Entscheidungsstichwort (Thema)
Mandatsniederlegung nach Revisionsbegründung; vGA: später zurückgezahlte Darlehen an nahestehende Person eines beherrschenden Gesellschafters
Leitsatz (NV)
1. Die Revision wird nicht dadurch unzulässig, daß der Prozeßbevollmächtigte des Revisionsklägers nach ordnungsgemäßer Einlegung und Begründung der Revision sein Mandat niederlegt.
2. Zur Ernstlichkeit von Darlehen, die eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter für private Zwecke gewährt.
3. Der Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft muß kein Zufluß eines Vermögensvorteils beim Gesellschafter entsprechen, um eine verdeckte Gewinnausschüttung annehmen zu können.
4. Die Unterscheidung zwischen einer Vorteilsziehung durch einen beherrschenden Gesellschafter und einer solchen durch eine ihm nahestehende Person rechtfertigt grundsätzlich keine unterschiedliche Beurteilung der verdeckten Gewinnausschüttung.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig.
Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind erfüllt. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und die Beschwerdebegründung sind von einem Rechtsanwalt als Bevollmächtigten der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) eingelegt worden. Der Umstand, daß er zwischenzeitlich sein Mandat niedergelegt hat, ist unschädlich. Die -- wirksam eingelegte -- Beschwerde bleibt gleichwohl zulässig. Der Senat verweist auf das Urteil des BFH vom 24. Oktober 1978 VII R 17/77 (BFHE 126, 506, BStBl II 1979, 265).
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch.
Mit ihrer Rüge, das Finanzgericht (FG) habe rechtserhebliches Vorbringen, das in den Akten enthalten gewesen sei, nicht berücksichtigt, macht die Klägerin einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung geltend. Hiernach hat das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Zum Gesamtergebnis des Verfahrens gehört auch die Auswertung des Inhalts der dem Gericht vorliegenden Akten. Nach der Annahme der Klägerin hat das FG zu Unrecht unterstellt, ihr Liquidator X habe seinem eigenen Vorbringen nach nicht über die notwendigen Mittel zur Rückzahlung der ihm überlassenen Mittel verfügt. Tatsächlich seien die Probleme erst später aufgetaucht, nachdem der Verkauf des Einzelunternehmens von X zu einem ursprünglich geplanten höheren Preis gescheitert sei. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensverstoß ist nicht gegeben. Das FG ist lediglich davon ausgegangen, daß X noch der Mittel aus dem Verkauf des Einzelunternehmens bedurft hätte, um die Darlehensrückzahlung vornehmen zu können. Genau davon geht im Ergebnis aber auch die Klägerin aus. Soweit sie aus den Gesamtumständen -- vermeintliche Rückzahlungsabsicht, insgesamt positiver Gesamtsaldo des Verrechnungskontos unter Einbeziehung späterer Zahlungen -- in der (materiell-rechtlichen) Sache zu einer vom FG abweichenden Würdigung des Sachverhalts gelangt, liegt darin kein Verfahrensverstoß, sondern die Rü ge fehlerhafter Rechtsanwendung. Diese Rüge kann im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision aber nicht geltend gemacht werden.
b) Auch die von der Klägerin erhobenen Divergenzrügen bleiben ohne Erfolg.
aa) Zwar hat das FG angebliche Gegenforderungen, die X nach dem Vorbringen der Klägerin zugestanden haben sollen, u. a. deshalb unberücksichtigt gelassen, weil diese Forderungen nicht das Streitjahr, sondern nachfolgende Zeiträume betroffen haben. Zugrunde lag dem aber die Überzeugung des FG, daß X nicht von Anfang an ernstlich bestrebt gewesen sei, die erhaltenen Mittel zurückzuführen. Eine Abweichung von dem Urteil des BFH vom 8. Oktober 1985 VIII R 284/83 (BFHE 146, 108, BStBl II 1986, 481) liegt deshalb nicht vor. Der BFH hat in diesem Urteil in Rückzahlungen in den Folgejahren lediglich ein Indiz für die Ernsthaftigkeit gesehen. Er hat aber nicht den Rechtssatz aufgestellt, daß Zahlungsvorgänge in den Folgejahren zwingend zu berücksichtigen seien. Auf die Frage, ob die Klägerin die angeblichen Gegenforderungen von X hinreichend belegt hat, kam es sonach nicht an.
bb) Desgleichen scheitert auch die Rüge der Klägerin, das FG sei von dem BFH- Urteil vom 29. September 1981 VIII R 8/77 (BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248) abgewichen, indem es davon ausgegangen sei, daß eine Vermögenszuwendung an eine nahestehende Person stets eine mittelbare Ausschüttung an den Gesellschafter darstelle. Das FG hat seiner Entscheidung das BFH-Urteil vom 22. Februar 1989 I R 9/85 (BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631) zugrunde gelegt. Durch dieses Urteil hat der BFH für den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977) den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) neu definiert. Danach ist Merkmal einer vGA i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 u. a. eine bei einer Kapitalgesellschaft eingetretene Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, nicht aber mehr -- wie noch zuvor u. a. im Urteil in BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248 -- die Zuwendung eines Vermögensvorteils an einen Gesellschafter. Die frühere und aus dem Urteil in BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248 ersichtliche Rechtsprechung ist dadurch überholt.
c) Aus letztlich gleichem Grunde entfällt zugleich die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung. Diese Bedeutung komme der Frage zu, ob die unentgeltliche Zuwendung eines Vermögensvorteils durch die Kapitalgesellschaft an eine ihrem Gesellschafter nahestehende Person stets die Gewährung eines Vermögensvorteils an den Gesellschafter darstelle oder aber nur dann, wenn der Gesellschafter von der Vorteilszuwendung Kenntnis habe. Darauf kommt es nach der Rechtsprechung der BFH jedoch nicht an. Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die an einen Dritten vielmehr immer dann gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (siehe z. B. BFH-Urteil in BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631). Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter, nicht nahesteht, nicht gemacht hätte.
Hiervon ausgehend ist das FG im Streitfall zu der Erkenntnis gelangt, daß die Mittelzuwendung an X gesellschaftlich veranlaßt war. Diese Würdigung ist eine Frage des Einzelfalles, die im Beschwerdeverfahren nicht angreifbar ist.
Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 BFHEntlG ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 421708 |
BFH/NV 1997, 203 |