Entscheidungsstichwort (Thema)
KraftSt-Forderungen im Konkurs
Leitsatz (NV)
1. Nach Konkurseröffnung begründete KraftSt-Forderungen sind, falls Masseansprüche, durch an den Konkursverwalter gerichteten Steuerbescheid geltend zu machen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Entrichtungszeitraum vor oder nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Halters begonnen hatte.
2. Zur Verwirklichung des KraftSt-Tatbestandes.
Normenkette
KraftStG §§ 6, 11 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 3; KO § 58 Nr. 2, § 59 Abs. 1 Nr. 1, § 57
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Konkursverwalter in dem am 12. Januar 1996 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, zu dem u. a. ein Kraftfahrzeug gehörte. Die Kraftfahrzeugsteuer für den letzten -- jährlichen -- Entrichtungszeitraum ab 16. Dezember 1995 war bei Konkurseröffnung noch nicht bezahlt. Am 22. Februar 1996 wurde das Fahrzeug abgemeldet. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) setzte gegen den Kläger Kraftfahrzeugsteuer zunächst für den Zeitraum vom 16. Dezember 1995 bis 11. Januar 1996, später -- als Massekosten i. S. von §58 Nr. 2 der Konkursordnung (KO -- für den anschließenden Zeitraum fest, zunächst unbefristet durch Steuerbescheid vom 15. März 1996, dann durch Endbescheid vom 22. März 1996 (bis 21. Februar 1996). Über den gegen die letztgenannte Festsetzung eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden. Das auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 22. März 1996 gerichtete Begehren des Antragstellers wurde vom Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgelehnt, es beständen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts. Die vorgenommene Aufteilung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vor und nach der Konkurseröffnung sei nicht zu beanstanden. Die nach diesem Zeitpunkt entstandenen Kraftfahrzeugsteuerforderungen seien Massekosten, davor begründete Ansprüche Konkursforderungen. Falle die Konkurseröffnung in einen noch laufenden Entrichtungszeitraum, so habe eine zeitanteilige Aufteilung zu erfolgen. Abzulehnen sei die Auffassung, daß nur die für den nach Konkurseröffnung beginnenden Entrichtungszeitraum zu zahlende Steuer zu den Massekosten gehöre. Die Kraftfahrzeugsteuerschuld entstehe nicht im voraus für den gesamten Entrichtungszeitraum, sondern, während der Dauer der Fahrzeughaltung, tage- bzw. monatsweise.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Vorentscheidung. Schon die Zulassung durch das FG lasse erkennen, daß gewichtige Rechtmäßigkeitszweifel beständen. Darüber hinaus widerspreche die Vorentscheidung dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U (BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), nach dem die Kraftfahrzeugsteuer im Regelfall jeweils für ein Jahr im voraus entstehe. Hiervon sei auch bei vorzeitiger Beendigung der Steuerpflicht durch Abmeldung auszugehen. Für den Erlaß eines Steuerbescheides nach Konkurseröffnung, der weder auf Abmeldung noch auf Ummeldung beruhe, finde sich im Gesetz keine Stütze. Masseforderungen würden durch einen solchen Bescheid "künstlich konstruiert".
Der Antragsteller beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung seinem Aussetzungsbegehren zu entsprechen.
Das FA beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.
Es trägt vor, der gegen den Konkursverwalter gerichtete Bescheid, mit dem eine Steuerforderung als Masseanspruch -- beschränkt auf den Zeitraum nach Konkurseröffnung -- geltend gemacht worden sei, enthalte nicht eine Besteuerung für einen gesetzlich nicht vorgesehenen abgekürzten Besteuerungszeitraum, sondern eine zulässige Kenntlichmachung von Masseansprüchen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Das FG hat aus zutreffenden Gründen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (§69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) verneint. Die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung gegen den Antragsteller (als Konkursverwalter) für die Zeit von der Konkurseröffnung bis zum Tage vor Abmeldung des Fahrzeugs begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Eine andere Entscheidung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Vorinstanz gemäß §128 Abs. 3 FGO die Beschwerde zugelassen hat. Die Zulassung bedeutet nur, daß das FG Zulassungsgründe für gegeben hält (hier nach §128 Abs. 3 Satz 2 FGO i. V. m. §115 Abs. 2 Nr. 1 und ggf. Nr. 2 FGO); sie ist für sich nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides zu bestätigen. Das Urteil in BFHE 58, 358, 360 läßt derartige Zweifel gleichfalls nicht aufkommen. Die in ihm enthaltene Aussage über das Entstehen der Kraftfahrzeugsteuer mit dem jeweiligen Entrichtungszeitraum ist beiläufiger Art und hat nicht die vom Antragsteller unterstellte allgemeine Bedeutung. Im übrigen ließe sie sich nicht vorbehaltlos auf die Rechtslage nach dem jetzt geltenden Kraftfahrzeugsteuerrecht übertragen.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides erwachsen auch nicht daraus, daß er für einen bestimmten Zeitraum ergangen ist. Die vom Antragsteller insoweit vermißte rechtliche Grundlage ergibt sich aus der Natur konkursrechtlicher Masseansprüche. Nach Konkurseröffnung "begründete" Steuerforderungen sind, falls Masseansprüche, durch an den Konkursverwalter gerichteten Steuerbescheid geltend zu machen; die Beschränkung auf die Zeit nach Konkurseröffnung stellt keine (unzulässige) Besteuerung für einen im Gesetz nicht vorgesehenen abgekürzten Besteuerungszeitraum dar, sondern drückt -- zulässigerweise -- aus, daß der Bescheid auf Masseansprüche gerichtet ist (BFH, Urteile vom 16. Juli 1987 V R 2/81, BFHE 150, 215, 218, BStBl II 1988, 190 -- Umsatzsteuer --, und vom 25. Juli 1995 VIII R 61/94, BFH/NV 1996, 117 -- Einkommensteuer --). Ein solcher Bescheid liegt hier vor.
