Entscheidungsstichwort (Thema)
Akteneinsicht außerhalb der Räume des Finanzgerichts
Leitsatz (NV)
Die Ersparnis von Reisekosten rechtfertigt die Einsichtnahme von Akten jedenfalls dann nicht in den Diensträumen des am Wohnsitz des Prozeßbevollmächtigten belegenen Amtsgerichts, wenn dieser Ort nur 10 bis 12 km vom Sitz des Finanzamts entfernt ist, in dessen Diensträumen das Finanzgericht Akteneinsicht gewährt hat.
Normenkette
FGO § 78
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte durch seinen Prozeßbevollmächtigten, einen in A ansässigen Steuerberater, im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Akteneinsicht beim Amtsgericht A beantragt. Er hielt an dem Antrag auch noch fest, nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ihm angeboten hatte, die Akten in dessen Geschäftsräumen in B zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers begründete dies damit, er müsse davon ausgehen, daß ihm das FA die anfallenden Reisekosten nicht ersetzen werde.
Das FG gewährte dem Kläger Akteneinsicht in den Räumen des FA. Den darüber hinausgehenden Antrag lehnte es ab.
Gegen den Beschluß des FG hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers Beschwerde eingelegt, die er nicht begründete und der das FG nicht abhalf.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Entscheidung darüber, an welchem Ort einem Beteiligten Akteneinsicht zu gewähren ist, ist eine Ermessensentscheidung. Das Beschwerdegericht ist gehalten, bei seiner Entscheidung eigenes Ermessen auszuüben; es hat dabei den vom Gesetzgeber gesteckten Ermessensrahmen zu beachten. Dieser wird durch § 78 der Finanzgerichtsordnung (FGO) so gezogen, daß die Einsichtnahme der Akten beim mit der Streitsache befaßten FG die Regel sein soll. Ausnahmen müssen sich auf Sonderfälle (wie z. B. körperliche Behinderung des Beteiligten oder seines Prozeßbevollmächtigten) beschränken (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. März 1981 VII B 64/80, BFHE 133, 8, BStBl II 1981, 475).
2. Im Streitfall geht es dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers ausschließlich um die Ersparnis von Reisekosten.
Ob dieser Gesichtspunkt überhaupt eine Ausnahme von § 78 FGO zu begründen vermag, kann der Senat offenlassen. Er rechtfertigt jedenfalls in der vorliegenden Streitsache keine vom Beschluß des FG abweichende Entscheidung. Der Kläger und sein Prozeßbevollmächtigter brauchen nach dem angefochtenen Beschluß des FG die Akten nicht bei diesem selbst - in Kassel - einzusehen, sondern können das in den Diensträumen des FA in B tun. Dazu sind keine großen Entfernungen zu überbrücken. Denn der Kläger wohnt unmittelbar in B, sein Prozeßbevollmächtigter in dem nur 10 bis 12 km entfernten A. Mithin können keine ins Gewicht fallenden Reisekosten entstehen. Die noch verbleibenden Aufwendungen und Unannehmlichkeiten sind dem Kläger und seinem Prozeßbevollmächtigten zuzumuten.
3. Eine Entscheidung, die dem Begehren des Klägers entspräche, hielte sich nach alledem nicht in dem vom Gesetz gezogenen Ermessensrahmen.
Fundstellen
Haufe-Index 422927 |
BFH/NV 1986, 227 |