Entscheidungsstichwort (Thema)
Leasingfonds; laufender Veräußerungsgewinn
Leitsatz (NV)
1. Die Veräußerung des Flugzeugs einer jedenfalls gewerblich geprägten Personengesellschaft führt, wenn sie Teil einer einheitlichen unternehmerischen Tätigkeit ist (einheitliches Geschäftskonzept in Form und Ankauf, Vermietung und Verkauf), zu einem laufenden gewerbesteuerpflichtigen Gewinn, ungeachtet dessen, dass das Flugzeug in der Zeit seiner Vermietung zum Anlagevermögen gehört hat und die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft mit der Veräußerung beendet worden ist. Auch steht es der Annahme eines einheitlichen Geschäftskonzepts nicht entgegen, dass der Flugzeugverkauf bei Ende des Leasingvertrages nicht “fest vereinbart” worden ist.
2. Die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO steht ‐ mangels Änderung der Rechtsprechung ‐ einer solchen Würdigung nicht entgegen.
Normenkette
AO § 176; FGO § 69; EStG §§ 15-16
Verfahrensgang
Tatbestand
Rz. 1
I. 1. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war als Kommanditist an der zwischenzeitlich vollbeendeten X-KG (KG) beteiligt. Die KG warb insgesamt mehr als 1 300 Kommanditisten.
Rz. 2
2. Nach dem Prospekt sollte die KG ein Flugzeug zu einem Preis von 191,6 Mio. DM erwerben und dieses für sieben Jahre und zehn Monate an die Y-Fluggesellschaft (Y) verleasen. Nach Ablauf der Leasingzeit sollte Y das Flugzeug auf der Grundlage eines Andienungsrechts der KG zu 78 % des Kaufpreises (Andienungspreis) übernehmen; der Buchwert des Flugzeugs sollte zu diesem Zeitpunkt rund 4,26 Mio. DM betragen. Den Anlegern (Kommanditisten), die dem Spitzensteuersatz (damals: 53 %) unterlagen, wurde eine jährliche Rendite von 11 % des eingesetzten Kapitals nach Steuern versprochen. Dieses Ergebnis sollte laut Angebotsprospekt u.a. durch die Abschreibungen auf das Flugzeug sowie die Inanspruchnahme des begünstigten Steuersatzes (höchstens 26,5 %) nach den §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der Realisierung der stillen Reserven im Rahmen der Veräußerung des Flugzeugs erzielt werden. Da die Geschäftstätigkeit der KG nach dem Verkauf des Flugzeugs eingestellt werde, sei von einem privilegierten Aufgabegewinn auszugehen. Der Prospekt enthält eine "Steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung der Flugzeuginvestition"; danach sollte der im Jahr 2004 (Streitjahr) aus der Veräußerung des Flugzeugs erzielte Gewinn die in den Vorjahren (1996 bis 2003) angefallenen Verluste übertreffen.
Rz. 3
3. Das Projekt wurde planungsgemäß abgewickelt. Das Flugzeug wurde im Streitjahr mit einem Gewinn von rund 66,82 Mio. € veräußert und zugleich der Geschäftsbetrieb der KG eingestellt.
Rz. 4
4. Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) am 28. November 2008 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr, mit dem der Veräußerungsgewinn nicht mehr als nach den §§ 16, 34 EStG begünstigter Aufgabegewinn (Veräußerungsgewinn), sondern als laufender Gewinn festgestellt wurde. Von Letzterem sei deshalb auszugehen, weil die Veräußerung des Flugzeugs Bestandteil des einheitlichen Geschäftskonzepts der KG gewesen sei.
Rz. 5
5. Über den Einspruch des Antragstellers hat das FA noch nicht entschieden. Sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) wurde vom FA mit Bescheid vom 2. Januar 2009 abgelehnt (§ 361 der Abgabenordnung --AO--).
Rz. 6
6. Der daraufhin beim Gericht der Hauptsache gestellte AdV-Antrag (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) blieb gleichfalls ohne Erfolg. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellung bestünden, so das Finanzgericht (FG), nicht.
