Leitsatz (amtlich)
Ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der sich im Einspruchsverfahren selbst vertreten hat, kann dafür keine Kosten erstattet erhalten.
Normenkette
FGO § 139 Abs. 3 S. 3; ZPO § 91 Abs. 2 S. 4
Nachgehend
Tatbestand
Dem Kläger und Beschwerdeführer, einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, war am 9. Januar 1969 von dem Kaufmann X ein Teilbetrag von 5 000 DM eines Umsatzsteuervergütungsanspruches von rund 80 000 DM, der X gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (FA) zustand, zahlungshalber abgetreten worden.
Gegen den Umsatzsteuervergütungsanspruch rechnete das HZA N mit einer ihm gegen X zustehenden Eingangsabgabenforderung in der angeblichen Höhe von rund 42 000 DM am 4. März 1969 auf.
Da das beklagte FA wegen der erklärten Aufrechnung sich weigerte, den abgetretenen Betrag an den Beschwerdeführer auszuzahlen (Bescheid vom 7. Mai 1969), erhob der Beschwerdeführer nach erfolglosem Einspruch Klage.
Nachdem mittlerweile die zur Aufrechnung verwendete Eingangsabgabenforderung auf 126,80 DM ermäßigt und 5 000 DM an den Beschwerdeführer ausgezahlt worden waren, erklärten die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt.
Das FG legte die Kosten des Verfahrens dem beklagten FA (Beschwerdegegner) auf und lehnte in Ziff. 3 des Tenors des Beschlusses den Antrag des Beschwerdeführers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ab. Wegen der Gründe der Ablehnung verwies das FG auf die Gründe des in EFG 1971, 291, abgedruckten rechtskräftigen Beschlusses des FG Hamburg I 122/65 (VI) vom 8. Februar 1971. Mit dieser Entscheidung hatte das FG eine Kostenerstattung für den in eigener Sache im Einspruchsverfahren auftretenden Rechtsanwalt mit der Begründung abgelehnt, daß die kostenrechtliche Sonderregelung des § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach der Rechtsanwalt Gebühren und Kosten in eigener Sache erstattet bekomme, wie er sie als bevollmächtigter Anwalt erstattet verlangen könne, auf das außergerichtliche Verfahren nicht auszudehnen sei.
Mit der Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. Er ist der Meinung, daß im Vorverfahren jeder Steuerpflichtige das Risiko der Kostenpflicht trage. Es verstoße gegen Art. 3 GG, wenn insoweit die Verwaltung günstiger gestellt werde als der rechtsuchende Staatsbürger. Im übrigen unterscheide sich der vorliegende Fall von dem im Beschluß des FG Hamburg vom 8. Februar 1971 (a. a. O.) behandelten Sachverhalt. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um den Anspruch des Steuerberaters, sondern seines Mandanten, der zahlungshalber einen Anspruch gegen den Fiskus an den Steuerberater abgetreten habe. Wenn die Finanzverwaltung dem Steuerberater die eigene Rechtsmittelbefugnis zuerkannt habe, so bedeute dies noch nicht, daß er seine eigene Angelegenheit besorge.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist zulässig.
