Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Gewerblicher Grundstückshandel, Divergenz, grundsätzliche Bedeutung, materiell-rechtlicher Fehler
Leitsatz (NV)
1. Ausschlaggebend für die Frage einer Divergenz ist der im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung aktuelle Rechtszustand und nicht sich davon möglicherweise unterscheidende frühere Grundsätze.
2. Vor dem Beschluss des Großen Senats vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 zum gewerblichen Grundstückshandel entwickelte und möglicherweise gegensätzliche Beurteilungskriterien zur Indizwirkung des zeitlichen Zusammenhangs von Erwerb eines Gebäudes, dessen Umwandlung in Eigentumswohnungen und deren Verkauf sind überholt.
3. Wer den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geltend macht, muss die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage darlegen und sich insbesondere mit Urteilen auseinander setzen, deren Gegenstand ein dem Streitfall ähnlich gelagerter Sachverhalt war.
4. Ist der Streitfall von ganz speziellen Umständen geprägt, sind von einer Revisionsentscheidung keine über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgehenden Erkenntnisse zu erwarten.
5. Hat sich das FG mit einer für den Streitfall maßgeblichen Rechtsfrage intensiv befasst und sich für seine Auffassung auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezogen, sind seine Überlegungen von objektiver Willkür weit entfernt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb im Jahr 1991 ein Grundstück, das mit einem Mehrfamilienhaus mit neun Wohnungen und einem weiteren Gebäude mit zwei Wohnungen bebaut war. Im Jahr 1993 teilte er die Gebäude in neun und zwei Eigentumswohnungen auf, von denen er in den Jahren 1994 und 1995 jeweils zwei verkaufte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) wertete diese Verkäufe als gewerblichen Grundstückshandel. Im Klageverfahren bestritt der Kläger eine bedingte Veräußerungsabsicht beim Erwerb des Grundstücks. Zum einen seien sowohl die Umwandlung in Eigentumswohnungen wie auch der Verkauf der Wohnungen auf den Druck seiner Hausbank zurückzuführen. Zum anderen sei damals aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) eine Umwandlung in Eigentumswohnungen wegen fehlender Abgeschlossenheit nicht möglich gewesen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nicht gegeben.
1. Der Kläger ist der Ansicht, das FG sei mit dem angefochtenen Urteil von der Entscheidung des III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. April 1990 III R 28/87 (BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057) und der Entscheidung des IV. Senats des BFH vom 8. Februar 1996 IV R 28/95 (BFH/NV 1996, 747) abgewichen. In diesen Entscheidungen habe der BFH den Rechtssatz gebildet, dass die auf eine schon beim Erwerb vorhandene bedingte Veräußerungsabsicht hinzielende Indizwirkung des zeitlichen Zusammenhangs von Erwerb und Verkauf nicht uneingeschränkt eintrete, sondern nur bei gleichzeitiger Abwesenheit von Besonderheiten beim Erwerb wie eine Vermögensauseinandersetzung oder ein vergleichbares Ereignis. Mit diesen Entscheidungen habe der BFH für eine Fallgruppe, die von Besonderheiten beim Erwerb geprägt sei, einen eigenen Rechtssatz entwickelt, der die Anwendbarkeit des Regel-Rechtssatzes der Drei-Objekt-Grenze einschränke und sich bis heute durch die Rechtsprechung ziehe. Daher sei eine neuerliche Entscheidung des BFH erforderlich, um künftig eine klare Richtlinie an die Hand zu bekommen, welcher Rechtssatz wann anzuwenden ist.
