemacht.
4. Ein Verfahrensmangel in Form einer mangelnden Sachaufklärung des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) wurde von den Klägern nicht hinreichend gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Wird ―wie vorliegend― gerügt, das FG habe vorgelegte Beweismittel nicht hinreichend berücksichtigt, ist die Beschwerde nur formgerecht erhoben, wenn der Beschwerdeführer u.a. vorträgt, welche Beweismittel genau zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat und weshalb er, der Beschwerdeführer, ―wenn er (wie hier) durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war― in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich auf der von ihm angeregten Beweiserhebung bestanden hat (BFH-Beschluss vom 3. April 2001 IV B 15/00, BFH/NV 2001, 1280, m.w.N.). Derartige Ausführungen enthält die Beschwerde nicht. Vielmehr gehen die Kläger offensichtlich selbst davon aus, dass es dem Grunde nach keiner weiteren Beweiserhebung bedurft habe, da sie ―wie bereits ausgeführt― darauf vertrauen, dass der BFH im Revisionsverfahren auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts die verdeckte Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern anerkennen werde.
5. Soweit die Kläger als weiteren Verfahrensfehler einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO rügen, weil das FG angeblich den Gesamtinhalt der Akten nicht berücksichtigt habe, so ist auch dieser Verfahrensfehler nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise hinreichend dargelegt. Denn die Kläger haben weder ausgeführt, welche Aktenteile (genaue Angabe der Fundstelle nach Aktenteil und Seite) das FG nicht berücksichtigt haben soll, noch inwieweit die Berücksichtigung des angeblich nicht zur Kenntnis genommenen Akteninhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Gerichts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
6. Von einer weiteren Begründung, insbesondere von der Darstellung des Tatbestandes, sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO ab.
Fundstellen