Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
Zum Erfordernis der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung als Revisionszulassungsgrund, wenn die Bedeutung in der Frage der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen (Kraftfahrzeugsteuer-) Norm liegen soll.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; KraftStG 1979 § 9 Abs. 1 Nr. 2 (i. d. F. des Ges. vom 20. Dezember 1988)
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich gegen die nach seiner Ansicht verfassungswidrige kraftfahrzeugsteuerrechtliche Höherveranlagung des Haltens seines Pkw mit Selbstzündmotor - Diesel - aufgrund von § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 i. d. F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2262, BStBl I 1989, 19 - damaliger Steuersatz 21,60 DM/100 ccm Hubraum. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße die Steuererhöhung nicht deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil sie nur Diesel-Pkw treffe, nicht aber Diesel-Lkw. Die Differenzierung liege im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit. Die zum Ausgleich der höheren Mineralölsteuer auf Benzin bestimmte Kraftfahrzeugsteuererhöhung für das Halten von Diesel-Fahrzeugen sei auf Pkw beschränkt worden, weil die schwierige Wettbewerbslage im Rahmen der Liberalisierung des europäischen Binnenmarktes eine zusätzliche Steuerbelastung bei Diesel-Nutzfahrzeugen nicht habe vertretbar erscheinen lassen. Die demgemäß aus volkswirtschaftlichen Erwägungen getroffene Lenkungsmaßnahme sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger im wesentlichen geltend, die Frage, ob § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG 1979 verfassungsmäßig sei, sei von grundlegender Bedeutung für das Kraftfahrzeugsteuerrecht und bislang noch nicht entschieden. Die Vorschrift verstoße gegen den Gleichheitssatz, weil Diesel-Pkw gegenüber anderen Pkw ohne sachlichen Grund ungleich behandelt würden. Diesel-Pkw verursachten weder höheren Straßenverschleiß noch stärkere Umweltbelastungen. Der unterschiedliche Kraftstoffpreis sei kein sachlicher Grund für eine höhere Hubraumsteuer. Dann müßten auch gasbetriebene Pkw einer anderen Hubraumbesteuerung unterliegen. Überdies würden Diesel-Pkw gegenüber Diesel-Lkw verfassungswidrig ungleich behandelt. Im Hinblick auf die Umweltbelastung durch Diesel-Lkw wäre für diese sogar eine deutlich höhere Kraftfahrzeugbesteuerung erforderlich und geboten gewesen. Wettbewerbsnachteile für das deutsche Speditionsgewerbe seien entgegen der Annahme des Gesetzgebers nicht zu erkennen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), die der Kläger für gegeben hält, muß in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Darlegung muß erwarten lassen, daß eine Entscheidung im Revisionsverfahren geeignet ist, im Hinblick auf weitere Streitfälle zur Wahrung der Rechtseinheit beizutragen oder die Rechtsfortbildung zu fördern (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluß vom 4. Februar 1987 III B 151/86, BFHE 148, 530, 532, BStBl II 1987, 339). Das Darlegungserfordernis ist nicht schon dadurch erfüllt, daß die grundsätzliche Bedeutung aus einem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet wird (Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1987, § 115 Anm. 62). Der Beschwerdeführer muß vielmehr erläutern, gegen welche Verfassungsnorm die Vorschrift nach seiner Ansicht verstößt, und dies näher begründen (Klein / Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, 1986, Rdnr. 160; vgl. auch BFH, Beschluß vom 8. Mai 1989 X B 189/88, BFH/NV 1990, 243). Aus diesen Ausführungen muß sich ergeben, daß in bezug auf eine das Interesse der Allgemeinheit berührende Rechtsfrage eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines für die Entscheidung maßgebenden formellen Gesetzes - hier Steuererhöhung - in Betracht kommt. Die Prüfung im Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision beschränkt sich auch insoweit auf die entsprechend dargelegte Rechtsfrage.
Soweit der Kläger rügt, daß Diesel-Pkw gegenüber anderen Pkw ohne sachlichen Grund ungleich behandelt würden, wird das Darlegungserfordernis nicht erfüllt. Es ist nicht dargetan, daß die der Differenzierung zugrunde liegende unterschiedliche Mineralölsteuerbelastung von Vergasertreibstoff durch die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Behandlung gasgetriebener Pkw in Frage gestellt sein könnte.
Im übrigen ist die Beschwerde zumindest unbegründet.
Der Kläger greift die tragende Erwägung der Vorentscheidung - Verschonung der Diesel-Lkw von der höheren Kraftfahrzeugsteuer im Hinblick auf die schwierige Wettbewerbslage - allein mit der Begründung an, Wettbewerbsnachteile für das deutsche Speditionsgewerbe seien nicht zu erkennen. Er bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Zuwachsraten und einen Anstieg der Zulassungen, die er selbst auf ganz andere, später eingetretene Entwicklungen zurückführt (Wiedervereinigung; Öffnung der Grenzen nach Osten), und beschränkt sich im übrigen auf den Hinweis, daß auch ausländische Spediteure für rein inländische Transportleistungen mit denselben Treibstoffkosten kalkulieren müßten wie deutsche Mitbewerber. Abgesehen davon, daß der Kläger bei seiner Betrachtung die eingangsabgabenrechtlichen Treibstoff-Freimengen unbeachtet läßt, geht er nicht auf die Frage ein, inwiefern angesichts der in Deutschland ohnehin höheren Belastung mit Kraftfahrzeugsteuer für Fahrzeuge des gewerblichen Güterverkehrs (vgl. BTDrucks. 11/2969 S. 10) durch eine diesen treffende noch höhere Kraftfahrzeugsteuerlast weitere Wettbewerbsnachteile nicht herbeigeführt worden wären. Eine solche Auseinandersetzung wäre um so mehr zu erwarten gewesen, als der Kläger selbst ausführt, nur durch Senkung der Kraftfahrzeugsteuer hätte der Gesetzgeber die gewünschte Wirkung erzielen können. Ohne eine entsprechende Erörterung (unter Einbeziehung auch der Frage, ob der Gesetzgeber die von ihm getroffene Regelung als taugliches Mittel zur Erreichung seiner Ziele ansehen konnte; Senat, Urteil vom 10. Juli 1990 VII R 12/88, BFHE 162, 141, 144, BStBl II 1990, 929) kann es jedoch nicht zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Steuervorschrift kommen.
Fundstellen
Haufe-Index 418332 |
BFH/NV 1992, 771 |