Die Entscheidung des Gerichts nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes für das Vorverfahren sei notwendig, gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Sie ist daher grundsätzlich auch in diesem Verfahren zu treffen (Entscheidung des Großen Senats des BFH Gr. S. 5-7/66 vom 18. Juli 1967, BFH 90, 150, BStBl II 1968, 56). Die Entscheidung wird aber in ihrer Rechtsgültigkeit nicht dadurch beeinflußt, daß das Gericht den Ausspruch in die Kostenentscheidung einbezieht. Dies ist im Streitfall dadurch geschehen, daß das FG als Gericht des Hauptverfahrens im Anschluß an die Kostenentscheidung den Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, abgelehnt hat. Dieser Teil des Beschlusses ist wie ein diesbezüglicher Beschluß außerhalb der Kostenentscheidung zu behandeln, wie dies auch durch den BFH-Beschluß I B 68/67 vom 13. März 1968 (BFH 91, 561, BStBl II 1968, 442), dem der Senat zustimmt, geschehen ist. Es liegt demnach ein beschwerdefähiger Beschluß vor.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach dem Wortlaut des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO sind Gebühren und Auslagen nur erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes für notwendig erklärt hat. Im Wortlaut der Vorschrift kommt demnach nicht zum Ausdruck, daß der Bevollmächtigte, der im Vorverfahren in eigener Sache auftritt, eine Kostenerstattung erhält. Auch der Sinn der Regelung der Kostenerstattung spricht gegen eine Kostenerstattung des Bevollmächtigten im Vorverfahren in eigenen Angelegenheiten. Die Kostenerstattungsregelung des § 139 Abs. 3 FGO unterscheidet zwischen der Erstattung der Kosten eines Bewollmächtigten des FG-Verfahrens und der Erstattung der Kosten eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren. Während im zuerst genannten Falle gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten stets erstattungsfähig sind, hängt die Erstattungsfähigkeit der Kosten im Vorverfahren davon ab, daß das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt hat. Das Gesetz sieht demnach bei der Regelung der Erstattungsfähigkeit von Kosten der Bevollmächtigten die Zuziehung eines Bevollmächtigten im finanzgerichtlichen Verfahren als selbstverständlich an. Darum werden diese Kosten auch ohne weiteres erstattet. Umgekehrt geht das Gesetz für das Vorverfahren davon aus, daß im Regelfall der Steuerpflichtige seine Sache selbst vertritt. Die Beauftragung eines Bevollmächtigten sollte - von der Erstattungsfähigkeit der Kosten her gesehen - eine Ausnahme bilden. Dabei wird darauf abgestellt, ob es dem Beteiligten mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse oder die Schwierigkeit des Streitfalles zuzumuten war, seine Sache im Vorverfahren selbst zu vertreten. Es kommt für die Erstattungsfähigkeit daher darauf an, daß tatsächlich ein Bevollmächtigter beigezogen worden ist.
Es besteht insoweit auch keine Ungleichheit im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber der Verwaltung. Denn diese überprüft im Vorverfahren ihre eigene Entscheidung und erhält für diese Tätigkeit, soweit sie den Verwaltungsakt nicht abändert, eine Gebühr (§ 250 Satz 1 AO). Im übrigen würde bei Kostenerstattung in eigener Sache der Beschwerdeführer gegenüber einem Steuerpflichtigen, der seine Sache im Vorverfahren selbst vertritt, bessergestellt und damit ohne ersichtlichen Grund eine Ungleichheit bewirkt werden.
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Bevollmächtigten im Vorverfahren in eigener Sache läßt sich auch nicht aus § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 155 FGO rechtfertigen. § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO entspricht dem früheren § 7 BRAGebO, der durch Art. 10 § 3 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl I, 861) in den § 91 ZPO übernommen worden ist. § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO stellt aber eine Sonderregelung dar, die eng mit der Befugnis des Anwalts zusammenhängt, sich im gerichtlichen Verfahren selbst vertreten zu können (§ 78 Abs. 3 ZPO, vgl. Beschluß des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 1. Oktober 1964, NJW 1965, 1039 zu der gleichlautenden Vorschrift des § 162 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung). Im Hinblick auf den grundsätzlichen Unterschied eines gerichtlichen Verfahrens und eines außergerichtlichen Vorverfahrens, das von einer Selbstvertretung der Beteiligten ausgeht, läßt sich § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO auch nicht sinngemäß nach § 155 FGO für das Verwaltungsverfahren anwenden.
Der Senat kann auch die Auffassung des Beschwerdeführers nicht teilen, daß er nicht seine eigene, sondern eine fremde Angelegenheit besorgt habe. Denn auch unter der Annahme, daß ihm die Forderung tatsächlich nur zahlungshalber abgetreten worden ist, besorgt er eine eigene Angelegenheit, wenn er diese ihm abgetretene Forderung, mit Hilfe eines Prozesses zu realisieren versucht. Die Unterscheidung, ob die Forderung zahlungshalber oder an Zahlungs Statt abgetreten worden ist, ist rechtlich nur dafür von Bedeutung, ob das Schuldverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Kaufmann X durch die Abtretung erloschen ist oder nicht.
Die Beschwerde war unter diesen Umständen mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl II 1972, 355 |
BFHE 1972, 306 |