Die im Endbescheid (§12 Abs. 2 Nr. 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes -- KraftStG --) festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer ist -- erst -- nach Konkurseröffnung begründet worden, obgleich der Entrichtungszeitraum (§11 Abs. 1 KraftStG) schon vor diesem Zeitpunkt begonnen hatte. Zwar entsteht die Steuer bei fortlaufenden Entrichtungszeiträumen mit Beginn des jeweiligen Entrichtungszeitraums (§6 KraftStG), doch betrifft dies nicht den Kraftfahrzeugsteuertatbestand, sondern die Kraftfahrzeugsteuer-Zahlungsschuld (Klein/Olbertz, Kraftfahrzeugsteuergesetz, 2. Aufl. 1987, §6 Anm. 1; Senat, Urteil vom 9. Februar 1993 VII R 12/92, BFHE 170, 300, 302, BStBl II 1994, 207). Der kraftfahrzeugsteuerrechtliche (Grund-)Tatbestand wird durch das fortdauernde, sich ständig erneuernde Halten des Kraftfahrzeugs verwirklicht (hierzu schon BFHE 58, 358, 360; vgl. auch BFH, Beschluß vom 31. Januar 1973 II B 79/72, BFHE 108, 56, 58, BStBl II 1973, 197), also monats-, unter Umständen tageweise (hiervon ausgehend Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl. 1995, AO §251 Rz. 38 -- Kalendermonat --; Frotscher, Steuern im Konkurs, 4. Aufl. 1997, S. 262). Der Gegenansicht (Geist, Insolvenzen und Steuern, 3. Aufl. 1980, S. 65, 122), die nur die Kraftfahrzeugsteuer berücksichtigen will, die mit einem voll in die Zeit nach Konkurs eröffnung fallenden Entrichtungszeitraum entsteht (allein diesen Fall behandeln auch Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 11. Aufl. 1994, §58 Rdnr. 9 p, ohne sich im übrigen zu äußern), kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt, daß die Vorwegentstehung der Steuer mit Beginn des Entrichtungszeitraums nur erhebungstechnische Bedeutung hat, und berücksichtigt nicht hinreichend das Wesen des Kraftfahrzeugsteuertatbestandes mit seiner Anknüpfung an die Dauer des Haltens (unter Umständen nur für Tage; insbesondere arg. §11 Abs. 4 Nr. 2 KraftStG).
Bei der nach Konkurseröffnung (bis zur Abmeldung) begründeten Kraftfahrzeugsteuer handelte es sich um Massekosten i. S. von §58 Nr. 2 KO, nämlich um Ausgaben für die Verwaltung der Masse (in diesem Sinne schon BFHE 58, 358, 362 sowie das angeführte Schrifttum; vgl. ferner App, Zeitschrift für Insolvenzrecht 1990, 579 f.). Der Frage, ob sie, wie vereinzelt angenommen, als Masseschuld (§59 Abs. 1 Nr. 1 KO) zu werten ist, braucht nicht nachgegangen zu werden, da sie auch bei dieser Annahme vorweg zu berichtigen wäre (§57 KO), und zwar sogar in besserer Rangordnung (§60 Abs. 1 Nr. 1 KO). In jedem Falle sind die Voraussetzungen für die angegriffene Festsetzung als Masseansprüche gegen den Konkursverwalter erfüllt.
Fundstellen
Haufe-Index 66484 |
BFH/NV 1998, 86 |
DStRE 1998, 643 |