Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis einer falschen Postzustellungsurkunde
Leitsatz (NV)
Der Nachweis, dass ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war i.S. des § 119 Nr. 4 FGO, kann durch schriftliche Bestätigung der Deutschen Post, dass ein mit PZU zugestellte Ladung irrtümlich an eine falsche Adresse ausgeliefert wurde, geführt werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 4; ZPO § 418 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 12.05.2004; Aktenzeichen 13 K 4848/02 E) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wandten sich mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht (FG) gegen die Nichtberücksichtigung von Unterhaltsleistungen und Unterstützungszahlungen für die medizinische Versorgung an den Vater des Klägers. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2004 sandte das FG mit Postzustellungsurkunde an die Geschäftsadresse des Prozessbevollmächtigten der Kläger. Der Postbedienstete vermerkte auf der Postzustellungsurkunde, das Schriftstück am 22. April 2004 unter der Zustellanschrift dem dort beschäftigten Herrn N übergeben zu haben, weil er den Adressaten in den Geschäftsräumen nicht erreicht habe. Zur mündlichen Verhandlung erschien für die Kläger niemand.
Den Erhalt des klageabweisenden Urteils bestätigte der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Empfangsbekenntnis vom 4. Juni 2004. Am 7. Juni 2004 fragte er beim FG an, wann die Ladung zum Termin zur Post gegeben und an wen sie verschickt worden sei. Auf entsprechende Auskunft teilte er mit, bei ihm seien lediglich drei Damen beschäftigt, aber kein Herr; er habe die Ladung nie bekommen. Die Ladung sei bei der X-Bank "gelandet", wo auch ein Herr N beschäftigt sei. Die Ladung sei von der Bank nicht weitergeleitet worden.
Am 24. Juni 2004 ging beim FG ein Schreiben der Deutschen Post, Geschäftsbereich Vertrieb, Gewerbekunden, ein. Darin heißt es:
"Bezüglich der Reklamation des Empfängers (des Prozessbevollmächtigten) … teilte uns die Abteilung Auslieferung der zuständigen Niederlassung… folgendes mit: 'Das Schriftstück wurde durch unseren Innendienst irrtümlich bei der X-Bank, H-Straße in R zugestellt. Bitte die Zustellung beim FG Düsseldorf widerrufen.'
Die Zustellung vom 22.04.04 an (den Prozessbevollmächtigten) ist unwirksam und wird hiermit widerrufen."
Die Kläger erhoben fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung, die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2004 durch die Deutsche Post sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat sich dazu nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Das Urteil des FG beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
1. Die Kläger rügen einen Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 4 FGO. Ein solcher Verfahrensmangel liegt vor, wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten war und auch nicht der Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. Eine mangelnde Vertretung ist auch dann gegeben, wenn ein Beteiligter oder sein Vertreter zur mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß geladen worden und deshalb nicht erschienen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. aus jüngerer Zeit Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. September 2003 IV B 52/02, BFH/NV 2004, 205, m.w.N.).
2. Die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde i.S. von § 418 Abs. 1 der Zivilprozessordnung liefert regelmäßig den Beweis für den Zustellungsvorgang. Durch die bloße Behauptung, bis zur Urteilszustellung hätten die Kläger keine Kenntnis von der Zustellung der Ladung erlangt, kann dieser nicht entkräftet werden (BFH-Beschluss vom 21. August 2002 VIII B 58/02, BFH/NV 2003, 176). Hierzu ist vielmehr erforderlich, einen anderen Geschehensablauf substantiiert darzulegen und zu beweisen. Das kann insbesondere dadurch geschehen, dass die Kläger Umstände darlegen, die geeignet sind, ein Fehlverhalten des Postbediensteten bei der Zustellung und damit eine falsche Beurkundung in der Postzustellungsurkunde zu belegen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Mai 2003 III B 146/02, BFH/NV 2003, 1207).
3. Diesen Nachweis haben die Kläger geführt. Nach der in der FG-Akte befindlichen Postzustellungsurkunde war die Ladung zum Termin an den Prozessbevollmächtigten der Kläger adressiert und dort einem beschäftigten N übergeben worden. Die Kläger haben jedoch durch schriftliche Bestätigung der Deutschen Post vom 24. Juni 2004 nachgewiesen, dass das Schriftstück irrtümlich bei der X-Bank, H-Straße in R zugestellt wurde. Die Beurkundung der Zustellung an den Bevollmächtigten der Kläger wurde ausdrücklich widerrufen.
Fundstellen