2. Der Auffassung des Klägers kann nicht gefolgt werden.
Der Kläger lässt außer Acht, dass vor dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) entwickelte und möglicherweise gegensätzliche Beurteilungskriterien zur Indizwirkung des zeitlichen Zusammenhangs von Erwerb eines Gebäudes, dessen Umwandlung in Eigentumswohnungen und deren Verkauf überholt sind. Ausschlaggebend für die Frage einer Divergenz ist der im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung aktuelle Rechtszustand und nicht sich davon möglicherweise unterscheidende frühere Grundsätze. Weil das FG in dem angefochtenen Urteil die nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH maßgeblichen Rechtssätze angewendet hat, besteht schon deshalb keine Notwendigkeit für eine weitere Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
3. Hinzukommt, dass der BFH den vom Kläger behaupteten Rechtssatz nicht gebildet hat. Vielmehr gehen auch das Urteil in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057 und das Urteil in BFH/NV 1996, 747 davon aus, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang von Erwerb und Verkauf ein Indiz für die schon beim Erwerb der Immobilie vorhandene bedingte Veräußerungsabsicht sein kann. Deshalb bejaht der BFH in diesen Entscheidungen, dass die in zeitlicher Nähe zum Erwerb eines Mehrfamilienhauses vorgenommene Umwandlung in Eigentumswohnungen und deren baldiger Verkauf die Grenze der bloßen Vermögensverwaltung überschreiten, auch wenn der Steuerpflichtige vor dem Verkauf der umgewandelten Wohnungen --anders als im BFH-Urteil vom 10. August 1983 I R 120/80 (BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137)-- keine Aufwendungen zur Verbesserung der Wohnungen aufgebracht hat. Die in den Entscheidungen in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057 und in BFH/NV 1996, 747 vorgenommene Einschränkung betrifft nicht die Indizwirkung des zeitlichen Zusammenhangs von Erwerb, Umwandlung in Eigentumswohnungen und Verkauf, sondern hält es für möglich, Fälle aus dem gewerblichen Grundstückshandel auszunehmen, in denen --wie im BFH-Urteil in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137-- der Erwerb des Objekts nicht dem typischen Bild des Handelns entspricht.
4. Den Ausführungen des Klägers kann die Frage entnommen werden, ob das FG zu Unrecht auf die bedingte Veräußerungsabsicht beim Erwerb des Mietshauses (nur ein Objekt) und nicht auf den Erwerb der später verkauften Eigentumswohnungen abgestellt hat und ob die Begründung von Wohneigentum auf Druck der Hausbank ein dem Erwerb im Rahmen einer Vermögensauseinandersetzung vergleichbares Ereignis ist, das dem Erwerb die Eignung einer Indiztatsache nimmt.
a) Selbst wenn darin das Vorbringen des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gesehen werden könnte, hätte die Beschwerde keinen Erfolg. Es würde an der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Frage fehlen. Der Kläger hätte sich insbesondere mit dem von ihm selbst genannten BFH-Urteil vom 8. September 2004 XI R 47/03 (BFHE 207, 263, BStBl II 2005, 41) auseinanderzusetzen müssen. In dieser Entscheidung hatte der BFH einen dem Streitfall ähnlich gelagerten Sachverhalt zu beurteilen. Er hat den Gründen für die Umwandlung des Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen und für deren Verkauf, die der Steuerpflichtige als zwingend angesehen hat, keine Bedeutung beigemessen. Der Kläger hätte darlegen müssen, weshalb dennoch die Notwendigkeit einer erneuten höchstrichterlichen Klärung besteht.
b) Einer Revisionszulassung steht schließlich auch die Prägung des Streitfalls durch ganz spezielle Umstände entgegen, so dass von einer Revisionsentscheidung keine über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgehenden Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschluss vom 7. März 2006 X B 158/05, BFH/NV 2006, 1053).
5. Die Zulassung der Revision kann nicht mit dem Vorbringen begründet werden, das Urteil des FG sei grob fehlerhaft und beschädige dadurch das Vertrauen in die Rechtsprechung, weil das FG angenommen habe, dass es zum Zeitpunkt des Erwerbs des Mietshauses keinen durch die Rechtsprechung des BVerwG herbeigeführten faktischen Umwandlungsstopp bei Altbauten gegeben habe. Auf die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit eines Urteils kann die Zulassung der Revision nur gestützt werden, wenn das angefochtene Urteil objektiv willkürlich ist, weil das FG die Rechtslage in krasser Weise verkannt hat, so dass sein Urteil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, es beruhe auf sachfremden Erwägungen (Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2005 X B 59/05, BFH/NV 2006, 597; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 68). Davon kann bei dem angefochtenen Urteil keine Rede sein. Das FG hat sich intensiv mit der Rechtsfrage der Abgeschlossenheitsbescheinigung befasst. Es konnte sich für seine Auffassung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen beziehen, so dass seine Überlegungen von objektiver Willkür weit entfernt sind.
Fundstellen
Haufe-Index 1780866 |
BFH/NV 2007, 1916 |
MittBayNot 2008, 158 |