Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründung eines PKH-Antrages
Leitsatz (NV)
Wird Prozeßkostenhilfe für ein Verfahren beantragt, in welchem das Zustandekommen einer atypischen stillen Gesellschaft streitig ist, so müssen die Mindestvoraussetzungen einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung substantiiert vorgetragen und geeignete Beweismittel angegeben werden, damit die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung geprüft werden können.
Normenkette
AO 1977 § 169 Abs. 2 Nr. 2 S. 2; FGO § 96 Abs. 1 S. 2, § 142; GmbHG § 35 Abs. 1; ZPO § 117 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger zu 1, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger zu 1) wendet sich im Hauptverfahren gegen im Anschluß an eine 1985 begonnene Prüfung der Steuerfahndungsstelle (Bericht vom 18. November 1988) erlassene geänderte einheitliche Feststellungsbescheide für die Streitjahre 1976 bis 1983 und den mangels Abgabe einer Feststellungerklärung im Schätzungswege ergangenen Feststellungsbescheid für 1984.
Die trotz Aufforderung nicht begründeten Einsprüche wies der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) als unbegründet ab.
Für die hiergegen erhobene Klage, über die das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden hat, hat der Kläger zu 1 ohne Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren und Steuerberater A als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen.
Das FG hat den Antrag wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.
Gegen den am 11. August 1993 zugestellten Beschluß ließ der anwaltlich vertretene Kläger zu 1 mit am 20. August 1993 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde einlegen, welcher das FG mit Beschluß vom 10. September 1993 nicht abgeholfen hat.
Eine Begründung der Beschwerde durch Steuerberater A hat der Kläger zu 1 für den Fall in Aussicht gestellt, daß über den unter ... anhängigen Antrag auf Gewährung von PKH für dieses Beschwerdeverfahren positiv entschieden worden sei.
Das FA hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1993 haben die weiteren Prozeßbevollmächtigten B und C ihr Mandat niedergelegt.
Durch Beschluß vom gleichen Tage ... hat der erkennende Senat den Antrag auf PKH für das Beschwerdeverfahren abgelehnt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet, und war deshalb durch Beschluß zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. a) Die Beschwerde ist statthaft (§ 128 Abs. 1 FGO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 129 Abs. 1 FGO).
Die Beschwerde unterliegt keinem Begründungszwang.
b) Der für die Einlegung der Beschwerde bestehende Vertretungszwang ist gewahrt (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG).
Die Beschwerde ist von den Rechtsanwälten B und C, die mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1993 ihr Mandat niedergelegt haben, erhoben worden. Bereits mit Vollmacht vom 19. August 1993 hat der Kläger zu 1 zugleich Steuerberater A mit der Wahrnehmung seiner Vertretung im Beschwerdeverfahren beauftragt.
c) Der Senat braucht die nur für den Fall der Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren in Aussicht gestellte weitere Begründung der Beschwerde, für deren Einreichung keine bestimmte gesetzliche Frist besteht, nicht abzuwarten. Er hat mit Beschluß vom gleichen Tag den PKH-Antrag für das Beschwerdeverfahren abgelehnt.
2. Die Beschwerde kann sachlich keinen Erfolg haben. Das FG hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH für das Klageverfahren verneint.
Der Kläger zu 1 hat die Voraussetzungen für einen wirksamen zivilrechtlichen Gesellschaftsvertrag als Grundlage für eine steuerrechtlich in den Streitjahren 1976 bis 1984 anzuerkennende atypische stille Gesellschaft zwischen ihm und der X-GmbH nur behauptet, jedoch weder schlüssig dargetan noch insoweit geeignete Beweismittel benannt.
Soweit der Kläger zu 1 unter Vorlage eines undatierten Vertrages u.a. eine zwischen ihm und der X-GmbH zustandegekommene atypische stille Gesellschaft behauptet und zugleich vorträgt, die Behauptung sei nicht rückdatiert, sondern tatsächlich unter dem als Vertragsbeginn festgelegten Datum, nämlich am 1. Mai 1976, abgeschlossen worden, kann bereits aus Rechtsgründen eine stille Gesellschaft nicht mit der X-GmbH wirksam begründet worden sein.
Die X-GmbH ist durch notariellen Vertrag vom 11. Oktober 1976 erst zu diesem Zeitpunkt als Gründungsgesellschaft entstanden. Diese ist mit der durch die nachfolgende Eintragung der GmbH im Handelsregister am 22. März 1977 entstandenen GmbH steuerrechtlich identisch. Dies gilt hingegen nicht hinsichtlich der sog. Vorgesellschaft, die im Zeitpunkt des Abschlusses des stillen Gesellschaftsvertrages am 1. Mai 1976 allenfalls bestand (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. November 1989 I R 174/86, BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91, 92).
Vor dem 11. Oktober 1976 konnte mithin keine atypische stille Gesellschaft mit Wirkung für und gegen die erst zu diesem Zeitpunkt handels- und steuerrechtlich entstehende X-GmbH wirksam vereinbart werden.
Unbeschadet des Verbots der Schlechterstellung im finanzgerichtlichen Verfahren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger zu 1 nach Errichtung der X-GmbH zivilrechtlich eine wirksame Vereinbarung einer atypisch stillen Gesellschaft nachgeholt hätte. Der Kläger zu 1 hat insbesondere die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen bezüglich der von ihm als Steuerberater der X-GmbH vorgenommenen Einbuchungen weiterer Einlagen nicht schlüssig dargetan.
Ebenso hat das FG zu Recht im Rahmen der lediglich summarischen Prüfung die erforderliche Wahrscheinlichkeit von atypischen stillen Gesellschaften zwischen dem Kläger zu 2 und den Beigeladenen einerseits und der X-GmbH andererseits verneint. Es fehlt insoweit nicht nur ein hinreichend substantiierter Vortrag der Mindestvoraussetzungen solcher Verträge, sondern vor allem auch eine glaubhafte Darstellung, wer für die X-GmbH mit Vertretungsmacht aufgetreten ist. Der Kläger zu 1 ist in den Streitjahren nicht vertretungsberechtigt gewesen (vgl. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Er ist erst im Jahre 1987 zum Generalbevollmächtigten bestellt worden.
Zutreffend ist das FG von den Voraussetzungen einer hinichtlich der Feststellungszeiträume 1976 bis 1979 verlängerten Verjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) mit der Folge einer rechtlich zulässigen Abänderbarkeit der für diese Jahre ergangenen erstmaligen Feststellungsbescheide ausgegangen und hat die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 AO 1977 für den Feststellungszeitraum 1984 bejaht.
Im einzelnen nimmt der erkennende Senat auf die Begründung im Beschluß vom heutigen Tage in der Sache VIII S 9/93 Bezug.
Fundstellen
Haufe-Index 419821 |
BFH/NV 1994, 898 |