Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungszwang vor dem BFH

 

Leitsatz (NV)

1. Von dem in Art. 1 Nr. 1 BGHEntlG angeordneten Vertretungszwang für die Einlegung von Rechtsmitteln vor dem BFH kann nicht im Einzelfall entbunden werden.

2. Zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Notanwalts in Verfahren vor dem BFH.

 

Normenkette

FGO § 155; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; ZPO § 78b Abs. 1

 

Gründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --). Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie im Streitfall, an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung -- im Streitfall die Einlegung der Beschwerde -- unwirksam.

Von dem im Gesetz angeordneten Vertretungszwang kann nicht im Einzelfall entbunden werden. Dem darauf gerichteten Begehren der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in ihrem Schriftsatz vom 3. Juli 1995 konnte der Senat daher nicht entsprechen. Selbst wenn man dieses Schreiben weitergehend als konkludent gestellten Antrag der Klägerin auffassen wollte, ihr einen vor dem BFH vertretungsberechtigten Prozeßbevollmächtigten beizuordnen (§ 155 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 78b Abs. 1 der Zivilprozeßordnung), so hätte dieser Antrag keinen Erfolg. Denn zur Begründetheit eines solchen Antrags gehört insbesondere, daß der Beteiligte glaubhaft macht, daß er zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem jeweiligen Gericht befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 15. Juli 1993 VII S 16/93, BFH/NV 1994, 484). Demgegenüber hat die Klägerin nur glaubhaft gemacht, daß ihr ständiger Steuerberater die Übernahme des Mandats abgelehnt hat. Das reicht nicht aus. Die Klägerin hätte nach der vorbezeichneten Rechtsprechung angeben müssen, welche vertretungsberechtigten Personen (Mehrzahl) aus welchen Ablehnungsgründen die Übernahme des Mandats verweigert haben sollen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423495

BFH/NV 1996, 240

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