Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
Leitsatz (NV)
Damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann, muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Umsätzen der nachfolgenden Stufe, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, bestehen.
Normenkette
UStG § 15
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen 5 K 304/99) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb ab Juni 1992 ein in den Jahren 1991 und 1992 errichtetes Seniorenheim, das aus einer Pflegeabteilung, mehreren Hotelappartements und zahlreichen auf unbestimmte Dauer zu Wohnzwecken vermieteten Appartements bestand. Die mit den Mietern der Wohnappartements geschlossenen Verträge umfassten die umsatzsteuerfreie Vermietung einschließlich üblicher Nebenleistungen (z.B. Heizung, Wasserversorgung) sowie weitere, teilweise zusätzlich zu vergütende umsatzsteuerpflichtige Leistungen (z.B. Verpflegung, Reinigung der Appartements, Freizeitangebote und zeitlich beschränkte Krankenpflege im Appartement). Das von den Bewohnern zu zahlende Entgelt war in Beträge für die Miete, die Mietnebenkosten und die weiteren Leistungen aufgeteilt.
Die Klägerin beantragte, die ihr im Jahr 1992 für die Herstellung der Wohnappartements in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge in dem Umfang als Vorsteuerbeträge abzuziehen, der dem Anteil ihrer steuerpflichtigen Umsätze an die Mieter entspricht. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) lehnte dies ab.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, ein Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten für die Wohnappartements sei nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) insgesamt ausgeschlossen. Die entsprechenden Eingangsumsätze seien ausschließlich in die Vermietung der Appartements eingegangen und könnten daher nicht teilweise den steuerpflichtigen Umsätzen zugeordnet werden. Die Kosten für die Bauleistungen gehörten nach der vorgenommenen Kalkulation nicht zu den Kostenelementen der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze. Die Klägerin habe Gegenteiliges weder vorgetragen noch durch Unterlagen belegt.
Die Klägerin stützt ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie eine Verletzung der Pflicht des FG zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin angeführten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, soweit sie die Klägerin überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend dargelegt hat.
1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)
a) Die Voraussetzungen, unter denen mit Vorsteuerbeträgen belastete Leistungsbezüge bestimmten Verwendungsumsätzen zuzurechnen sind, sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und der ihr folgenden Rechtsprechung des BFH sowohl im Hinblick auf Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG als auch hinsichtlich des auf dieser Richtlinienbestimmung beruhenden § 15 UStG in der für 1992 geltenden Fassung geklärt (BFH-Urteil vom 9. November 2006 V R 9/04, BFH/NV 2007, 836, m.w.N). Danach muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Umsätzen der nachfolgenden Stufe, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, bestehen, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann. Das Recht auf Vorsteuerabzug ergibt sich grundsätzlich daraus, dass die Aufwendungen für den Bezug der Eingangsumsätze Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sind; der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck ist dabei unerheblich. Maßgebend ist vielmehr die gegenständliche Zurechnung.
b) Ein Klärungsbedarf in einem Revisionsverfahren besteht danach nicht. Die Anwendung der genannten Grundsätze im konkreten Einzelfall begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. November 2006 VII B 97/06, BFH/NV 2007, 647, m.w.N.).
2. Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO)
Die von der Klägerin angeführten Divergenzentscheidungen (BFH-Urteile vom 9. September 1993 V R 42/91, BFHE 173, 231, BStBl II 1994, 269, zur Vermietung von sog. Musterhäusern, und vom 16. September 1993 V R 82/91, BFHE 173, 236, BStBl II 1994, 271, zur verbilligten Veräußerung von Werbeartikeln) weichen in Sachverhalt und rechtlicher Fragestellung von der vorliegenden Problematik ab und können daher eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht begründen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16. April 2002 X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046; vom 15. September 2006 III B 197/05, BFH/NV 2007, 28, und in BFH/NV 2007, 647). Da die Unterschiede im zu beurteilenden Sachverhalt und in der rechtlichen Problematik offensichtlich sind, ergeht die Entscheidung insoweit nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung. Gleiches gilt für das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil vom 21. April 1993 XI R 55/90 (BFHE 172, 141, BStBl II 1994, 266). Das Urteil betrifft die Vermietung von Räumen in einem Altenpflegeheim, bei denen die Raumvermietung in den Hintergrund tritt, während der Streitfall die Vermietung von Wohnappartements betrifft.
3. Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
Die Rüge der Klägerin, das FG hätte den Sachverhalt nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO von Amts wegen weiter aufklären müssen, entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Klägerin hat nicht im Einzelnen dargelegt, welche konkreten Beweismittel das FG hätte heranziehen sollen, warum diese Beweismittel dem FG ohne entsprechende Beweisanträge bekannt gewesen sein sollen, welche Tatsachen eine weitere Aufklärung des Sachverhalts voraussichtlich ergeben hätte und warum diese Tatsachen auf der Grundlage der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (vgl. zu den Anforderungen an eine Aufklärungsrüge z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. Oktober 2006 IX B 56/06, BFH/NV 2007, 666; vom 21. Dezember 2006 II B 174/05, BFH/NV 2007, 746; vom 9. Januar 2007 VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751, und vom 22. Februar 2007 VI B 29/06, BFH/NV 2007, 969).
Fundstellen
Haufe-Index 1768259 |
BFH/NV 2007, 1551 |