Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Autodidakten im Bereich der EDV als Freiberufler - keine grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (NV)
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Autodidakt im Bereich der EDV als Freiberufler anerkannt werden kann, hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Gründe
Hat der Bundesfinanzhof (BFH) über eine Rechtsfrage entschieden, kann sie gleichwohl erneut klärungsbedürftig sei, wenn gegen die Rechtsauffassung des BFH gewichtige Einwendungen in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) oder in der Literatur vorgetragen worden sind, mit denen sich der BFH noch nicht auseinandergesetzt hat (Ruban, Steuerliche Vierteljahresschrift 1991, 142, 151 m.w.N.).
Bezüglich der hier streitigen Rechtsfrage der Zuordnung der Softwareentwicklung zur freiberuflichen Tätigkeit gibt es einen - vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht zitierten - Aufsatz von Graf (Die Information über Steuer und Wirtschaft 1990, 457, 459), der sich mit dem Senatsurteil vom 7. Dezember 1989 IV R 115/87 (BFHE 159, 171, BStBl II 1990, 337) kritisch befaßt.
Der Senat hat diese Kritik in seinem Urteil vom 7. November 1991 IV R 17/90 (BFHE 166, 443, Finanz-Rundschau - FR - 1992, 340) in seine Erwägungen einbezogen. Er ist bei der Unterscheidung zwischen System- und Anwendersoftware-Entwicklung geblieben, weil nur für die erste, nicht jedoch für die zweite eine Informatikausbildung - oder eine ihr entsprechende naturwissenschaftliche Ausbildung - grundsätzlich unerläßlich ist (unter II.). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 9. Oktober 1990 2 BvR 146/90 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 614, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz 1975, § 18 Abs. 1, Rechtsspruch 59) erneut darauf hingewiesen, daß die Ausbildung in aller Regel ein zulässiges und sachlich einleuchtendes Differenzierungskriterium für die Zuordnung zu einem Katalogberuf i.S.des § 18 des Einkommensteuergesetzes sei.
Die Rechtsprechung des BFH bis zum Urteil in BFHE 159, 171, BStBl II 1990, 337 hatte nur Diplominformatiker als ingenieurähnlich anerkannt. Der I., V., VIII. und X.Senat hatten es dagegen abgelehnt, Softwareentwickler als ingenieurähnlich anzusehen, die über keine Informatikausbildung verfügten (vgl. die Nachweise im Senatsurteil in BFHE 166, 443, FR 1992, 340). Eine Prüfung der Frage, ob der Steuerpflichtige im Wege des Selbststudiums entsprechende Kenntnisse erworben hatte, hatten sie nicht in Erwägung gezogen. Der Kläger als Autodidakt hätte nach dieser Rechtsprechung also nicht als Freiberufler anerkannt werden können. Demgegenüber zielte das vom Kläger kritisierte Urteil in BFHE 159, 171, BStBl II 1990, 337 gerade darauf hin, parallel zur übrigen Rechtsprechung (etwa zu Kfz-Sachverständigen) auch Autodidakten - bei entsprechenden Kenntnissen - als ingenieurähnlich anzuerkennen. Es stellte sich aber die Frage, was als typische Ausbildung anzusehen ist, mit der die Kenntnisse des Autodidakten verglichen werden müssen. Es lag nahe, hier an das Studium der Informatik zu denken. Das Studium der Informatik ist indessen nur einer von mehreren möglichen Ausbildungsgängen für die Einstellung als Anwendersoftware-Entwickler. Einen typischen Ausbildungsgang für den Anwendersoftware-Entwickler gibt es nicht, weil die Anwendungsgebiete zu unterschiedlich sind (Leib, Eingruppierung der Angestellten in der DV, 1984, S. 43f.; vgl. auch FR 1990, 535, 538).
Der Kläger hat zwar behauptet, die Ansicht, bei der Anwendersoftware seien Kenntnisse im jeweiligen Anwendungsbereich von gleicher Bedeutung wie im Softwarebereich, sei technisch nicht haltbar. Er hat die Richtigkeit dieser These, auf der die Entscheidung des Senats in BFHE 159, 171, BStBl II1990, 337 beruht, und die dort durch Hinweise auf Studienführer und Tarifverträge belegt ist, jedoch nicht widerlegt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 419015 |
BFH/NV 1994, 536 |