Rz. 7
7. Der Antragsteller hat hiergegen Beschwerde erhoben und beantragt nunmehr, nachdem die Steuer zwischenzeitlich entrichtet sei, Aufhebung der Vollziehung.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
II. Die Beschwerde ist nicht begründet und daher zurückzuweisen. Dem FG ist darin beizupflichten, dass an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Feststellung keine ernstlichen Zweifel bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
Rz. 9
1. Auszugehen ist hierbei davon, dass sowohl nach den Feststellungen des FG als auch nach den Erläuterungen des FA im erstinstanzlichen Verfahren die Vermietung des Flugzeugs mit dessen An- und Verkauf entsprechend den Angaben des Prospekts aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts verklammert war. Dem steht --anders als der Antragsteller meint-- nicht entgegen, dass der Flugzeugverkauf "nicht fest vereinbart war". Ein einheitliches Geschäftskonzept im vorgenannten Sinne ist im Streitfall jedenfalls deshalb zu bejahen, weil der Verkauf des Flugzeugs Eingang in die Prognoseberechnungen des Prospekts gefunden hat und der KG ein Andienungsrecht eingeräumt wurde, das sicherstellte, dass --auf der Grundlage eines Andienungspreises (Verkaufspreises) in Höhe von 78 % des Kaufpreises-- die in den Jahren 1996 bis 2003 erzielten Verluste ausgeglichen werden. Der vorliegende Sachverhalt entspricht damit im Kern der Gestaltung, über die der Senat mit Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 49/04 (BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289) entschieden hatte. Hiernach ist der Gewinn aus der Veräußerung des Flugzeugs --als Bestandteil der einheitlichen unternehmerischen Tätigkeit (Ankauf, Vermietung und Verkauf)-- ungeachtet dessen als laufender und nicht nach den §§ 16, 34 EStG begünstigter Gewinn zu qualifizieren, dass das Flugzeug in der Zeit seiner Vermietung zum Anlagevermögen gehört hat. Auch ist es ohne Bedeutung, ob die Veräußerung mit der Beendigung der Geschäftstätigkeit der KG zusammenfällt (vgl. auch Schmidt/Wacker, EStG, 29. Aufl., § 16 Rz 342, m.w.N.).
Rz. 10
2. Der Senat hat im anhängigen Verfahren nicht der Frage nachzugehen, ob die Gesellschafter der KG originär gewerbliche Einkünfte erzielt haben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG). Selbst wenn Letzteres zu verneinen sein sollte, würden die Gesellschafter der Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zur gewerblichen Prägung mit der Folge unterstehen, dass auch in diesem Fall der Ankauf, die Vermietung sowie der Verkauf des Flugzeugs als Teile einer einheitlichen, auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit zu verklammern wären.
Rz. 11
3. Nicht durchzugreifen vermag schließlich der Einwand des Antragstellers, dem Erlass des (Änderungs-)Bescheids vom 28. November 2008 stehe die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO entgegen, weil der beschließende Senat mit seinem Urteil in BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289 von den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. November 1989 VIII R 19/85 (BFH/NV 1990, 625) abgewichen sei und damit die bisherige Rechtsprechung (i.S. von § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO) geändert habe. Der Vortrag verkennt zum einen, dass das Urteil in BFH/NV 1990, 625 vom BFH nicht mehr bestätigt, sondern durchgängig als besonders gelagerter "atypischer" Fall eingestuft worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juli 2005 VIII R 65/02, BFHE 211, 100, BStBl II 2006, 160). Zum anderen kommt hinzu, dass die Einschätzung des Urteils in BFH/NV 1990, 625, nach dem die Veräußerung eines zuvor erworbenen und zum Umlaufvermögen gehörenden Grundstücks durch eine KG in den Vorgang der Betriebsaufgabe einzubeziehen sei, tragend auf dem Umstand beruht, dass der Weiterverkauf "(nicht) Gegenstand der ursprünglich ins Auge gefassten Betätigung der (KG)" gewesen sei. Kennzeichen der vorliegenden Gestaltung sowie des dem Senatsurteil in BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289 zugrunde liegenden Sachverhalts ist hingegen, dass --wie erläutert-- die Vermietung sowie der An- und Verkauf des Flugzeugs Gegenstand eines von Anfang an bestehenden und später auch durchgeführten unternehmerischen Konzepts waren. Demgemäß verbietet sich auch die Annahme, der Senat habe mit seiner Entscheidung in BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289 die bisherige Rechtsprechung geändert.
Fundstellen
Haufe-Index 2422220 |
BFH/NV 2010, 2268 |