Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage der Prozeßvollmacht
Leitsatz (NV)
1. Hat der Prozeßbevollmächtigte die Prozeßvollmacht erst nach Klageabweisung im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision beim BFH vorgelegt, wird dadurch das Fehlen der schriftlichen Vollmacht beim FG nicht geheilt.
2. Es ist offensichtlich, daß die in § 5 Abs. 2 Nr. 4 BerlinFG als westdeutscher Unter nehmer bezeichnete juristische Person des öffentlichen Rechts ihren Sitz in Westdeutschland gehabt haben muß.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 2; BerlinFG § 5 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) lieferte in den Streitjahren (1986 bis 1988) von ihr in Berlin (West) hergestellte ... -Geräte an X mit Sitz in Berlin (West) und installierte diese Geräte auf Weisung von X in westdeutschen Kurkliniken. In den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden verweigerte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) der Klägerin die für die bezeichneten Lieferungen begehrten Kürzungsansprüche nach § 1 Abs. 1 i. V. m. § 7 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG).
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Anfechtungsklage wurde vom Finanz gericht (FG) mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, daß die für die Klägerin aufgetretenen Prozeßbevollmächtigten in zwei Verhandlungsterminen nicht erschienen seien und keine schriftliche Vollmacht nachgewiesen hätten (§ 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zur Vorlage der Prozeßvollmacht waren die Prozeßbevollmächtigten in der Eingangsbestätigung vom FG aufgefordert worden. Im übrigen wäre, so führte das FG weiter aus, die Klage auch unbegründet, weil X kein westdeutscher Unternehmer und damit kein geeigneter Abnehmer einer nach § 1 Abs. 1 BerlinFG begünstigten Lieferung sei; denn X habe seinen Sitz in Berlin (West).
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision und führt in der Nichtzulassungsbeschwerde an, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, und die Entscheidung des FG über die Zulässigkeit der Klage weiche von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Abweichung des angefochtenen Urteils (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage vom Urteil des BFH vom 31. März 1992 IX R 175/87 (BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808) begehrt, entspricht die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß der Beschwerdeführer abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus divergenzfähigen Entscheidungen des BFH oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes so genau bezeichnen, daß eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987, und vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Die Klägerin hat keine Abweichung bezeichnet, sondern deren Vorliegen lediglich behauptet.
In der erwähnten Entscheidung wies der BFH die Revision einer Klägerin als unbegründet zurück, weil deren Klage wegen Fehlens der Vollmacht nach § 62 Abs. 3 FGO unzulässig war. Da die Prozeßvollmacht bei Erlaß des vorinstanzlichen Urteils noch nicht ausgestellt worden war, sei dieser Mangel, wie der BFH dargelegt hat, nicht durch die nachgereichte Vollmacht geheilt worden.
Eine Abweichung des FG von der erörterten Entscheidung kann schon deswegen nicht vorliegen, weil das FG sich mit der Frage, welche Wirkung eine nachgereichte Vollmacht haben würde, nicht befaßt hat. Die von der Klägerin inzwischen vorgelegte Vollmacht ist ausweislich der Vollmachts urkunde erst am 26. September 1995 ausgestellt worden. Die Genehmigung der Prozeßführung hat damit nach dem Erlaß des vorinstanzlichen Urteils vom 25. Juli 1995, das der Klägerin am 29. August 1995 und ihren Prozeßbevollmächtigten am 22. und 30. August 1995 zugestellt worden war, stattgefunden. Sie heilt mithin nicht das Fehlen der schriftlichen Vollmacht vor dem FG (vgl. dazu Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 62 Rz. 61, m. w. N.).
2. Hinzu kommt, daß kein Bedarf für die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) in dem erstrebten Revisionsverfahren besteht. Es ist offensichtlich, daß die in § 5 Abs. 2 Nr. 4 BerlinFG als westdeutscher Unternehmer i. S. des BerlinFG angeführte juristische Person des öffentlichen Rechts "im übrigen Geltungsbereich dieses Gesetzes" ihren Sitz haben muß, was bei dem in Berlin (West) ansässigen X nicht der Fall ist.
Fundstellen
Haufe-Index 421824 |
BFH/NV 1997, 446 |